Liebe ist kälter als der Tod
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Liebe ist kälter als der Tod

Liebe ist kälter als der Tod
„Liebe ist kälter als der Tod“ // Deutschland-Start: 16. Januar 1970 (Kino) // 22. Dezember 2010 (DVD)

Inhalt / Kritik

Der Münchner Zuhälter Franz (Rainer Werner Fassbinder) und der Auftragsmörder Bruno (Ulli Lommel) treffen sich, als sie beide vom Syndikat, einer großen Verbrecherorganisation, verhört werden. Franz schlägt Bruno vor, er könne bei ihm einsteigen und solle ihn bei seiner Entlassung in München aufsuchen. Nach kurzer Suche nach der richtigen Adresse taucht Bruno nach ein paar Wochen bei Franz und dessen Freundin Joanna (Hanna Schygulla) auf. Die beiden mussten untertauchen, da Franz ein Problem mit einem Türken hat, der ihn beschuldigt, dessen Bruder umgebracht zu haben. Bruno bietet sich an, bei der Lösung des Problems zu helfen und so werden die drei zu einem gefürchteten Trio der Münchner Unterwelt, was auch dem Syndikat und der Polizei auffällt. Die Beamten verhören Franz sogar, doch aus Mangel an Beweisen wird er wieder freigelassen.

Als Nächstes wollen die drei eine Bank ausrauben und sich danach zur Ruhe setzen. Unterdessen ist Joanna Bruno immer unheimlicher geworden und sie misstraut ihm immer mehr. Während die Planung für den Überfall steht, verfolgt Bruno eine eigenen Plan, doch am Tag des Überfalls kommt alles ganz anders.

Gesellschaftliche Veränderungen

Liebe ist kälter als der Tod, der auf der Berlinale noch unter dem Titel Kälter als der Tod lief, war der erste Spielfilm Rainer Werner Fassbinders. Der Regisseur und Drehbuchautor hatte bereits in einigen Produktionen als Schauspieler mitgewirkt und bewunderte die Arbeiten von Filmemachern wie Claude Chabrol, Eric Rohmer und Jean-Marie Straub, denen Liebe ist kälter als der Tod gewidmet ist. Abgesehen von der Definition eines eigenen Stils als Filmemacher war es Fassbinder wichtig, wie sich der Regisseur zu politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen positioniert. Wie Chabrol beabsichtige auch Fassbinder Zustände und Einstellungen zu untersuchen, die in der Gesellschaft und Kultur eine Rolle spielen, sodass man Liebe ist kälter als der Tod als einen Versuch dies umzusetzen ansehen kann.

Auch wenn Liebe ist kälter als der Tod speziell von der Ausstattung sehr karg geraten ist, so sind die Inspirationen zu Fassbinders erstem Spielfilm mehr als deutlich. Schon immer hatte der Regisseur und Schauspieler keinen Hehl aus seiner Bewunderung für Genrefilme, besonders die Werke des Film Noir oder des französischen Kriminalfilms gemacht. Ulli Lommels Bruno wirkt durch sein Spiel wie auch sein Auftreten und das Kostüm wie eine deutsche Variation des „eiskalten Engels“ Alain Delon. Selbst die Idee einer höheren Autorität, in diesem Fall das Syndikat, könnte auch aus einem Film Jean-Pierre Melvilles stammen. Dennoch ist Liebe ist kälter als der Tod mehr als nur ein Sammelsurium diverser Referenzen und Anleihen, denn darüber hinaus wird Fassbinder der Idee gesellschaftliche Zustände zu analysieren mehr als gerecht, durch einen Ansatz, der zum einen aus dem Mangel an finanziellen Mittel folgt und zum anderen Fassbinders Vergangenheit am Theater. Die Dialoge, das Schauspiel sowie die Kulissen (einige Szene am Anfang wurden auf einer Theaterbühne gedreht) könnten darauf verweisen, dass es keineswegs um Realismus geht, sondern um die teils abstrakte Darstellung von Themen wie Gewalt und inwiefern diese durch Beziehung, Liebe und Freundschaft geprägt ist.

Das Fundament des Terrors

Ein berühmtes Zitat Fassbinders besagt, dass er lieber Filme mache als Bomben werfe, womit er Bezug nimmt auf den Terror der RAF. Die drei Hauptfiguren aus Liebe ist kälter als der Tod sind vereint durch eine enge Beziehung zueinander, verfolgen aber zudem eine eigene Agenda, insbesondere der von Ulli Lommel gespielte Bruno. Liebe eröffnet Wege der Ausnutzung, wie man an der Beziehung Joannas zu Franz sieht, doch macht genauso blind für das perfide Spiel eines Menschen, der die Gefühle seines Gegenübers zu seinen Gunsten ausnutzt. Bruno ist einer, der sich anpassen kann, der sich verstecken kann und der sehr emotional reagieren kann, sofern es die Situation von ihm verlangt. Lommel und Fassbinder zeigen einen ganz speziellen Charakter, einen heimlichen Manipulator, der seine eigene Kaltblütigkeit verstecken und daher ungehindert in der Gesellschaft agieren kann.

Wie Melville und Chabrol setzt Fassbinder auf die Distanz des Zuschauers. Wer einen Film erwartet, bei dem man mitfiebert, wird von Liebe ist kälter als der Tod sicherlich enttäuscht werden. Die Inszenierung und das Schauspiel scheinen auf die kritische Distanz des Zuschauers ausgelegt zu sein, sodass ein Mitdenken erforderlich ist. Der Zuschauer kann im Nachhinein die gezeigten Zustände auf die eigene Lebensrealität übertragen, so zumindest die Kalkulation des Regisseurs.

Credits

OT: „Liebe ist kälter als der Tod“
Land: Deutschland
Jahr: 1969
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder, Katrin Schaake
Musik: Peter Raben, Holger Münzer
Kamera: Dietrich Lohmann
Besetzung: Ulli Lommel, Hanna Schygulla, Reiner Werner Fassbinder, Hans Hirschmüller, Katrin Schaake, Peter Berling

Trailer

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fazit
„Liebe ist kälter als der Tod“ ist ein Film über die Beziehung zwischen Gefühl und Gewalt. Rainer Werner Fassbinder nutzt das Gewand des europäischen Thrillers, um über die Manipulation von Emotionen, Kaltblütigkeit und eine Einstellung zu sprechen, die das Fundament legt für jeglichen Terror.
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