Alle für Ella
© Neue Bioskop Film / Foto: Anke Neugebauer

Alle für Ella

„Alle für Ella“ // Deutschland-Start: 8. September 2022 (Kino) // 27. Januar 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Unterbeschäftigt ist Ella (Lina Larissa Strahl) nicht gerade. Wenn sie nicht gerade fürs Abitur büffelt und an Mathe verzweifelt, geht sie ihrer Mutter Heike (Lavinia Wilson) zur Hand, die als Reinigungsfrau arbeitet, oder jobbt in einer Pizzabude. Dabei würde sie viel lieber etwas anderes machen: Sie träumt davon, zusammen mit ihren Freundinnen Anaïs (Safira Robens), Cahide (Tijan Marei) und Romy (Malene Becker) groß durchzustarten und mit der eigenen Band Virgina Woolfpack eine Musikkarriere hinzulegen. Zu diesem Zweck melden sich die vier Schülerinnen bei einem Bandwettbewerb an. Dumm nur dass kurz davor die Gitarre kaputt geht. Jetzt kann ihr nur noch einer helfen: der schnöselige (Gustav Schmidt), der unter seinem Künstlernamen alfaMK Gangsterrap macht und ebenfalls beim Wettbewerb teilnimmt …

Mainstream-Pop, der mehr sein möchte

Und was hörst du so für Musik? Es gibt viele Punkte, die uns zu dem machen, der wir sind. Dazu gehört, zu einem gewissen Grad, auch unser persönlicher Musikgeschmack. So macht es einen Unterschied, ob man nun Klassik, Rap oder Country hört. Was wir hören, wird zu einem Spiegel unseres Innen. Das zumindest ist, was in Alle für Ella impliziert wird, wenn bei einem Bandwettbewerb die unterschiedlichsten Richtungen aufeinanderprallen. Der deutsche Film setzt dabei auf eindeutige Kontraste. Während Leos Gangsterrap reine Pose sein soll, entsprechend seiner arroganten und frauenverachtenden Art, ist der Rock von Virgina Woolfpack ehrlich und feministisch. Schließlich hat man sich nach Virgina Woolf benannt, eine der großen Ikonen des Feminismus. Der andere Einfluss ist Joan Jett, die erklärte Heldin von Ella.

Die Sache hat nur ein paar Haken. Einer davon: Die vier können noch so sehr behaupten, Rockerinnen zu sein und sich dem glattpolierten Mainstream verweigern zu wollen, mehr als glattpolierten und austauschbaren Mainstream-Pop haben sie nicht zu bieten. Wenn sie in einer Szene von einem Musikmanager auf Erfolg gebügelt werden sollen, der von Hanno Koffler als groteske Karikatur angelegt ist, dann funktioniert das hinten und vorne nicht. Nicht dass der Rest des Films inhaltlich sinnvoller wäre. Vieles bei Alle für Ella ist mindestens holprig, teilweise sogar regelrecht schlampig. Die Figuren verhalten sich willkürlich, sind zudem nur sehr schwach gezeichnet. Hinzu kommen die ganzen hölzernen Dialoge, bei denen man sich fragt, ob das nicht als Satire gemeint war.

Sympathisch, aber plump umgesetzt

Das ist auch deshalb schade, weil der deutsche Film durchaus sympathische Seiten an sich hat. Wichtig sind die Themen sowieso. Ob nun Selbstverwirklichung, Geschlechterrollen, die Trennung von reich und arm oder auch die Schwierigkeit, wenn Freundschaften sich in verschiedene Richtungen bewegen, das sind alles Punkte, über die man sprechen kann und muss. Wenn das Ganze aber so grob umgesetzt ist wie hier, bringt das nicht viel. Gleiches gilt für das Bekenntnis zur Diversität, das grundsätzlich löblich ist, aber kaum überzeugend realisiert wurde. Dass die Nebenfiguren Migrationshintergrund haben, lesbisch sind oder körperlich behindert, wirkt dann schon wie eine Checklist, die abgearbeitet werden sollte. Immerhin: Alle für Ella widersteht der Versuchung, diese Besonderheiten übermäßig problematisieren zu wollen. Bei dem Film dürfen sie alle sein, wie sie wollen, ohne dafür bestraft zu werden.

Das ist schön. Noch schöner wäre es aber gewesen, wenn die Charaktere auch wirklich etwas hergeben würden. Cahide und Romy sind die ganze Zeit einfach nur da und derart unwichtig für die Geschichte, dass man sie gleich ganz hätte weglassen können. Ein bisschen besser sieht es bei der Titelheldin und Leo aus, bei denen es zumindest Nuancen gibt, jenseits von einem einfachen richtig und falsch. Beide machen im Laufe der Geschichte eine Wandlung durch, müssen Sachen lernen, über sich wie auch andere. Insofern ist Alle für Ella durchaus auch als Aufmunterung für die Teenager-Zielgruppe gedacht, die sich selbst noch finden muss und hier ein paar Lebensweisheiten mit für den weiteren Weg mitnehmen darf. Das Ganze hätte aber in einem besseren und stimmigeren Film mehr Wirkung entfaltet, ohne die vielen Versäumnisse, über die man sich hier ärgern darf.

Credits

OT: „Alle für Ella“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Teresa Fritzi Hoerl
Drehbuch: Timo Baer, Anja Scharf
Musik: Julia Bergen, David Bonk
Kamera: Fabian Rösler
Besetzung: Lina Larissa Strahl, Safira Robens, Malene Becker, Tijan Marei, Gustav Schmidt, Lorenzo Germeno, Lavinia Wilson, Milan Peschel, Hanno Koffler

Bilder

Trailer

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Alle für Ella
Fazit
Grundsätzlich ist „Alle für Ella“ zwar schon sympathisch, wenn eine Jugendliche von der großen Musikkarriere träumt und dabei diverse wichtige Themen angesprochen werden. Die Umsetzung ist aber dürftig, teilweise grauenvoll. So sind die Dialoge holprig, die Figurenzeichnung ist schlampig, da überzeugt vieles inhaltlich einfach nicht. Wenn der glattpolierte Mainstreampop als authentischer Rock verkauft werden soll, wird es sogar unfreiwillig komisch.
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von 10