Here Today
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Here Today

Here Today
„Here Today“ // Deutschland-Start: 22. Juni 2022 (WOW)

Inhalt / Kritik

Wenn es um das Thema Humor geht, da macht Charlie Burnz (Billy Crystal) so schnell niemand etwas vor. So war er als Comedy-Autor an zahlreichen Hits beteiligt, in der Branche kennen sie ihn alle. Was sie hingegen nicht wissen: Schon seit einiger Zeit leidet er an einer frühen Form von Demenz. Immer wieder entfallen ihm Dinge oder auch Personen, selbst sein engstes Umfeld erkennt er manchmal nicht wieder. Doch das soll niemand mitbekommen, nicht bei der Arbeit, der er mit über siebzig noch nachgeht. Und auch seine Kinder Rex (Penn Badgley) und Francine (Laura Benanti), zu denen er seit dem Tod seiner Frau eine schwierige Beziehung hat, sind sich im Unklaren, was da gerade geschieht. Erst durch Emma Payge (Tiffany Haddish), der er eines Tages über den Weg läuft, beginnt er, sich den Problemen zu stellen, denen er lange aus dem Weg gegangen ist …

Rückkehr eines Comedy-Urgesteins

In den 80ern und 90ern gehörte Billy Crystal zweifelsfrei zu den bekanntesten Gesichtern im US-amerikanischen Comedy-Bereich. Er spielte in Hits wie Harry & Sally und City Slickers – Die Großstadt-Helden mit, war bei Saturday Night Live, erhielt eine ganze Reihe von Preisen und durfte umgekehrt als Host bei den Oscars Fernsehgeschichte schreiben. Inzwischen hat sich der Veteran aber weitestgehend aus dem Showgeschäft zurückgezogen, ist nur vereinzelt noch zu sehen. Allein deshalb schon durfte man bei Here Today neugierig sein. Nicht allein, dass er hier eine seiner selten gewordenen Hauptrollen übernahm. Er führte zudem Regie und schrieb das Drehbuch. Das hatte er zuletzt bei der romantischen Komödie Vergiss Paris getan – und die erschien im Jahr 1995.

Phasenweise hat man den Eindruck, dass Here Today ebenfalls in eine solche Richtung geht. Schließlich steht im Mittelpunkt des Films die Beziehung zwischen Charlie und Emma, die sich unter besonderen Umständen kennenlernen und anschließend viel Zeit miteinander verbringen. Doch auch wenn der Verdacht naheliegt – tatsächlich vermutet selbst Charlies Familie, dass sie was miteinander haben –, Crystal verzichtet darauf, seiner Figur eine deutlich jüngere Partnerin zuzuschreiben. Hier dürfen Mann und Frau tatsächlich einfach mal miteinander befreundet sein. Das ist schön, zumal die Szenen zwischen den beiden die Höhepunkte des Films darstellen. Das Zusammenspiel mit Tiffany Haddish (The Afterparty, Massive Talent) funktioniert so gut, dass man sich ohne Weiteres eine komplette Serie anschauen würde, in denen die beiden sich nur miteinander unterhalten.

Zwischen Harmonie und großem Drama

Crystal hatte jedoch andere Pläne und versuchte, deutlich mehr Geschichte in sein Spätwerk zu packen. Der bessere Part ist noch der, wie er uns einen Blick hinter die Kulissen des Comedy-Geschäfts gewährt. Wir sind dabei, wie das Kreativteam Ideen austauscht und einzelne Witze ausprobiert. An einer anderen Stelle sehen wir zu, wie eine ihrer Sendungen aufgenommen wird. Allzu sehr geht Here Today dabei jedoch nicht in die Tiefe. Die anfangs angedeuteten Konflikte innerhalb des Teams werden nicht fortgesetzt, Fragen zu einer sich verändernden Humor-Landschaft verschwinden im Nichts. Dafür gibt es dann auf einmal ganz viel süßliche Harmonie – sieht man von einem großen Streitfall ab, der recht befremdlich schnell abgehakt wird und ohne Folgen bleibt.

Wichtiger waren Crystal und seinem Co-Autor Alan Zweibel dann wohl doch die dramatischen Ereignisse im Leben des Protagonisten. Da wäre einerseits das Thema der Demenz, welches der Film recht früh einführt. Das wurde in den letzten Jahren immer wieder gern aufgegriffen, etwa in dem herausragenden The Father, das eindrucksvoll zeigte, was das Leben mit dieser Erkrankung bedeutet. Bei Here Today wollte man nicht so weit gehen. Wenn Charlie andere Leute nicht wiedererkennt, darunter auch berühmte Kollegen und Kolleginnen, dann ist das schon der Höhepunkt der Dramatik. Man wollte über Demenz reden, gleichzeitig aber auch irgendwie nicht.

Unsäglich kitschig

Dafür wird der Film an anderen Stellen umso expliziter: Der Part um die Familientragik ist schon sehr dick aufgetragen. Das wird Here Today dann irgendwann auch zum Verhängnis, wenn es von allem ein bisschen gibt, humorvolle Dialoge auf unsäglichen Kitsch treffen. Selbst eine dramatische Zuspitzung zum Ende hin – fast immer eine kreative Bankrotterklärung des Drehbuchs, das sich anders nicht zu helfen wusste –, darf da nicht fehlen, obwohl es überhaupt nicht nötig gewesen wäre. So schön es ist, den Veteranen wieder vor der Kamera zu sehen, so sehr darf man sich bei ihm wie auch bei Charlie fragen: Ist er wirklich nur in der Lage, relevante Texte zu schreiben? Wenn man von dieser Tragikomödie ausgeht, muss man die Frage leider verneinen.

Credits

OT: „Here Today“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Billy Crystal
Drehbuch: Billy Crystal, Alan Zweibel
Musik: Charlie Rosen
Kamera: Vanja Cernjul
Besetzung: Billy Crystal, Tiffany Haddish, Penn Badgley, Laura Benanti, Louisa Krause, Anna Deavere Smith

Trailer

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Here Today
Fazit
„Here Today“ begleitet einen Comedy-Veteranen durch eine persönliche Krise hindurch. Die Szenen zwischen Billy Crystal und Tiffany Haddish sind schön anzusehen. Der Versuch, mehrere Themen einzubauen, schlägt dabei jedoch ziemlich fehl. Vor allem der unsägliche Kitsch zum Ende hin sowie die unnötige dramatische Zuspitzung machen den positiven Ersteindruck zunichte.
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