Ainda estou aqui Für immer hier
© Alile Onawale, VideoFilms, DCM
Ainda estou aqui Für immer hier
„Für immer hier“ // Deutschland-Start: 13. März 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Brasilien, 1971: Bei Rubens (Selton Mello) und Eunice (Fernanda Torres) ist eigentlich immer etwas los, als Eltern von fünf Kindern sind sie gut beschäftigt. Manchmal kommt es dabei zu Meinungsverschiedenheiten, etwa als eines der Kinder einen Hund anschleppt. Im Großen und Ganzen leben sie aber harmonisch zusammen, genießen die Gemeinschaft. Das auch deshalb wichtig, weil es in der Welt da draußen sehr viel weniger harmonisch zugeht, das Land hat unter der brutalen und willkürlichen Militärdiktatur zu leiden. Immer wieder bekommt auch die Familie das zu spüren, so sehr die Eltern das Thema fernzuhalten versuche. Damit ist es vorbei, als eines Tages die Polizei vor ihnen steht und Rubens für ein Verhör mitnimmt – und anschließend nicht wiederkommt …

Erinnerung an die brasilianische Militärdiktatur

Die diversen Diktaturen in Südamerika wurden immer mal wieder in Filmen thematisiert. ¡No! etwa erzählte, wie die in Chile zu Ende ging nach einem recht kuriosen Wahlkampf. Mit Für immer hier kommt nun ein Werk zu uns, das sich der Militärdiktatur in Brasilien annimmt, die zwischen 1964 und 1985 anhielt. Kurios ist hier nichts, vielmehr wird es sehr düster und hart. So hart, dass man im Anschluss erst einmal eine ganze Weile braucht, um sich sammeln zu können. Umso mehr, da der Film auf einer wahren Geschichte basiert. Zugrunde liegt das Schicksal einer Familie, die eines Tages aus heiterem Himmel auseinandergerissen wurde. Genauer wurden die 2015 veröffentlichten Memoiren von Marcelo Rubens Paiva als Vorlage genommen, der Sohn von Rubens und Eunice.

Erzählt wird dann auch konsequent aus der Perspektive der Angehörigen, die nach der Mitnahme des Vaters irgendwie versuchen müssen weiterzumachen. Hauptfigur ist dabei die Ehefrau, die eine schwierige Aufgabe hat. Auf der einen Seite hört sie nicht auf, nach ihrem Mann zu suchen, was auch deshalb schwierig ist, weil die Behörden eine Mauer des Schweigens errichtet haben. Offiziell wurde Rubens nicht verhaftet, weshalb nur wenig getan werden kann. Zudem war die Protagonistin ahnungslos, was ihr Mann im Geheimen getan hat, was die Wahrheitssuche weiter erschwert. Parallel zeigt Für immer hier, wie Eunice einen Weg finden muss, dass es für die Familie weitergeht. Das Geld wird knapp, die Kinder müssen geschützt werden. Es braucht eine Art Alltag, inmitten des Ausnahmezustands.

Die Angst ist überall

Schon vor der inoffiziellen Verhaftung setzt Regisseur Walter Salles (On The Road – Unterwegs, Die Reise des jungen Che) auf ein Spiel mit Licht und Schatten, da wechseln sich ausgelassene Momente mit solchen ab, in denen die Schatten der Diktatur näherkommen. Ein Gefühl der Unsicherheit ist von Anfang an zu spüren, eine Angst, die mitschwingt. Die schönen Szenen zu Beginn, wenn die Paivas eine ganz normale Familie sind, machen den Einschnitt umso heftiger und erhöhen auch die Emotionalität. Das ist nicht originell, eher Standard, funktioniert aber. Dafür wird später bei Für immer hier darauf verzichtet, das Publikum direkt durch die Mangel zu nehmen. Da wird nicht aufgebauscht oder plump manipuliert, die Erzählweise ist nüchtern, zuweilen fast schon dokumentarisch. Salles lässt die Geschichte für sich sprechen.

Mitreißend ist der Film, der 2024 in Venedig Premiere feierte, auch so. Dabei kann man die Leistung des Ensembles, gerade der Hauptdarstellerin, nicht genug loben. Die international bislang eher unbekannte Schauspielerin Fernanda Torres hat sich hiermit plötzlich selbst in Hollywood einen Namen gemacht, erhielt einen Golden Globe, war für einen Oscar nominiert. Sie verkörpert eine Frau, die zunächst primär ein Familienmensch ist und später die Stärke in sich entdecken muss, das alles ohne Hilfe zu meistern. Ein schöner Einfall ist übrigens, die Eunice im Seniorinnenalter von Fernanda Montenegro spielen zu lassen, der Mutter von Torres. Diese wurde 1999 als erste Brasilianerin für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert, damals für die Leistung in Central Station – das ebenfalls von Salles inszeniert wurde. Das hat zwar nichts mit Für immer hier zu tun und ist doch irgendwie passend bei einem Film, der die familiären Bande betont und sagt, wie wichtig es ist zusammenzuhalten – selbst wenn andere diese Bande gewaltsam auseinanderreißen.

Credits

OT: „Ainda estou aqui“
IT: „I’m Still Here“
Land: Brasilien, Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Walter Salles
Drehbuch: Murilo Hauser, Heitor Lorega
Musik: Warren Ellis
Kamera: Adrian Teijido
Besetzung: Fernanda Torres, Fernanda Montenegro, Selton Mello, Antonio Saboia

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 2025 Bester Film nominiert
Beste Hauptdarstellerin Fernanda Torres nominiert
Bester internationaler Film Sieg
BAFTA 2025 Bester internationaler Film nominiert
Golden Globes 2025 Beste Hauptdarstellerin (Drama) Fernanda Torres Sieg
Bester fremdsprachiger Film nominiert

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Für immer hier
fazit
„Für immer hier“ erzählt von einer Familie, die während der Militärdiktatur in Brasilien Anfang der 1970er auseinandergerissen wird. Das geht zu Herzen, auch ohne plumpe Manipulation. Getragen wird das auf einer wahren Geschichte basierende Drama dabei von einem starken Ensemble, insbesondere einer herausragenden Hauptdarstellerin.
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