
Deutschland, 1943: Während ihr Mann Gregor an der Front kämpft, zieht Rosa (Elisa Schlott) aufs Land zu ihren Schwiegereltern, raus aus der Gefahrenlage. Doch auch dort ist sie vor den Folgen des Kriegs nicht sicher, es mangelt überall an Nahrung und anderen Ressourcen. Die Menschen im Dorf wissen nicht, wie es mit ihnen weitergehen soll. Umso größer ist die Überraschung, als sie eines Tages zusammen mit mehreren anderen Frauen in Hitlers Hauptquartier „Wolfsschanze“ gebracht wird, wo ihnen mehrere Gänge serviert werden. Diese Chance lassen sie sich nicht entgehen, ohne zu ahnen, dass dies mit einem Hintergedanken verbunden ist. Tatsächlich sollen die Frauen als Vorkosterinnen dienen, um sicherzugehen, dass niemand Hitler vergiften möchte …
Adaption eines Bestsellers
Eigentlich sollte man meinen, dass mehrere Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs so langsam alle Geschichten erzählt sind. Doch noch immer werden Jahr für Jahr zahlreiche neue Filme produziert, die einzelne Schicksale oder Themen herausgreifen. So auch Die Vorkosterinnen. Die Vorlage hierfür liefert der Roman Le Assaggiatrici der italienischen Autorin Rosella Postorino, die damit in ihrer Heimat einen Volltreffer gelandet hat. Hierzulande ist das Buch hingegen noch nicht veröffentlicht, was sich auch an der Adaption zeigt. Zwar arbeitete man hier mit einer deutschen Besetzung, die zum Teil auch namhafter ist. Der Film selbst ist aber eine italienisch-belgisch-schweizerische Coproduktion, ohne deutsche Beteiligung.
Genauer nahm sich der italienische Regisseur und Co-Autor Silvio Soldini (Brot und Tulpen, Die verborgenen Farben der Dinge) der Sache an und machte aus dem Stoff ein Historiendrama, welches auch hierzulande im Kino gezeigt wird. Große Kinobilder braucht man deswegen aber nicht unbedingt erwarten. Natürlich gibt es die Kostüme und Kulissen, die einen in die damalige Zeit zurücknehmen möchte. Aber es ist nicht so, als gäbe es in Die Vorkosterinnen wirklich viel zu sehen. Das liegt auch daran, dass die Handlung überschaubar bleibt. Meistens sitzt die Protagonistin irgendwo mit anderen rum und unterhält sich, der Film ist schon ziemlich dialoglastig. Erst zum Ende hin wird es doch etwas brenzliger.
Sehenswertes Drama um Solidarität und Selbstschutz
Das bedeutet aber nicht, dass der Film deswegen langweilig ist. Das von der Lebensgeschichte von Margot Woelk inspirierte Drama packt eine Reihe von Themen in die zwei Stunden. Vordergründig geht es natürlich um mögliche Gifte und die Frage, ob die Frauen bis zum Ende überleben werden. Verbunden wird dies aber mit einem Zeitporträt: Die Vorkosterinnen schildert die Situation in den letzten beiden Kriegsjahren, berichtet von dem Leid der Bevölkerung. Ein besonderes Ereignis war zudem der Anschlag auf Hitler, was zu einer steigenden Paranoia geführt hat. Und dann ist da natürlich auch der Holocaust, der immer mitschwingt und letztendlich nicht so weit entfernt ist, wie es das anfängliche provinzielle Panorama vermuten ließe.
Ob es unbedingt noch eine Liebesgeschichte gebraucht hätte, darüber lässt sich streiten. So geht es gerade in der zweiten Hälfte viel um die Annäherung zwischen Rosa und Kommandant Albert Ziegler (Max Riemelt). Das ist mit einiger Ambivalenz verbunden und veranschaulicht die Sehnsucht nach einem normalen Leben inmitten dieser Ausnahmesituation. Es bedeutet aber auch, dass man irgendwann nicht mehr genau sagen kann, was eigentlich das Thema des Films sein soll. Dennoch: Die Vorkosterinnen ist ein sehenswertes Drama über ein außergewöhnliches Schicksal, das nicht spurlos an einem vorbeigeht. Man darf im Anschluss auch noch ein wenig länger darüber nachdenken, wenn es um Solidarität geht, aber auch die Frage, wie weit man selbst gehen würde.
OT: „Le Assaggiatrici“
Land: Italien, Belgien, Schweiz
Jahr: 2025
Regie: Silvio Soldini
Drehbuch: Doriana Leondeff, Silvio Soldini, Cristina Comencini, Giulia Calenda, Ilaria Macchia, Lucio Ricca
Vorlage: Rosella Postorino
Musik: Mauro Pagani
Kamera: Renato Berta
Besetzung: Elisa Schlott, Max Riemelt, Alma Hasun, Emma Falck, Olga von Luckwald, Thea Rasche, Berit Vander, Kriemhild Hamann, Boris Aljinovic, Nicolo Pasetti
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