Spion für Deutschland
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Spion für Deutschland

Inhalt / Kritik

Spion für Deutschland
„Spion für Deutschland“ // Deutschland-Start: 4. Dezember 1956 (Kino) // 12. Februar 2016 (DVD)

1944 nähert sich der Zweite Weltkrieg bereits dem Ende zu, selbst wenn in Deutschland offiziell niemand davon wissen will. Dass die Amerikaner an einer Atombombe bauen sollen, ist jedoch schon Anlass zur Sorge. Sollte diese zum Einsatz kommen, wäre alles verloren, da ist man sich einig. Und so wird der Spion Erich Gimpel (Martin Held) zusammen mit dem US-amerikanischen Deserteur Billy Cole (Walter Giller) in die USA geschickt, um den Stand der Dinge herauszufinden. Wie weit ist das Atomwaffenprogramm mit dem Namen Manhattan Project? Und lässt es sich noch irgendwie aufhalten? Während Gimpel auch dank einiger Verbindungen seiner Arbeit nachgeht, lernt er Joan Kenneth (Nadja Tiller) kennen und lieben. Aber es ist eine Liebe, die unter keinem guten Stern steht, denn von Anfang an geht bei der Operation alles schief, was schief gehen kann …

Von Helden und Feinden

Wenn wir in Filmen Spionen während des Zweiten Weltkriegs folgen, dann handelt es sich fast immer um solche der Alliierten. Das ist verständlich: Diese Geschichten sind normalerweise Heldengeschichten, bei denen das Publikum die Daumen drücken soll. Wir wollen ja, dass die Spione Erfolg haben, damit die Bösen besiegt werden. Handelt es sich dabei um Nazis, ist das mit dem Anfeuern schon recht schwierig, da befindet man sich als Zuschauer oder Zuschauerin in einer gewissen Zwickmühle zwischen Genrekondition und moralischem Empfinden. Dennoch gab es diverse solcher Agententhriller mit umgekehrten Vorzeichen. Die Groteske Der Adler ist gelandet ist ein solches Beispiel. Spion für Deutschland ein weiteres.

Im Gegensatz zum britischen Vogel ist die deutsche Produktion aber deutlich näher an der Realität. So basiert die Geschichte auf dem tatsächlichen Erich Gimpel, der 1944 quasi im Alleingang das US-amerikanische Atomprogramm stoppen sollte, was – wie wir alle wissen – nicht von Erfolg gekrönt war. Es war sogar ein ziemlich auswegloses Unterfangen, was aber offensichtlich niemand wahrhaben wollte. Außerdem versuchte Regisseur Werner Klingler, die Ereignisse möglichst realistisch darzustellen. Auch wenn bei Spion für Deutschland schon die eine oder andere künstlerische Freiheit ins Spiel kam, im Großen und Ganzen ist das hier bewusst nüchtern gehalten. Es gibt hier kaum Spannungsmomente im eigentlichen Sinn, Für Verfolgungsjagden oder Schusswechsel braucht man hier nicht reinzuschalten.

Spannung der moralischen Ambivalenz

Dafür sind andere Faktoren sehenswert. Ein Faktor ist dabei die moralische Ambivalenz des Films. Zwar wird nicht versucht, aus Gimpel einen wirklichen Helden zu machen, von einer Reinwaschung der Deutschen ganz zu schweigen. Gleichzeitig stellt Spion für Deutschland aber schon die Frage, inwiefern eine Atombombe mit ihrer verheerenden Wirkung für die zivile Bevölkerung moralisch zu vertreten ist. Ähnlich äußert sich einer der Entwickler des Programms, der anschließend seine Mitarbeit bereut. Ist der Versuch, dieses Programm aufzuhalten, damit eine gute Sache? Können Leute, die für die falsche Seite arbeiten, dennoch etwas Richtiges tun? Auch wenn es müßig ist darüber nachzudenken, wie die Welt sich weiterentwickelt hätte, wäre das Manhattan Project ein Fehlschlag gewesen, ein paar Gedanken kann man dennoch dafür aufwenden. Dazu gehört ebenfalls die irgendwann gestellte Frage, ob es einen Unterschied macht, für welches Vaterland man kämpft und ob ein solcher patriotischer Kampf verwerflich ist.

Außerdem ist es spannend mitanzusehen, wie sich Gimpel in der Fremde schlägt. Im Gegensatz zu anderen Agenten, die gerne mal zu Übermenschen mutieren – siehe etwa 007 –, da ist das deutsche Pendant eine deutlich menschlichere Figur. Er ist von Anfang an überfordert, wirkt immer wieder verloren im überwältigenden New York City, wird einfach nicht Herr der Lage, ohne dadurch wiederum zu einer Witzfigur zu werden. Martin Held (Der letzte Zeuge) verkörpert diese Figur dann auch mit einer Nahbarkeit und Alltäglichkeit, die es einem leicht macht, sich in ihm wiederzufinden. Er spielt in Spion für Deutschland einen Spion, der tatsächlich versucht, das Richtige zu machen, zu einer Zeit, bei der nicht klar ist, was dieses Richtige noch sein kann. Stemmt sich gegen einen übermächtigen Feind und wird dabei zu einer tragischen Gestalt.

Credits

OT: „Spion für Deutschland“
Land: Deutschland
Jahr: 1956
Regie: Werner Klingler
Drehbuch: Herbert Reinecker
Musik: Werner Eisbrenner
Kamera: Albert Benitz
Besetzung: Martin Held, Walter Giller, Nadja Tiller, Claude Farell, Gustav Knuth, Stanislav Ledinek, Martin Kosleck

Bilder

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„Spion für Deutschland“ erzählt, basierend auf einer wahren Geschichte, wie ein deutscher Spion 1944 quasi allein versucht, das amerikanische Atomwaffenprogramm noch aufzuhalten. Der nüchtern erzählte Thriller verzichtet dabei weitestgehend auf reguläre Spannungsmomente, ist aber für die moralische Ambivalenz sehenswert, wenn man nicht mehr weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind.
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