
Für Dr. Suzanna Parker (Haley Louise Jones) sollte es ein Neuanfang sein, als sie München hinter sich lässt, um in Berlin als Chefärztin der Notaufnahme in dem Hospital Krank anzufangen. Doch die Aufbruchsstimmung weicht bald Frust, als sie erkennen muss, unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wird. So mangelt es an Personal. Es mangelt auch an Geld, was sich unter anderem an der Ausstattung bemerkbar macht, die schon einmal den Geist aufgeben kann. Das sorgt bei den Beschäftigten für Frust, Assistenzärztin Emina Ertan (Şafak Şengül) ist schon auf der Suche nach einem neuen Job. Parker versucht deshalb, das System zu verbessern, führt Regeln ein beim Versuch, das tägliche Chaos zu bändigen. Das kommt nicht bei allen gut an. Vor allem Chirurg Ben Weber (Slavko Popadic), der sich nur mit Drogen durch den Tag rettet, lässt die Neue seine Ablehnung spüren …
Temporeicher Krankenhaus-Hit
Die wenigsten Menschen gehen gerne ins Krankenhaus, aus offensichtlichen Gründen. Und doch genießen Serien, die in Krankenhäusern spielen, nach wie vor eine große Popularität. Sowohl hierzulande wie auch international werden zahlreiche Titel produziert, die von dem Alltag in Kliniken berichten, dabei die Arbeit der Beschäftigten mit persönlichen Schicksalen verbinden. Neuester Zugang in dem Gesundheitszirkus ist dabei KRANK Berlin. Dabei hat die eine turbulente Vergangenheit hinter sich. Ursprünglich mal für Sky konzipiert, wanderte sie später zu ZDFneo, hätte im Sommer 2024 Premiere feiern sollen, wurde dann aber kurzfristig verschoben, nur um mehr als ein halbes Jahr später bei Apple TV+ aufzutauchen. Eine TV-Ausstrahlung ist auch angedacht, aber erst später. Das klingt nach einem Produkt, das niemand wirklich haben wollte. Und doch ist der deutsche Beitrag sehr sehenswert geworden.
Ein Unterschied zu vielen anderen hiesigen Serien ist das Tempo. Da KRANK Berlin in einer Notaufnahme spielt, ist ständig Druck und Hektik angesagt, schließlich kommen andauernd neue Leute, die sich schwer verletzt haben oder unter akuten Schmerzen leiden. Zeit ist da Mangelware. Der Druck wird durch die widrigen Umstände noch erhöht. Die Serie prangert die widrigen Bedingungen im Gesundheitssystem an, vergleichbar zum aktuellen Kinohit Heldin oder auch In den besten Händen vor knapp drei Jahren, dort war es die Notaufnahme in einem Pariser Krankenhaus. Insofern wird hier prinzipiell nichts Neues erzählt, dass das alles marode ist und nur notdürftig zusammengehalten wird, ist kein Geheimnis. Die Umsetzung überzeugt aber. So gibt es immer wieder spannende Szenen, wenn gerade wieder alles schiefzugehen scheint. In einer Episode etwa fallen alle Computer aus, weshalb nur noch analog gearbeitet werden kann. Hinzu kommen inszenatorische Spielereien, beispielsweise durch verfremdete Bilder.
Ambivalenz und viel Drama
Gleichzeitig menschelt es sehr. Nach und nach erfahren wir mehr über die Menschen, die in dem Krankenhaus arbeiten. Im Fokus stehen dabei natürlich Parker und Weber, die antagonistisch eingeführt werden, sich mit der Zeit zusammenraufen. Aber auch die anderen bekommen Hintergrundgeschichten oder machen Entwicklungen durch. Nicht alle davon sind positiv. Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie ambivalent die Figuren in KRANK Berlin zum Teil sind. Nicht einmal Parker, die zunächst als integres Gegenstück eingeführt wird, bleibt davon verschont. Gleichzeitig werden die Charaktere nicht einseitig verurteilt. Sieht man einmal von Klinikchef Steffen Beck (Peter Lohmeyer) ab, der mit seiner berechnenden Kaltschnäuzigkeit zum Feindbild degradiert wird, haben die wichtigen Figuren positive wie negative Eigenschaften. Das erhöht die Identifikationsfläche, macht es manchmal aber auch schwierig, ein Urteil zu fällen.
Da auch das Ensemble sehr gute Arbeit leistet, ist der Ersteindruck hervorragend. Temporeich und zugleich nuanciert wird da hinter die Kulissen geschaut, Unterhaltung und Information gehen Hand in Hand. Im Verlauf der acht Folgen kippt dieses Verhältnis jedoch zunehmend. Was als realistisches Porträt des täglichen Wahnsinns startet, wird mit der Zeit immer konstruierter. Da kommt es dann zu dramatischen Zuspitzungen, unglaublichen „Zufällen“, alles wird größer gemacht, als es ist. Das ist dann schon fesselnd, passt aber nicht zum eigenen Anspruch. Das hätte auch alles eine Nummer kleiner gehen können, mehr Dokumentation als Aufbauschung. Wen das nicht stört, findet mit KRANK Berlin eine packende Alternative zu den oft kitschigen Krankenhausserien. Insofern darf man auf eine etwaige zweite Staffel gespannt sein, zumal das Ende eine Menge Änderungen verspricht, die noch mehr Konflikte und Probleme mit sich bringen dürften.
OT: „KRANK Berlin“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Alex Schaad, Fabian Möhrke
Drehbuch: Paulina Lorenz, Raquel Dukpa, Korbinian Hamberger, Julia Drache, Anika Soisson
Musik: John Gürtler, Jan Miserre
Kamera: Tim Kuhn, Jieun Yi
Besetzung: Haley Louise Jones, Slavko Popadić, Şafak Şengül, Aram Tafreshian, Samirah Breuer, Bernhard Schütz, Peter Lohmeyer, Benjamin Radjaipour
Ihr wollt mehr zu der Serie erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Haley Louise Jones und Slavko Popadic zu unterhalten, die die beiden Hauptrollen spielen. Im Interview zu KRANK Berlin sprechen wir über die Vorbereitungen, aber auch, was sie durch die Erfahrungen selbst gelernt haben.
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