
Obwohl sie grundverschieden sind, sind die Geschwister September (Pascale Kann) und July (Mia Tharia) unzertrennlich. Während ihre Schwester introvertiert und schüchtern ist, tritt September sehr selbstsicher auf, legt sich an der Schule mit Lehrern wie auch Mitschülern an und lässt sich selbst von ihrer Mutter Sheela (Rakhee Thakrar) nicht alles gefallen. Nach einer besonders heftigen Auseinandersetzungen an der Schule sind die beiden suspendiert, sodass Sheela beschließt, dass es Zeit für eine Luftveränderung ist. Sie ziehen in das Haus ihrer Großmutter an der englischen Küste, wo sich Sheela versucht, von ihrer Depression zu erholen. September und July hingegen langweilen sich in dem alten Haus und erkunden die Umgebung. Sie denken sich Spiele aus, die ihnen die Zeit vertreiben, doch als sich July in einen der Jungen verliebt, die sie am Strand treffen, kommt es zu einem ersten Konflikt zwischen den Schwestern, die sich geschworen haben, alles miteinander zu teilen.
Wie Menschen leben
Mit September & July legt die durch ihre Rollen in The Souvenir und Flux Gourmet bekannte Schauspielerin Ariane Labed ihr Debüt als Regisseurin vor. Auf die Frage, welche Themen sie als Drehbuchautorin und Filmemacherin interessieren, erklärt Labed, dass sie das Leben in der Moderne fasziniere oder, genauer gesagt, wie sich Initiationsrituale im Laufe der Zeit verändert haben. In einer Zeit, in der Kategorien scheinbar ihren Wert verloren haben oder immer wieder neu definiert werden, müsse besonders die Kunst nach Mitteln suchen, diese Ideen auszudrücken. In September & July wird daher weit mehr als eine Geschichte um das Erwachsenwerden erzählt, sondern es geht zugleich um Beziehungsmodelle und Autoritäten.
Der Originaltitel des Films ist September Says und wenn man den Film gesehen hat, wird man wissen, dass dieser wohl am besten zu der Geschichte passt. Als Variation des Spiels „Simon Says“ gibt September ihrer Schwester immer wieder Aufgaben, die von harmlosen Streichen bis hin zur Selbstverletzung oder Sachbeschädigung gehen können. Die Idee, Grenzen zu überschreiten und die Komfortzone zu verlassen, scheint die Aufgabe der Schwester zu sein, sodass July mutiger, frecher und selbstbewusster in die Welt zieht. Die Welt, die Labed in ihrem Film zeigt, meint es derweil nicht gut mit jenen, die nicht der Norm entsprechen und sich anders benehmen.
September & July bedient sich der Themen, die man aus Filmen über das Erwachsenwerden kennt, ist aber erzählerisch und ästhetisch wesentlich näher an dem Kino eines Yorgos Lanthimos oder einer Athina Rachel Tsangari (Attenberg). Die beiden Schwestern und ihre Mutter verzweifeln an dieser Welt, haben nicht gelernt, wie man in ihr lebt oder gar wie man sich gegen die diversen Hindernisse wehrt, die einem tagtäglich in den Weg gelegt werden. Während die Mutter immer mehr in die Depression abzugleiten droht, ziehen die Schwestern sich in ihre Welt zurück und geben einander Schutz. Doch auch diese Blase droht zu zerplatzen.
Phasenweise Normalität
September & July ist eine Geschichte, die immer mehr ins Surreale und damit in die Innenwelt der Figuren abdriftet. Gerade in der zweiten Hälfte, als die äußeren Einflüsse, die auf die Charaktere einwirken, etwas minimiert sind, wird Labeds Film abstrakter und es wird zunehmend schwieriger, Realität und Fantasie voneinander zu unterscheiden. Insbesondere Mia Thrai und Rakhee Thakrar überzeugen als Frauen, die sich zwischen diesen beiden Extremen entscheiden müssen und an dem Druck, der mit dieser Entscheidung einhergeht, zu zerbrechen drohen. Die Isolation ist für die eine ein Segen, während die andere die Flucht nach vorne antritt und damit die Beziehung zu ihrer Schwester auf die Probe stellt.
Als Zuschauer folgt man dieser Geschichte mit einer Mischung von Nähe und Distanz, die auch in der Inszenierung bewusst betont wird. Mal ist man ganz nahe bei den Figuren, doch dann wird man von einer ihrer Aussagen oder ihrer Taten vor den Kopf gestoßen. Die Idee ist an und für sich nicht schlecht und durchaus ansprechend umgesetzt, doch auf die Dauer ist das auch sehr anstrengend, vor allem, da die Auflösung den Zuschauer nicht wirklich überraschen will.
OT: „September Says“
Land: Deutschland, Griechenland, Irland, UK, Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Ariane Labed
Drehbuch: Ariane Labed
Musik: Johnnie Burn
Kamera: Balthazar Lab
Besetzung: Pascale Kann, Mia Tharia, Rakhee Thakrar, Barry John Kinsella, Cai O’Driscoll
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