Palette

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„Palette“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

In den letzten Jahren haben wir alle mit den durch die Pandemie auflegten Beschränken gelernt, so etwas wie eine Routine zu entwickeln, die einen besser und die anderen weniger. Jene Restriktionen seitens staatlicher Institutionen oder bestimmt durch den Infektionsschutz haben bzw. hatten sicherlich ihre Leitimitation, auch wenn viele von ihnen durchaus sehr extrem waren. Doch keiner wird bestreiten wollen, dass gerade die Erfahrung des Lockdowns, während dem das öffentliche Leben vollends zum Erliegen kam, die wohl schlimmste war, ging es doch hier um das Private, das Familiäre und damit das Emotionale. Wie viele andere in seiner Heimat hat auch Regisseur Yurugu Matsumoto den Lockdown und auch die Pandemie als eine besondere Erfahrung in Erinnerung, eine, die es zu verarbeiten gilt, besonders im Hinblick darauf, wie sie unsere zwischenmenschlichen Beziehungen definiert hat.

Zusammen mit einer Gemeinschaft von Schauspielern und einer Crew drehte Matsumoto basierend auf seinem eigenen Skript dann den Kurzfilm Palette, der auf dem diesjährigen Japan Filmfest Hamburg 2022 seine Weltpremiere feierte. In diesem erzählt er die Geschichte der Pandemie weiter, aber in einer weitaus erschreckenderen, dystopischen Form, denn Japan, wie auch die ganze Welt, wurde von einer besonders ansteckenden und tödlichen Variante des COVID-Virus heimgesucht, sodass die Menschen mittlerweile ihre Wohnungen gar nicht mehr verlassen dürfen und sich nur noch mit einer Gasmaske einander nähern dürfen. Um die Einhaltung der Maßnahmen zu gewährleisten, überwacht der Staat mittels Kameras und des Militärs die Straßen und die Städte, und ahndet jede Übertretung mit Strafen. In einem mittlerweile stillgelegten Campus forscht derweil ein Wissenschaftler nach einem Gegenmittel und hat dabei einen virusfreien Raum geschaffen für sich, seine Mitarbeiter und deren Familien. Als jedoch die Wochen und Monate ins Land ziehen, wird die Aussicht auf ein solches Mittel eher dünn. Dafür aber gehen langsam aber sicher die Vorräte zur Neige.

Der Hunger nach einer Berührung

In Palette kreiert Matsumoto ein Szenario, welches ästhetisch sowie narrativ an ernüchternde Vision eines Sion Sono in The Whispering Star erinnert. Das Japan der Zukunft wirkt menschenleer und öde, und die klaustrophobische Atmosphäre im Inneren des Universitätsgebäudes betont diesen Eindruck nur noch mehr. Dabei spielen die politische Dimension dieser Geschichte für den Regisseur weniger eine Rolle, hat sich doch der Staat als Konzept schon lange aus dem Denken der Figuren verabschiedet. Vielmehr steht der Konflikt zwischen der Gemeinschaft und dem Individuum im Vordergrund, oder die Sehnsucht nach einer Berührung, wie man es vor der Pandemie noch ohne Angst tun konnte.

Zugleich changiert Palette zwischen der ernüchternden und zunehmend pessimistischen Zukunft, auf welche die Figuren zusteuern und jener Hoffnung, denen einige von ihnen sich nach wie vor hingeben. Ein Vater, der ein letztes Mal seine Tochter sehen will und die zurück nach Tokio mitnehmen will, wird keinesfalls als ein Bösewicht dargestellt, sondern eben als ein Mensch, der aus Liebe handelt. Die angesprochene Sehnsucht nach einem Leben ohne Angst sowie nach einer Berührung bestimmt dabei nicht nur die Handlung, sondern ebenso die Darstellungen der größtenteils jungen Schauspieler.

Credits

OT: „Paretto“
Land: Japan
Jahr: 2020
Regie: Yurugu Matsumoto
Drehbuch: Yurugu Matsumoto
Besetzung: Takeyasu Motoyama, Yoko Akita, Eigo Tanak, MIYATANI, Ryosuke Inoura, Yusuke Wada,  Aki Shimizu, Yuka Mukae



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Palette
Fazit
„Palette“ ist ein interessanter, wenn auch sehr düsterer Kurzfilm über eine mögliche Zukunft in der Pandemie. Yurugu Matsumoto erzählt von der Hoffnung und der Verzweiflung, doch ebenso von der Sucht nach einer menschlichen Berührung, ohne Angst und Hintergedanken.
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