Homicide - Mordkomission
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Homicide – Mordkomission

Inhalt / Kritik

Homicide - Mordkomission
„Homicide“ // Deutschland-Start: 7. November 1991 (Kino)

Als Ermittler hat sich Detective Bobby Gold (Joe Mantegna), zusammen mit seinem Partner Tim Sullivan (William H. Macy), einen Namen innerhalb der Mordkommission gemacht als jemand, der schnell Fälle aufklärt. Gemeinsam sind Sullivan und Gold hinter einem der meistgesuchten Verbrecher des Landes, dem Drogendealer und Polizistenmörder Robert Randolph, auf der Spur, und stehen unter Druck, diesen endlich zu verhaften oder zumindest eine verheißungsvolle Spur vorzulegen. Als sie auf dem Weg sind, um einen wichtigen Hinweis zu verfolgen, erhalten sie einen Notruf einer Streife, die eine Schießerei in einem kleinen Lebensmittelladen verfolgt. Dabei ist die Inhaberin des Ladens, eine ältere jüdische Dame, ums Leben gekommen. Zu allem Übel stellt sich heraus, dass ihre Verwandte einflussreiche Geschäftsleute sind, welche nach Besichtigung des Tatorts Golds Vorgesetzte unter Druck setzen, schnell die Täter zu fassen und sie zu beschützen, fürchten sie doch weitere Anschläge auf ihr Leben. Dabei steckt hinter der Geschichte mehr, als es zunächst den Anschein hat.

Ordnung im Chaos

Auf einer Presskonferenz zu seinem Film Homicide – Mordkommission anlässlich dessen US-Premiere beschreibt Dramatiker und Regisseur David Mamet, dass Antisemitismus nach wie vor ein großes Problem darstelle, gerade weil er so unterschwellig ist und eher selten thematisiert wird. Eigentlich hatte Mamet vorgehabt, den Roman Suspects seines Kollegen und Freundes William J. Caunitz zu verfilmen, wobei er sich jedoch immer weiter von dessen Geschichte entfernte und stattdessen über die Thrillerhandlung ein ganz anderes Thema, nämlich Antisemtismus, ansprach. So ist Homicide eine Mischung aus Thriller und Charakterstudie über einen Menschen, der sich in einem Dilemma befindet, verursacht durch einen unaufgelösten Konflikt mit seiner Herkunft und seinen spirituellen Wurzeln.

In seinem Sachbuch On Directing Film beschreibt Mamet, dass es fatal sei, wenn sich ein Film dadurch auszeichne, dass man einer Figur folge, ohne dabei den eigentlichen Sinn einer Szene zu berücksichtigen. Auch wenn Homicide die Perspektive von Joe Mantagnas Figur verfolgt, ist dessen Prozess der Erkenntnis über sich selbst und den Fall, in dem er ermittelt, gekoppelt an die unterschiedlichen Begegnungen und Erlebnisse, die er hat. Wie im klassischen Theater ist die Entwicklung organisch, sodass jede Szene aufeinander aufbaut, was Homicide, wie auch vielen anderen Filmen Mamets ein gewisses deterministisches Element gibt. Im Sinne des Regisseurs, der weiter beschreibt, Filme sollten Ordnung innerhalb eines Chaos stiften, ist der Weg Bobby Golds einer, welcher geleitet ist von der Idee, eine neue Bestimmung in seinem Leben zu finden, was gleichzeitig die sich verändernde Ästhetik der Bilder von Kameramann Roger Deakins widerspiegelt, welche diese „Ordnung“ zwar nicht unbedingt in der Welt an sich, aber in der Figur zeigen.

Eine neue Heimat

Gerade innerhalb eines Thrillers, was Homicide mehrheitlich nach wie vor ist, hat das Konzept Mamets einen besonderen Reiz. Joe Mantagna spielt Bobby Gold als einen Mann ohne eine wirkliche Bestimmung im Leben außerhalb seiner Arbeit, deren Hierarchie und System seine jüdischen Wurzeln durchaus ausnutzt. Zweimal im Film muss er sich gegen antisemitische Beleidigungen zur Wehr setzen, wobei es bezeichnend ist, dass er nicht einschreitet oder eben andere ihn verteidigen. Mamet zeigt die Alltäglichkeit solcher Ereignisse, die man akzeptiert hat als Teil einer Hierarchie oder eines Alltags, wobei die Ermittlung Bobbys aufzeigt, warum gerade dies fatal ist. Mantagna spielt sehr überzeugend die Zerrissenheit eines Mannes, der sich zwischen verschiedenen Loyalitäten entscheiden muss, zwischen zwei Identitäten, die scheinbar unvereinbar miteinander sind.

So ist der Mord oder der Tod, der eigentlich aufgeklärt werden soll, mehr als eine Metapher zu verstehen. Für eine Figur wie Bobby ist es der Tod er eigenen Herkunft, derer er sich scheinbar schämt oder die für ihn keine Rolle spielt, wie man ihm mehr als einmal vorwirft. Wie Mamet in der bereits erwähnten Presskonferenz erklärt, geht es nicht allein um einen Hass, der von außen kommt, und sich in Attacken, wie denen im Film gezeigten, äußert, sondern zugleich um eine Art Selbst-Hass als Form der Akzeptanz eines Verhaltens, was man im Alltag beobachtet und als solchen verinnerlicht hat.

Credits

OT: „Homicide“
Land: USA
Jahr: 1991
Regie: David Mamet
Drehbuch: David Mamet
Musik: Alaric Jans
Kamera: Roger Deakins
Besetzung: Joe Mantegna, William H. Macy, Ving Rhames, Natalia Nogulich, Vincent Guastaferro, J. J. Johnston, Lionel Mark Smith, Rebecca Pidgeon

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Homicide – Mordkomission
fazit
Homicide – Mordkommission ist eine Mischung aus Thriller und Drama über Identität und Antisemitismus. David Mamet erzählt von alltäglichem Hass, vom Selbsthass und vom Finden der eigenen Herkunft, was wahrlich nur ein erster Schritt ist in der eigenen Entwicklung. Die Bilder Roger Deakins wie auch die Darsteller, allen voran Joe Mantagna in der Titelrolle, beschreiben den steinigen Weg eines Mannes zu einem neuen Selbstbild.
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