Pig
© Leonine

Pig (2021)

„Pig“ // Deutschland-Start: 19. November 2021 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Rob Feld (Nicolas Cage) lebt zurückgezogen in einer kleinen Hütte in den Wäldern von Oregon, wo er mithilfe eines Schweines nach Trüffeln sucht. Den Kontakt zur Außenwelt hat er größtenteils abgebrochen. Lediglich Amir (Alex Wolff) schaut einmal die Woche vorbei, um die gefundenen Trüffel abzuholen. Im Gegenzug bringt er dem Einsiedler Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände mit. Doch auch mit ihm ist der Austausch spärlich. Rob will nur seine Ruhe haben und mit niemandem reden müssen. Das ändert sich erst, als eines Nachts zwei Unbekannte bei ihm einbrechen, ihn bewusstlos schlagen und das Schwein stehlen. Außer sich vor Wut, sein geliebtes Tier verloren zu haben, macht er sich zusammen mit Amir auf die Suche nach den Schuldigen …

Ein tierischer Rachethriller, der keiner ist

Inzwischen kann man sich kaum vor den immer gleichen Rachethrillern retten, welche gerade im B-Movie-Bereich tagtäglich produziert werden. In den meisten Fällen sieht die Geschichte so aus, dass ein Mann – in seltenen Fällen eine Frau – ein Unrecht beseitigen will. Und oft die Leute, die hinter dem Unrecht stehen, dann gleich mit. Zunächst scheint es, dass Pig nur ein weiteres Beispiel dieser beliebten, gern mal ein bisschen billiger produzierten Filme ist. Zum einen weckt er Erinnerungen an John Wick, wo der Mord an einem Hund einen brutalen Rachefeldzug initiiert. Außerdem spielt Nicolas Cage die Hauptrolle, der sich bekanntlich für keinen Schund zu schade ist. Tatsächlich meint man hier, es könne sich um eine Parodie auf das gefeierte Mandy handeln. Darin machte sich Cage auf die Suche nach seiner entführten Frau. Denn wer tickt schon wegen eines Schweines aus?

Doch diese Erwartungen werden nicht erfüllt, so wie vieles an dem Film anders ist, als man im Vorfeld gedacht hat. Ein großer Unterschied: Hier wird nicht gekämpft. Sieht man einmal von dem Überfall zu Beginn ab, der die Odyssee von Rob in Gang setzt, gibt es praktisch keine Szene, die wirklich für einen Rachethriller sprechen würde. Intensiv wird es zwar schon, da der Protagonist keiner Konfrontation aus dem Weg geht. Pig zeigt einen Mann, der prinzipiell alles machen würde. Er macht es aber nicht. Stattdessen wiederholt er stoisch, dass er sein Schwein zurückhaben will und lässt sich von nichts und niemandem beeindrucken. Geld spielt dabei keine Rolle. Auch Drohungen perlen an ihm ab, interessieren ihn überhaupt nicht.

Leises Drama um traurige Menschen

Das hätte komisch sein können. Stattdessen entpuppt sich Pig als Drama, in dessen Mittelpunkt ein einsamer Mensch steht, der sich vor der Welt und allem anderen versteckt hat. Dass er seine Komfortzone, die mehr einer Höhle als einem Wohnort gleicht, verlässt, zwingt ihn dazu, sich wieder mit allem auseinanderzusetzen. Gleichzeitig wird das für das Publikum auch zu einer eigenen Entdeckungsreise. Zunächst weiß dieses gar nichts über den seltsamen und ungepflegten Waldschrat, der für die feinen Restaurants nach Trüffeln sucht. Wer ist der Mann? Was hat ihn hierher verschlagen? Wie kam es dazu, dass er überhaupt in diesem Bereich tätig ist? Die Antworten kommen erst später, nach und nach, setzen sich zu dem Bild einer komplexen Figur zusammen, für die das Schwein nicht einfach ein Mittel zum Zweck war. Er fand in diesem Trost in einer Welt, die für ihn keine Bedeutung mehr hat.

Damit ist er nicht der einzige. Viele Figuren hat der Film zwar nicht zu bieten. Doch sie alle haben auf ihre Weise zu kämpfen, tragen Wunden mit sich herum, die nie verheilt sind. Haben Träume und Sehnsüchte, Erinnerungen an eine Zeit, in der alles anders war. Das Ergebnis ist eine hoch emotionale Reise, die gleichzeitig auf Manipulationen oder das große Drama verzichtet. Regisseur und Drehbuchautor Michael Sarnoski setzt bei seinem Spielfilmdebüt auf die leisen Töne. So manches wird auch gar nicht durch Worte erzählt, sondern allein durch Mimik und Körpersprache. Vor allem Cage zeigt sich an der Stelle als Idealbesetzung. Seine ausufernden Fratzen, mit denen er in den letzten Jahren selbst die billigsten Actionreißer aufwertete, machen subtileren, aber nicht minder ausdrucksstarken Gesichtsbewegungen Platz. Pig wird dank seiner Hilfe zu einem Werk, das ebenso schmerzhaft wie heilsam ist, das einen in die tiefste Hölle verschleppt, aber auch wieder einen Weg nach draußen aufzeigt.

Credits

OT: „Pig“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Michael Sarnoski
Drehbuch: Michael Sarnoski
Musik: Alexis Grapsas, Philip Klein
Kamera: Patrick Scola
Besetzung: Nicolas Cage, Alex Wolff, Adam Arkin

Bilder

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Pig (2021)
Fazit
„Pig“ klingt zunächst wie ein trashiger Rachethriller, wenn ein Mann unbedingt sein entführtes Schwein zurück will. Stattdessen entpuppt sich der Film als leises Drama um unglückliche Menschen, die sich vor ihren eigenen Wunden verstecken. Obwohl kaum etwas geschieht, ist das intensiv, tut zeitweise richtig weh und ist doch eine heilsame Reise, aus der man gestärkt wieder hervorgeht.
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