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Der Bozen-Krimi: Die Todsünde

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„Der Bozen-Krimi: Die Todsünde“ // Deutschland-Start: 16. Februar 2023 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Die Verwunderung ist groß bei Sonja Schwarz (Chiara Schoras), als sie auf ihrer Türschwelle ein Neugeborenes findet. Wer ist dieses Kind? Und wo sind die Eltern? Kurze Zeit später erfährt sie die traurige Nachricht, dass Helena Egger (Annalena Hochgruber), die junge Mutter des Kindes, bei einem Sturz von einer Bergklippe ums Leben gekommen ist. Ein tragischer Unfall oder hat sie jemand hinuntergestoßen? Die Spurensuche führt Schwarz und ihren Kollegen Jonas Kerschbaumer (Gabriel Raab) zu den Eltern Marianne (Meike Droste) und Theresa (Linda Berthold). Diese sind Teil einer streng religiösen Gemeinschaft, die von Franz de Billio (Oliver Stokowski) geleitet wird und den Sex vor der Ehe kategorisch ablehnt. Aber würde das als Motiv ausreichen, um die junge Frau deswegen zu töten?

Aus der Zeit gefallen

Idyllische Landschaft trifft auf brutale Morde: Das ist das Erfolgsrezept zahlreicher Krimireihen, die das Erste am Donnerstagabend ausstrahlt. Das gilt gerade auch für Der Bozen-Krimi. Zwar ist der Inhalt dort meistens nicht erwähnenswert, teilweise sogar grauenvoll. Die schönen Bilder aus der norditalienischen Landschaft lassen einen das aber zuweilen vergessen. Letzte Woche bei Weichende Erben etwa war der Kriminalfall nur 08/15-Standardware aus der Drehbuchfabrik. Das Setting um kleine Kanalanlagen in den Bergen war aber so reizvoll, dass man zumindest gut zusehen konnte. Bei Die Todsünde, dem 18. Teil der 2015 gestarteten ARD-Krimireihe, klappt das nicht mehr ganz so gut, obwohl am Prinzip nicht viel geändert wurde.

Dass es sich um eine abgelegene Gegend handelt, wird hier noch durch die religiöse Gemeinschaft verstärkt. Auf moderne Technologie wie Handys wird verzichtet, wobei Ober-Fundi de Billio regelmäßig im Radio auftritt. Gesellschaftliche Errungenschaften der letzten Jahrhunderte werden konsequent ausgeblendet, wozu eben auch die körperliche Selbstbestimmung von Frauen zählt. Der Bozen-Krimi: Die Todsünde zeigt Menschen, die völlig aus der Zeit gefallen sind. Was genau sie an diesen Ort geführt hat, wird jedoch nicht verraten. Drehbuchautor Sven Halfar (Tatort: Propheteus) hat kein Interesse daran, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Oder auch mit den Figuren, die an diesem Ort leben und bei denen man bis zum Schluss nicht weiß, wer sie als Individuen sind.

 

Damit verbunden ist eine deutlich religionskritische, wenn nicht gar religionsfeindliche Einstellung. Schwarz darf als Vertreterin einer offenen, liberalen und antiautoritären Gesellschaftsordnung unentwegt gegen die Gemeinschaft, deren Überzeugungen und den geistigen Anführer wettern. Das ist natürlich legitim, nicht wenige vor den Fernsehern werden ihrer Einstellung folgen. Es reicht aber nicht allein für einen spannenden Film. Der Bozen-Krimi: Die Todsünde ist so besessen von dem Gedanken, Klischees rund um kollektive Religiosität zu bestätigen, dass dabei glatt vergessen wird, auch etwas Eigenes zu erzählen. Gerade der von Oliver Stokowski (Horst Lichter: Keine Zeit für Arschlöcher) verkörperte Gegenspieler ist nicht mehr als Karikatur, lässt manchmal den Eindruck entstehen, dass es sich hierbei vielleicht um eine Satire handeln könnte.

Das fällt auch deshalb negativ auf, weil der Kriminalfall selbst mal wieder sehr uninteressant geworden ist. Theoretisch funktioniert das hier zwar als klassischer Whodunnit, wenn eine Reihe von Leuten aus dem Umfeld der Toten verantwortlich sein könnten. Schließlich war die gerade dabei, sich von der Gemeinschaft zu lösen. Anders als das thematisch ähnliche Mord im Auftrag Gottes, wo der Glaube untrennbar mit Gewalt verbunden ist, wird es hier nie richtig plausibel, warum jemand Helena umgebracht haben sollte. Das gilt auch für die Auflösung, die einfach irgendwie da ist und wenig Befriedigung für ein Publikum bietet, das gern rätseln möchte. Immerhin: Das Ensemble ist besser als bei so manch anderem Teil der Reihe, wo bei den Nebenfiguren sehr fragwürdige Besetzungen stattfanden. Und die Bilder sind wie immer hübsch. Das allein reicht aber kaum aus, um Der Bozen-Krimi: Die Todsünde weiterempfehlen zu können.

Credits

OT: „Der Bozen-Krimi: Die Todsünde“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Sabine Derflinger
Drehbuch: Sven Halfar
Musik: Thomas Klemm
Kamera: Eva Testor
Besetzung: Chiara Schoras, Gabriel Raab, Lisa Kreuzer, Charleen Deetz, Hanspeter Müller-Drossaart, Valentina Emeri, Oliver Stokowski, Bert Tischendorf, Meike Droste, Linda Berthold, Annalena Hochgruber, Simon Frühwirth, Rojan Juan Barani

Bilder

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Der Bozen-Krimi: Die Todsünde
fazit
„Der Bozen-Krimi: Die Todsünde“ ist mal wieder ein sehr mäßiger Teil der Krimireihe. Zwar gibt es erneut schöne Bilder aus der italienischen Provinz, dazu ein kompetentes Ensemble. Die Geschichte um eine junge Frau, die sich von einer religiösen Gemeinschaft lösen wollte und dabei getötet wurde, kennt aber nur die üblichen Klischees.
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