
Nach einem missglückten Raubüberfall, bei dem sein Kumpel Mitch (Jerry Zavadlaw) stirbt, sieht sich der Kleinganove Jimmy (Jordan Johnson-Hinds) gezwungen, seine Familie zu schützen. Ehefrau Ashley (Ashley Greene Khoury), die den Fluchtwagen gefahren hat, und Tochter Sarah (Thalia Campbell) sollen kurzerhand auf die Cayman Islands verfrachtet werden. Doch nur Sarah kommt bei Ashleys Vater (Nicolas Cage) an, zu dem der Rest der Familie seit Jahren keinen Kontakt hat. Der Grund für die überstürzte Flucht: Ein USB-Stick mit heiklen Daten, den Jimmy seinem Gangsterboss Donny (Jackie Earle Haley) gestohlen hat, befindet sich inzwischen in Sarahs Rucksack. Donny entführt Jimmy, erwischt später auch dessen Frau am Flughafen und schickt zwei seiner Männer (Ron Perlman und Ronnie Hughes) samt Ashley hinterher. Auf den Cayman Islands angekommen, trifft die junge Sarah tatsächlich auf ihren Großvater – einen verschrobenen, zurückgezogen lebenden Ex-Regierungsbeamten im Ruhestand, dessen Vergangenheit plötzlich sehr viel nützlicher wird als gedacht. Während die Zahl der Bösewichte auf der Insel rapide zunimmt, eskaliert die Jagd nach dem Stick zur wilden Mischung aus Familienwiedervereinigung, Rentner-Rambo-Action und tropischem Kugelhagel.
Schauspielprominenz trifft ideenloses Skript
Man hat es bei The Retirement Plan mit einem dieser Drehbücher zu tun, bei denen man das Gefühl hat, der Autor hätte eine Liste von Actionfilm-Klischees abgearbeitet und peinlich darauf geachtet, auch ja keins zu vergessen. Ex-Geheimdienstler in karibischer Selbstfindung? Check. Kleinkrimineller mit Herz? Check. Tochter, die Papa nie verzeihen konnte? Check. Sexy Super-Bösewichtin mit High Heels und Maschinenpistole? Doppelcheck. Regisseur und Autor Tim J. Brown gelingt es tatsächlich, nicht eine einzige originelle Wendung in seine Geschichte einzubauen. Der Plot wirkt wie ein Flickenteppich aus besseren Filmen – allerdings ohne deren Charme, Timing oder Witz. Selbst wenn man wohlwollend nach einer Idee sucht, die man nicht schon mindestens zwölf Mal gesehen hat, wird man enttäuscht. Stattdessen: altbekanntes Terrain, abgestandene One-Liner, jede Menge bleihaltiger Pseudo-Witz und eine Handlung, die so vorhersehbar verläuft, dass man schon nach zehn Minuten weiß, wie das Ganze ausgehen wird.
Dabei ist das Ensemble durchaus prominent besetzt – zumindest auf dem Papier. Nicolas Cage etwa, der sich in den letzten Jahren gerne zwischen völligem Trash und ambitionierten Indie-Perlen bewegt (Pig, Mandy, Die Farbe aus dem All), scheint hier den Autopiloten eingeschaltet zu haben. Seine Performance ist ungewohnt zurückhaltend, fast so, als wüsste er selbst, dass das Material nicht allzu viel hergibt. Keine eskalierenden Ausraster, keine ikonischen Monologe, nicht einmal ein irrer Blick – es ist der vielleicht langweiligste Cage seit Jahren. Und das sagt einiges. Jackie Earle Haley als Antagonist Donny wirkt wie ein Guy-Ritchie-Schurke, der bei Temu bestellt wurde – allzu bemüht kauzig, aber ohne jede echte Bedrohlichkeit. Ron Perlman und Ernie Hudson (als alter Kumpel mit Boot und Lebensweisheiten) schauen auch vorbei, tun aber nichts, was man in Erinnerung behalten würde. Es ist das alte Problem solcher Filme: Man castet Namen, aber gibt ihnen keine Substanz.
Viele Figuren, wenig Funktion
Auffällig ist dabei, wie viele Figuren der Film einführt, ohne mit ihnen tatsächlich etwas anzufangen. Sie tauchen auf und verschwinden dann spurlos aus der Geschichte – oder sie erscheinen so plötzlich, als seien sie vom Himmel gefallen. Zum Glück werden fast alle Figuren mit einer Einblendung des Namens eingeführt – selbst die Unaufmerksamen sollen dem Plot folgen können. Gleichzeitig wirken die Schurken wie aus einer schlechten Parodie: Donnys Handlanger sind offenbar aus einem Bud-Spencer-Film der schwächeren Sorte geflohen, leider fehlt ihnen jedoch jeglicher komödiantische Charme. Stattdessen taumeln sie von Szene zu Szene, geben sinnlose Dialogzeilen von sich und fallen beim ersten Gegenwind wie die Fliegen tot um. Im Gegensatz dazu überstehen die Guten selbst schwerste Schussverletzungen mit einem müden „Es ist nur ein Kratzer“. Es ist die Art von dramaturgischer Willkür, die man verzeihen kann, wenn der Rest stimmt. Tut er aber nicht.
Und so bleibt unterm Strich ein Film, der auf beinahe tragische Weise zeigt, wie man es nicht machen sollte. The Retirement Plan ist kein Totalausfall im Stil eines „So schlecht, dass es schon wieder Spaß macht“-Trashfilms. Er ist schlicht ein uninspirierter, zäher und handwerklich mittelmäßiger Versuch, ein bisschen Action, ein bisschen Witz und ein bisschen Familiengefühl zu kombinieren – ohne Gespür für Ton oder Timing. Es macht den Eindruck, man den Film nur gedreht, weil die Cayman Islands steuerlich attraktiv sind und das Wetter gut war. Für Cage-Komplettisten mag das noch als Rechtfertigung reichen, für alle anderen gilt: Es gibt im Genre der Actionkomödien unzählige bessere Alternativen. Und wer noch nie eine gesehen hat, kann mit diesem Film immerhin die komplette Klischee-Palette auf einmal kennenlernen. Ob das reicht, um einen Filmabend zu rechtfertigen? Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
OT: „The Retirement Plan“
Land: Kanada
Jahr: 2023
Regie: Tim J. Brown
Drehbuch: Tim J. Brown
Musik: Roger Suen
Kamera: Mark Irwin
Besetzung: Nicolas Cage, Ashley Greene Khoury, Thalia Campbell, Ron Perlman, Jackie Earle Haley, Ernie Hudson, Grace Byers, Lynn Whitfield, Joel David Moore, Jordan Johnson-Hinds, Rick Fox, Ronnie Hughes
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