Tango Shalom
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Tango Shalom

Tango Shalom
„Tango Shalom“ // Deutschland-Start: 19. Oktober 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Moshe Yehuda (Jos Laniado) lebt mit seiner Frau Rachel (Judi Beecher) und den Kindern im einem streng religiösen Viertel von New York. Er ist Rabbi, befolgt die Regeln des orthodoxen jüdischen Chassidismus und tanzt wie ein Derwisch. Aber die religiöse Schule, in der er unterrichtet, steht kurz vor der Pleite. Und um sie zu retten, muss er einen Zweitjob suchen. Bei seinen Streifzügen durch die benachbarten Viertel stößt er auf die Tangoschule von Viviana Nieves (Karina Smirnoff), die sofort sein Talent erkennt. Gemeinsam wollen sie einen hoch dotierten Tanzwettbewerb gewinnen, um ihre jeweiligen finanziellen Probleme zu lösen. Die Krux ist nur: Als verheirateter Rabbi darf Moshe keine andere Frau berühren als seine eigene – schwer vorstellbar beim schwül-leidenschaftlichen, äußerst körpernahen Tango Argentino. Wie Moshe alle Weltreligionen befragt, um schließlich selbst auf eine äußerst skurrile Lösung zu kommen, erzählt Gabriel Bolognas Tanzkomödie in einem charmanten Feelgoodmovie mit einer zutiefst humanen Unterströmung.

Tags schüchtern, nachts heißblütig

Die Kinder sind im Bett und Moshe tritt nackt aus dem Bad ins Schlafzimmer. Er fuchtelt mit den Armen, dreht sich um die eigene Achse und stampft mit dem Fuß auf wie ein spanischer Torero: „Tagsüber bin ich ein schüchterner Chassid, aber nachts bin ich Fernando Caliente, der heiße chassidische Stierkämpfer“. Sagt‘s und stürzt sich auf die sehnsüchtig wartende Ehefrau, die die Freude am erotischen Vergnügen völlig ungezwungen mit ihrem Rabbi teilt. Das ist vielleicht die extremste der Szenen, die das orthodoxe Leben ganz anders zeigen, als man gemeinhin annimmt: nämlich durchaus sinnenfreudig und lange nicht so trist, wie die schwarze Kleidung, das ständige Gebetswippen und die altmodische Hüten vermuten lassen. Moshe und seine Familie befolgen die Regeln, aber sie lassen sich davon den Spaß am Leben nicht verderben. Sie sind beides: ebenso gottesfürchtig wie dem Humor und den anderen schönen Seiten des Lebens zugewandt.

Auf die Idee, einen Rabbi Tango tanzen zu lassen, muss man erstmal kommen. Aber sie klingt weniger abwegig, wenn man in einem Interview liest, dass der Hauptdarsteller, der zugleich das Drehbuch schrieb, selbst praktizierender Jude und Tangotänzer ist. Als er einmal die Rabbis nach ein paar Drinks auf einem Fest tanzen sah, kam ihm die Idee, wie es denn wäre, die talentierten Tänzer auf Gottes Geheiß – oder zumindest mit dessen Duldung – der sündigen Verführung des argentinischen Paartanzes auszusetzen. Damit stieß er auf offene Ohren bei Regisseur Gabriel Bologna, dem langjährigen Schauspieler und Regisseur, der früher eher ein Faible für Horror-Komödien hatte (Boston Killer Babes – Böse Mädchen, blutige Nächte, 2009) und sich hier an eine ganz andere Spielart des komischen Fachs wagt.

Mit viel Herzblut

Deutlich zu spüren ist das Herzblut, mit dem eine kleine Crew die amerikanische Independent-Produktion auf die Beine stellte. Im Abspann liest man viele Namen der beiden Familien Bologna und Laniado, unter anderem den des renommierten Schauspielers Joseph Bologna, dem Vater des Regisseurs, der hier einen katholischen Geistlichen spielt und leider nach Abschluss der Dreharbeiten verstarb. Zudem ist Zizi Bologna, Gabriels Frau, mit an Bord, die für die Musik und die Produktion zuständig war. Zwar kommt das Drehbuch etwas holprig daher, das von allzu vielen „Zufällen“ lebt. Aber dieser Mangel wird wettgemacht durch eine humorvolle Haltung des Respekts und der Offenheit für andere Kulturen und Lebensweisen, die den Film von der ersten bis zur letzten Minute trägt. Religiöse Toleranz wird zwar schon in Lessings Nathan der Weise gepredigt, aber gerade in der heutigen Zeit kann man gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, anderen Kulturen und Glaubensrichtungen auf Augenhöhe zu begegnen.

Natürlich darf die verrückte Lösung des Problems, die Frau beim Tango nicht zu berühren, keineswegs vorab verraten werden. Aber sie sorgt für aberwitzige Situationskomik und trägt den Film über weite Strecken. Virtuos sind zudem die kunstvoll choreographierten Tango-Szenen, die auf höchstem Niveau übers Parkett wirbeln. Das kommt nicht von ungefähr: Karina Smirnoff, die Moshes Tanzpartnerin spielt, ist eine professionelle Turniertänzerin, die schon fünf US-Meisterschaften und viele andere internationale Turniere gewonnen hat. Ihr und den anderen Paaren zuzusehen, die vor allem gegen Filmende eine Menge Filmzeit bekommen, ist ein Vergnügen für sich, das sich bestens mit dem Schwung und der Lebensfreude einer Wohlfühlkomödie paart.

Credits

OT: „Tango Shalom“
Land: USA
Jahr 2021
Regie: Gabriel Bologna
Drehbuch: Jos Laniado
Musik: Zizi Bologna
Kamera: Massimo Zeri
Besetzung: Jos Laniado, Karina Smirnoff, Renee Taylor, Lainie Kazan, Judi Beecher, Claudio Laniado, Joseph Bologna

Bilder

Trailer

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Tango Shalom
fazit
„Tango Shalom“ erzählt von der kuriosen Idee, den Tango Argentino tanzen zu wollen, ohne sich zu berühren. Trotz eines von zu vielen „Zufällen“ dominierten Drehbuchs besticht die Komödie durch den warmherzigen Charme, mit der sie für Offenheit und Toleranz unter den Menschen wirbt.
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