Hive
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„Hive“ // Deutschland-Start: 8. September 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Nach dem Kosovokrieg sind viele Familien in dem Dorf Krusha de Madhe zerbrochen, da die Männer den Massakern zum Opfer fielen. Wie viele andere Frauen auch ist Fahrije (Yllka Gashi), deren Mann als vermisst gilt, von der Hilfe der Regierung abhängig. Doch deren Beamte arbeiten sehr langsam und es dauert immer eine gefühlte Ewigkeit, bis endlich eine Leiche identifiziert wurde. In der Zwischenzeit muss Fahrije von der Sozialhilfe leben, ist es Frauen traditionell doch nicht erlaubt, selbst zu arbeiten oder für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Alleine schon, dass Fahrije durch Imkerei und den dadurch verkauften Honig, sich etwas Geld dazu verdient, wird vor allem von den noch übrigen Männern in Krusha de Madhe als Verstoß gegen die Ordnung gesehen. Doch da das Geld für die Familie kaum ausreicht, muss sie sich eine neue Arbeit ausdenken.

Mit einigen Mitstreiterinnen will sie hausgemachtes Ajvar herstellen, welches in einem nahen Supermarkt verkauft werden soll, wobei sie am Gewinn beteiligt werden. Auch wenn einige Frauen den Spott und den Tratsch im Dorf fürchten, helfen sie Fahrije, die sie folglich am Gewinn beteiligt und immer mehr die Rolle einer Unternehmerin annimmt. Jedoch hat sie den Zorn der Gemeinde unterschätzt, die ihre Arbeit als eine Respektlosigkeit gegenüber dem Andenken an ihren Mann ansehen. Als Fahrije unbeeindruckt ist von den Drohungen gegen sie und dem Widerstand in der eigenen Familie, eskaliert die Situation.

Familie und Gemeinschaft

Als die aus dem Kosovo stammende Regisseurin Blerta Basholli gerade an einer anderen Arbeit in Brooklyn saß, wurde sie von ihrem Ehemann auf die Geschichte Fahrije Hotis hingewiesen, einer Kosovarin, die im Krieg ihren Mann verloren hatte und ihrem Kampf gegen die Dorfgemeinschaft, der sie angehört. Wie Basholli in Interviews beschreibt, war es dieser Zwiespalt der Gastfreundschaft, die ihre Heimat nach außen hin zeigt, und jenem patriarchalen System, welches Hotis Steine in den Weg legte, als sie ihre Familie ernähren wollte. In Hive erzählt Basholli die Geschichte dieser Frau und wurde bereits auf dem Filmfest Hamburg, dem Internationalen Filmfestival Warschau sowie dem Sundance Film Festival 2021 mit diversen Auszeichnungen geehrt.

Es sind eigentlich basale Dinge, welche die Hauptfigur, wie auch viele der anderen Frauen, die man in Hive sieht, für sich und ihre Familie wollen. Neben der Gewissheit über den Tod ihrer Angehörigen, die nach so vielen Jahren nach den Ende des Krieges immer noch als vermisst gelten, gehören dazu eine Sicherheit in ihrem Leben, eine soziale wie auch wirtschaftliche. Mit einer fast schon semi-dokumentarischen Ästhetik erzählt Basholli von dieser Frau sowie ihrem Umfeld, dem Dorf wie auch ihrer Familie, wie ihre Entscheidungen angenommen werden und welche Konsequenzen, im Großen wie im Kleinen, diese haben. Der im Titel angesprochenen Bienenstock wird hierbei zu einer Metapher für die Dorfgemeinde, die gemäß einer Vorstellung von Weiblichkeit und Maskulinität funktioniert und dabei ihren Mitgliedern wenig Raum zum Atmen lässt. Entsprechend klaustrophobisch sind die Bilder, in denen Fahrije eingeengt wirkt, wie in einer Sackgasse, doch immer auf der Suche nach einem Ausweg.

„Dein Platz bei uns.“

In der Hauptrolle gibt Yllka Gashi eine wirklich starke Vorstellung einer Frau, die durch ihre Handlungen eine Dorfgemeinschaft und sogar ihre Familie gegen sich aufbringt. Es ist keine Darstellung, die vieler Worte bedarf, wobei Gashi klugerweise auf wenige Gesten und ein zurückhaltendes Spiel setzt, wenn es darum geht, die Gefühle ihrer Figur anzudeuten. Man erhält als Zuschauer eine Ahnung des Kampfes, sieht man in ihr Gesicht, welches unbewegt und mit raschen Handgriffen Leichensäcke bei einem gerade aufgehobenen Massengrab öffnet, angetrieben von der vagen Hoffnung, endlich für sich und ihre Familie Gewissheit zu erhalten.

Neben der Inszenierung Bashollis ist es auch die Kombination mit den Bildern Alex Blooms, welche maßgeblich zu der Wirkung des Films beitragen. Das Umfeld der Protagonistin wird zu einer Erweiterung der feindseligen Atmosphäre in der Dorfgemeinde, deren Traditionen über allem stehen und wie eine unsichtbare Hand über das Leben der Menschen bestimmen.

Credits

OT: „Hive“
Land: Kosovo, Schweiz, Albanien, Nordmazedonien
Jahr: 2021
Regie: Blerta Basholli
Drehbuch: Blerta Basholli
Musik: Julien Painot
Kamera: Alex Bloom
Besetzung: Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi, Kumrije Hoxha, Adriana Matoshi, Molikë Maxhuni, Blerta Ismaili, Kaona Sylejmani, Mal Noah Safqiu

Bilder

Trailer

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Hive
Fazit
„Hive“ ist ein Drama über den schwierigen Kampf gegen Traditionen und die damit verbundenen Rollenbilder. Besonders dank der Bilder sowie einer starken Hauptdarstellerin weiß Blerta Bashollis Film zu überzeugen, wobei der Zuschauer bedrückt zurückbleibt.
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