Good News
© Falco Seliger

Good News

Inhalt / Kritik

Für seine Artikel hat der Journalist Leo (Ilja Nikolai Stahl) schon viel Lob und sogar einige Auszeichnungen erhalten, doch der wirkliche Durchbruch blieb ihm verwehrt. Für sein neues Thema, eine Reihe von Artikeln über den politischen Widerstand in Thailand, ist er daher bereit, alles zu tun. Er ist nach Thailand übergesiedelt und deswegen im Streit mit seiner Ehefrau auseinandergegangen. Doch nach einigen Wochen an der thailändischen Küster hat er wenig erreicht, denn die Einheimischen trauen dem Fremden nicht, erst recht nicht, wenn es für sie und ihre Familien Gefahr bedeutet, dem Deutschen den Weg zu den Rebellen zu zeigen. Da ihm langsam auch das Geld ausgeht und sein Redakteur in der Heimat Ergebnisse verlangt, verfasst er, basierend auf einer Mischung seiner Eindrücke und Halbwahrheiten, einen ersten Artikel. Parallel freundet er sich mit dem Verkäufer Marwar (Sabree Matming) an, dem er verspricht, er werde ihn finanziell unterstützen, wenn er ihn zu den Rebellen führt.

Eines Tages steht der Fotograf Julian (Dennis Scheuermann) vor Leos Tür. Da sein Artikel bei der Zeitung sehr gut ankam, soll er nun das nötige Bildmaterial liefern. Leo versucht ihn hinzuhalten, während er versucht, Marwar unter Druck zu setzen, ihm einen Weg zu den bewaffneten Truppen im Dschungel zu zeigen. Ihm wird klar, in welcher Gefahr er sich befindet, doch der Fotograf drängt ihn, einen erneuten Kontakt zu den Rebellen herzustellen.

Wahrheit und Lüge

In seinen Dokumentationen wie Waldstück oder Kurzfilmen wie Der Proband behandelte Regisseur Hannes Schilling viele aktuelle Themen wie die Verarbeitung der Vergangenheit oder die wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisse im modernen Kapitalismus. Es sind keinesfalls abgeschlossene Geschichten, die für Schilling im Fokus stehen, sondern vielmehr ihr Bezug zu uns, dem Zuschauer, der die Folgen dieser Themen in seiner eigenen Lebenswelt zu spüren bekommt. Nicht anders verhält es sich bei dem Thema seines Spielfilmdebüts Good News, welches im Wettbewerb des Filmfestival Max Ophüls Preis 2024 gezeigt wird. Es geht um unsere Beziehungen zu den Nachrichten sowie den Medien, doch vor allem um das Vertrauen, das wir ihnen entgegenbringen.

Der Protagonist in Good News ist einer, der in einem Zwiespalt gefangen ist zwischen seinen Idealen und dem Druck von Abgabetermine und seinem Selbstbild. Eigentlich sollte er sich auskennen mit dem Thema seines Artikels, doch trotz seines hohen Einsatzes ist und bleibt er ein Außenseiter. Die schwarz-weißen Bilder sind keineswegs eine reine ästhetische Entscheidung, denn sie betonen, dass der Held in einer Sackgasse gefangen ist, mitten in einer Welt, die nur die Extreme kennt: die touristisch ausgelegte Küste oder die Unwegsamkeit des Dschungels, in dem irgendwo die Rebellen sein sollen, über die Leo berichten will. Wahrheit und Lüge sind Kategorien, die schon lange nicht mehr gelten, da er sich in der Grauzone befindet, in einem unsicheren Zustand, den er mit stoischer Miene versucht zu ertragen und der ihn hat abstumpfen lassen. Schilling zeigt einen, der sich verrannt hat, aber sich dies nicht eingestehen will. Er zeigt einen der vielen Menschen, die versuchen, die Fremde zu verstehen und zu erobern, aber wie viele nicht mehr weiterkann und deswegen das Narrativ des Ausbeuters wiederholt.

Eine Sache des Vertrauens

Immer wieder ist es Vertrauen oder dessen Fehlen, das in Good News eine Rolle spielt. Ilja Nikolai Stahl spielt einen Menschen, der von Berufs wegen her das Vertrauen seiner Redakteure und der Leserschaft genießt, sich dann jedoch dazu hinreißen lässt, dies auszunutzen. Er wirkt wie ein Echo von Personen wie Claas Relotius, die für persönliches Prestige bereit sind, Wahrheiten zu verdrehen, Vertrauen auszubeuten und blind dafür geworden sind, welchen menschlichen Schaden sie damit anrichten. Auch der Fotograf droht in diese Spirale zu geraten, drängt er doch auf ein Foto um jeden Preis, nur um sich dann, wie der Journalist, nach Deutschland zu verabschieden und auf das Chaos, was er hinterlassen hat, herabzuschauen. Man kann einwenden, dass man als Zuschauer die Katastrophe kommen sieht, doch an der tragischen Dramaturgie von Good News ändert dies nichts, wenn die beiden Figuren mit der Wahrheit eines Konflikts, den sie weder erfasst noch verstanden haben, konfrontiert werden.

Gegen Ende hin kehrt die Farbe für ein paar Augenblicke in den Film zurück. Wir haben die eine Wirklichkeit verlassen, doch die Nachbeben der Geschehnisse sind noch spürbar. Der Blick aufs Handy deutet an, dass jemand für sich einen Ausweg gefunden hat, doch dafür skrupellos in Kauf nimmt, welches Opfer sein Handeln nach sich zieht.

Credits

OT: „Good News“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Hannes Schilling
Drehbuch: Ghiat Al Mhitawi, Hannes Schilling
Musik: Lena Radivoj
Kamera: Falco Seliger
Besetzung: Ilja Nikolai Stahl, Sabree Matming, Dennis Scheuermann



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Good News
fazit
„Good News“ ist ein sehr relevantes Drama über die Grenze von Lüge und Wahrheit, vor allem aber die Grauzone dazwischen. Hannes Schilling gelingt ein dramaturgisch und schauspielerisch überzeugendes Werk, das zum Nachdenken anregt und ein Licht wirft auf die Medienskandale wie beispielsweise die Enthüllungen im Fall Class Relotius.
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