
Maddy (Jack Haven) und Owen (Justice Smith) leben Ende der 90er-Jahre in einer amerikanischen Kleinstadt und besuchen dieselbe Highschool. Beide haben Schwierigkeiten, Freunde zu finden, und fühlen sich dementsprechend wie Außenseiter in der echten Welt. Maddy zeigt Owen The Pink Opaque, ihre Lieblingsfernsehsendung. Durch ihre gemeinsamen Fernsehabende flüchten sie zunehmend in die digitale Welt der Serie, vor allem Maddy entwickelt eine regelrechte Obsession. Schließlich versucht sie, Owen nach der wöchentlichen Folge zu überreden, gemeinsam wegzulaufen und die Stadt hinter sich zu lassen. Zunächst ist er dieser Idee aufgeschlossen, bringt es aber letztlich nicht übers Herz, seine Familie zu verlassen. Maddy verschwindet jedoch spurlos, The Pink Opaque wird abgesetzt, und Owens Leben normalisiert sich, bis Maddy Jahre später wie aus dem Nichts zurückkehrt.
Die Anziehungskraft digitaler Welten
I Saw the TV Glow ist nach We Are All Going to the World’s Fair der zweite Film in Jane Schoenbruns „Screen-Trilogie“. Wie bereits beim Vorgänger handelt es sich um einen Coming-of-Age-Horrorfilm, der die Beziehung Jugendlicher zu Fernsehen und Internet thematisiert. Inspiriert von eigenen Erfahrungen inszeniert Schoenbrun die Faszination und Anziehungskraft, die digitale Medien auf junge Menschen ausüben können. In I Saw the TV Glow wandelt sich der vermeintlich harmlose Zeitvertreib zu Realitätsflucht und fast hypnotischer Obsession.
Realitätsflucht
Kinogänger mögen die Ängste der beiden Protagonisten nicht exakt teilen, doch der Wunsch, der Realität zu entfliehen, zumindest für eine Weile, dürfte niemandem fremd sein. Beide Figuren kämpfen mit Trauer, familiären Problemen und Zukunftsängsten: Owen leidet unter Einsamkeit und Mobbing, Maddy ringt mit ihrer Sexualität und dem Trauma von Missbrauch. The Pink Opaque bietet ihnen keine utopische Traumwelt. Im Gegenteil, in jeder Folge wird diese Welt von Bösewichten bedroht, allen voran von Mr. Melancholy. Doch Maddy und Owen identifizieren sich mit den Heldinnen der Show, fühlen sich zugehörig und wie Teil derselben Mission – ein gemeinsamer Weg der Traumaverarbeitung.
Für beide verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Während sich Maddy immer mehr in The Pink Opaque verliert, lehnt Owen ihr Angebot, mitzukommen, letztlich ab. Daraufhin fragt er sich jahrelang, ob er die falsche Entscheidung getroffen hat. Welche Realität „objektiv“ wahr ist, spielt in I Saw The TV Glow keine Rolle. Vielmehr reflektiert der Film die Angst, eine falsche Wahl zu treffen, die Angst, das eigene Leben wie als Zuschauer zu beobachten, durch die Scheibe eines Fernsehers.
Ein atmosphärisches Meisterwerk
Auch technisch lässt I Saw The TV Glow Zuschauer in eine Welt abtauchen, die auch unabhängig der Nostalgie-Flashbacks zum Verweilen einlädt. Sound, Musik und Szenenbild entwickeln passend zur Thematik des Films eine fast hypnotische Wirkung. Die Effekte lassen die Realität des Films immer wieder mit der Fiktion des The Pink Opaques verschwimmen und schaffen so eine immersive Atmosphäre, die perfekt auf die Handlung und das übergeordnete Thema des Films abgestimmt ist. Schauspielerisch liefern beide Hauptdarsteller eine herausragende Leistung ab. Trotz der Komplexität ihrer Figuren haben Justice Smith und Jack Haven keinerlei Probleme, kompliziert zu spielende Gefühle wie Verlorenheit, Unsicherheit und Trauer glaubwürdig darzustellen.
OT: „I Saw the TV Glow“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Jane Schoenbrun
Drehbuch: Jane Schoenbrun
Musik: Alex G
Kamera: Eric Yue
Besetzung: Justice Smith, Jack Haven, Ian Foreman, Helena Howard, Lindsey Jordan, Danielle Deadwyler, Fred Durst
Sundance 2024
Berlinale 2024
SXSW 2024
Transit 2024
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