Liberame - Nach dem Sturm
Friedrich Mücke in "Liberame - Nach dem Sturm" (© ZDF/Marion von der Mehden)

Friedrich Mücke [Interview 2022, „Liberame – Nach dem Sturm“]

Liberame – Nach dem Sturm (am 5. und 7. September 2022 ab 20.15 Uhr im ZDF) begleitet eine Freundesclique, die während eines Segeltörns auf dem Mittelmeer einem Boot voller Flüchtlinge begegnet. Anfangs ist die Hilfsbereitschaft gegenüber den Notleidenden groß. Doch dann stellt sich die Frage: Sollen sie das Boot abschleppen und sich damit selbst in Gefahr bringen? Friedrich Mücke spielt in der Serie den Kapitän des Segelschiffs und muss gemeinsam mit den anderen die schwierige Entscheidung fällen. Wir haben uns mit dem Schauspieler während der Premiere auf dem Filmfest München 2022 getroffen und über die Serie unterhalten.

Was hat dich an Liberame – Nach dem Sturm gereizt? Warum wolltest du bei der Serie mitspielen?

Ich mochte beim Lesen beispielsweise die Erzählweise. Natürlich hast du das auch bei anderen Filmen und Serien, dass sie auf verschiedenen Zeitebenen spielen und wir nach und nach mehr herausfinden. Ich fand es aber sehr gut gemacht, wie wir hier immer wieder zwischen der einen Nacht damals auf dem Boot und der Gegenwart wechseln. Das entwickelt einen sehr schönen Sog. Dann war das Thema Flucht; Ein sehr wichtiges Thema mit einer aktuell gesellschaftlichen Relevanz. Die moralischen Fragen, die Liberame aufwirft, haben mich interessiert. Die Situation ist dabei einzigartig und doch absolut möglich. Und natürlich muss für mich als Schauspieler auch die Rolle stimmen. Das Dilemma kann noch so spannend sein: Wenn ich mit der Figur nichts anfangen kann, dann bringt das wenig. Für mich war dabei weniger die Frage, wie ich in der Situation gehandelt hätte, sondern wie ich jemanden spiele, der diese Situation durchgemacht hat.

Weißt du denn, wie du in der Situation reagiert hättest?

Eben nicht. Ich glaube auch nicht, dass jemand wirklich eine Antwort darauf geben kann, der nicht in der Situation gewesen ist. Natürlich habe ich viel darüber nachgedacht und mich auch mit den anderen darüber unterhalten, mit dem Regisseur Adolfo Kolmerer oder den anderen Schauspielern. Aber wenn du auf dem Wasser bist und als Kapitän die Verantwortung trägst, auch für die eigenen Leute: Das ist ganz schwer zu beantworten. Eigentlich handelt die ganze Serie davon, dass du diese Frage nicht beantworten kannst. Du willst im Leben natürlich immer gern Klarheit haben und ganz eindeutige Antworten. Manchmal gibt es die aber einfach nicht. Und das fand ich an Liberame sehr spannend.

Bei dieser Entscheidung muss zwischen der Verantwortung für andere und der Verantwortung für sich selbst abgewogen werden. Wie findet man ganz allgemein die Balance aus Fremd- und Eigenverantwortung?

Das kann ich so gar nicht beantworten. Aber es schadet nicht, sich damit einmal auseinanderzusetzen und diese Komplexe zu beleuchten. Ich denke, dass der Mensch im Zweifelsfall sich doch in erster Linie für das eigene Überleben interessiert. Du kannst ganz viele Ideale haben und diese theoretisch begründen. Wenn du auf einmal diesem Ideal aber gerecht werden musst, sieht das in der Praxis ganz anders aus. Oder es kann zumindest anders aussehen.

Ist es denn falsch, in solchen Situationen an das eigene Überleben zu denken?

Ich tue mir ein bisschen schwer damit, an der Stelle Begriffe wie richtig oder falsch zu verwenden. Ich denke, dass es vor allem menschlich ist. Es gehört zum Menschen dazu, dass er sich um das eigene Überleben oder das der eigenen Familie sorgt und alles dafür tut. So wie es zum Menschen dazu gehört, dass er z.B. einen Fuß hat. Dass wir diesen Selbstschutz haben, ist richtig und auch sinnvoll. Schwierig wird es, wenn du dich entscheiden musst, ob du dein Leben riskierst für einen anderen Menschen. Denn Mitgefühl und Empathie gehört auch zum Menschsein. Das macht die Sache so interessant und so groß.

Jan ist gezwungen, diese unmenschliche Entscheidung in der Praxis zu treffen. Wie geht er damit um?

Im späteren Verlauf ist viel Verdrängung dabei. Er hat seit der Nacht auf dem Meer viel Energie verloren, weil eine solche Erfahrung viel Energie zieht. Er ist unechter geworden, versteckter, weil er versucht hat, die ganze Geschichte zu vergessen, um sich nicht damit zu beschäftigen. Auch das war für mich als Schauspieler spannend, weil ich natürlich einen Weg für mich finden musste, so jemanden zu spielen.

Für das Publikum ist nicht nur die Frage spannend, was das mit den Figuren macht. Eine andere ist: Was genau ist in dieser Nacht eigentlich geschehen. Wie in einem Krimi könnten es ja alle gewesen sein. Hattest du beim Lesen des Drehbuchs einen Verdacht, wie die Auflösung ist?

Ich hatte ganz klar einen Verdacht, weil ich das Original Safe Harbour kannte, die australische Serie, auf der Liberame basiert. Und ich war davon ausgegangen, dass beim Remake die Auflösung gleich bleiben wird. Wobei sie schon ein wenig verändert haben. Beispielsweise ist eine Figur hinzugekommen. Ein paar Sachen wurden angepasst, weil der Schauplatz von Australien nach Hamburg verlegt wurde. Manche Geschichten wurden ausgeweitet. Mehr will ich gar nicht verraten. Ich kann aber sagen, dass ich bei Safe Harbour wirklich bis zum Ende gerätselt habe, was passiert ist. Ich wollte unbedingt wissen, was die Antwort ist und hoffe natürlich, dass es unserem Publikum genauso geht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Friedrich Mücke wurde am 12. März 1981 in Berlin geboren. Von 2003 bis 2007 studierte er an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin. Sein erster großer Kinofilm war die Komödie Friendship! an der Seite von Matthias Schweighöfer, mit dem er anschließend noch die Filme What a Man (2011), Russendisko (2012) und Vaterfreuden (2014) drehte. Außerdem war er in dem historischen Thriller Ballon von Michael Bully Herbig und diversen Tatort-Filmen zu sehen.



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