Als es Liam Óg Ó Hannaidh (Liam Óg Ó Hannaidh) bei einer mit Drogen nicht gerade zurückhaltenden Party mal wieder so richtig krachen lässt, wird er von der Polizei aufgegriffen. Zum Ärger der Anwesenden weigert sich der Nordire aber beharrlich, Englisch zu sprechen, behauptet, er könne nur Irisch. Um ihn dennoch vernehmen zu können, holen sie deshalb den Musiklehrer JJ Ó Dochartaigh (JJ Ó Dochartaigh) hinzu, der an einer nahen irischen Schule unterrichtet. Es gelingt diesem dabei, den jungen Mann herauszuholen, und er nimmt dabei auch ein Notizbuch von Liam mit sich, das Liedtexte auf Irisch enthält. Beeindruckt von diesen, schlägt JJ vor, dass sie zusammen mit Liams bestem Freund Naoise Ó Cairealláin (Naoise Ó Cairealláin) eine Hiphop-Gruppe gründen, die nur auf Irisch rappt. Und tatsächlich finden die drei als Kneecap bald ein begeistertes Publikum. Aber auch ein weniger begeistertes …
Rap als politischer Protest
Manche reduzieren Rap gern einmal auf die Gangster-Variante, die mit gewalttätigen und sexistischen Texten auffällt und ansonsten nicht viel zu sagen hat. Das kann aber auch ganz anders sein, es gibt eine lange Tradition von Rap Acts, die eine starke politische Komponente haben. Ein neueres Beispiel hierfür ist Kneecap. Hierzulande dürften eher weniger Leute das Trio kennen, auch wegen der Sprachbarriere. Wer spricht außerhalb Irlands schon Irisch? 2017 gegründet, hat die Band mit ihrer Musik begeisterte Fans gefunden. Dabei ist es nicht nur die Sprache an sich, die sie politisch macht. In den Texten finden sich auch immer wieder republikanische Themen, sprich eine Wiedervereinigung von Irland und Nordirland. Damit wurden sie zu einem Sprachrohr der Jugend, das hier Identifikationsfiguren für eine irische Identität findet.
Regisseur und Drehbuchautor Rich Peppiatt hat die drei Jungs begleitet und ihnen mit Kneecap ein filmisches Denkmal gesetzt. Allerdings eines, das sich wohltuend von anderen biografischen Musikfilmen unterscheidet. Oft handelt es sich bei diesen um eine reine Heldenverehrung. Das betrifft Dokumentarfilme, bei denen Weggefährten nur Loblieder einstimmen, aber auch fiktionale Spielfilmfassungen. Back to Black über Amy Winehouse oder die Queen Rückschau Bohemian Rhapsody standen in der Kritik, vieles verschönen zu wollen. Hier kann man das kaum behaupten. Der Film ist natürlich voller Bewunderung, Peppiatt ist selbst bekennender Fan. Das bedeutet aber nicht, dass er deswegen die weniger vorzeigbaren Elemente weglässt. Das ist bemerkenswert, da die drei Bandmitglieder an dem Film mitgearbeitet haben und sich dabei sogar selbst spielen. Professionelle Distanz ist so natürlich kaum möglich.
Charismatisch, energiegeladen und respektlos
Ein Nachteil ist das hier nicht. Vielmehr haben die drei so viel Charisma und Energie, dass man im Anschluss durchaus auf den Geschmack kommen könnte. Wie sie in einer Mischung aus Wut und Lebensfreude gegen die Bevormundung ankämpfen, ist unterhaltsam, streckenweise sogar richtig komisch. Gleichzeitig befasst sich der Film aber auch mit wichtigen Themen, die mehr sind als reine Unterhaltung und Stoff für Diskussionen liefern. Neben dem offensichtlichen Hauptthema rund um die Frage, ob Nordirland Teil des Vereinten Königreichs sein sollte, betont Kneecap die Bedeutung von Sprache als Ausdrucksmittel und Identifikationsfaktor. Interessant ist zudem die Generationenfrage, wenn Michael Fassbender den untergetauchten Vater von Naoise spielt.
Das alles macht die Musikkomödie sehenswert. Sie hat auch, trotz des sehr speziellen Themas, eine große Universalität. So erhielt sie beim Sundance Film Festival, wo sie 2024 Weltpremiere hatte, den Publikumspreis in der eigenen Sektion. Und das aus gutem Grund: Kneecap ist ein Film, der mit immer wieder beliebten Underdog-Elementen arbeitet, wenn alle möglichen Leute versuchen, die Band kleinzuhalten, sei es durch Verbote oder Radioboykotte, ohne dabei wie Rez Ball ins Formelhafte abzugleiten. Wenn es die drei trotzdem schaffen, ist das mit einer gewissen Genugtuung verbunden, der Freude an einer Respektlosigkeit gegenüber Obrigkeiten und Systemen. Und eben mit viel Spaß, wenn sie alles durcheinanderwirbeln.
OT: „Kneecap“
Land: Irland, UK
Jahr: 2024
Regie: Rich Peppiatt
Drehbuch: Rich Peppiatt
Musik: Michael ‚Mikey J‘ Asante
Kamera: Ruben Impens
Besetzung: Naoise Ó Cairealláin, Liam Óg Ó Hannaidh, JJ Ó Dochartaigh, Josie Walker, Fionnuala Flaherty, Jessica Reynolds, Adam Best, Simone Kirby, Michael Fassbender
Sundance Film Festival 2024′
SXSW 2024
Tribeca Film Festival 2024
Filmfest Hamburg 2024
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