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Die Kritikeranalyse #9: Film plus Kritik [Interview]

Willkommen zur neunten Ausgabe der Kritikeranalyse. Dieses mal beehrt uns Christian Klosz von dem Online-Magazin Film plus Kritik. Auch hier findet sich das Standard-Repertoire vor: Filmreviews, Besprechungen von Neustarts und jede Menge Listen über Themen-Specials. Im Interview kristallisiert sich jedoch schnell heraus, inwieweit sich FpK von anderen Seiten abhebt.

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Für Menschen, die dich nicht kennen: was kann man konkret von deinen Filmkritiken erwarten und in welcher Hinsicht hebt sich Film plus Kritik von anderen Kanälen ab?

Ich denke, dass unsere Kritiken dem Anspruch gerecht werden, fundierte Einblicke in ein Werk und seine Entstehungsbedingungen zu bieten. Sie sollen Fragen aufwerfen, zum Nachdenken anregen und für die Leser einen Mehrwert bieten – egal ob sie vor oder nach der Filmsichtung gelesen werden.

Welche Menschen möchtest du am ehesten mit deinem Kanal ansprechen?

Im Grunde alle. Auch wenn wir den Anspruch haben, anspruchsvoll zu sein, wollen wir mit unserem Zugang, unserer Sprache oder inhaltlichen Schwerpunktsetzung niemanden ausschließen oder unser Publikum eingrenzen. Manche Blogs, Websites oder Medien richten sich gezielt an ein urbanes, akademisches Publikum, was sich in der Sprache und der thematischen Ausrichtung niederschlägt. Wenngleich wir dieses Publikum auch erreichen wollen, soll jeder etwas mit uns anfangen können und sich zuhause fühlen: Vom normalen Filmfan, der einmal im Monat ins Multiplex-Kino geht, über den Heimkino-Nerd mit riesiger BluRay-Sammlung, den Arthouse-Aficionado, bis hin zum Filmwissenschaftler. Am Ende geht es uns um die Liebe für Film und Kino, sonst nichts, und die gehört allen.

Was bedeuten Filme persönlich für dich und warum gerade dieses Medium und nicht beispielsweise Theater, Oper, Musik oder Literatur?

Grundsätzlich schließen diese Medien einander ja nicht aus. Ich lese auch sehr gerne oder höre Musik. Ich denke, das hat sehr viel mit persönlichen Prägungen oder Erfahrungen zu tun. Was mich an Filmen aber am meisten begeistert bzw. welche Filme mich am ehesten erreichen: die, die es schaffen, etwas über das Leben, das Mensch-Sein und unsere individuelle und kollektive Existenz zu erzählen und wo dann auch die ästhetische oder sinnliche Ebene stimmt.

Gab es schon einmal eine Situation, in der du dich mit jemand über einen Film streiten musstest? Wenn ja, was genau ist dein Anspruch? Geht es dir – auch in deinen Kritiken – um den Dialog, um Aufklärung oder doch um etwas ganz anderes?

Das gab es durchaus. Wobei ich unterscheiden würde zwischen „amikalen“ Auseinandersetzungen, etwa in der Redaktion oder unter Freunden und Kollegen, wo es einfach um unterschiedliche Sichtweisen und Rezeptionen geht, was ja durchaus befruchtend sein kann. Und „aggressiven“ Konflikten, wo es dem Gegenüber nur darum geht, seine oder ihre Sichtweise mit aller Kraft zu verteidigen und/oder deine Sichtweise zu diskreditieren, wenn sie von ihrer abweicht. Manche nehmen so etwas sehr persönlich. Ich finde das aber total unnötig, weil es in so einem Fall dann nicht mehr um Dialog, Austausch oder Ähnliches geht, sondern nur mehr um das Rechthaben um jeden Preis. Davon hat niemand etwas. Darum betrachte ich auch die aktuelle Tendenz, wenn Filme ausschließlich auf einer moralischen und politischen Ebene rezipiert werden, mit Sorge. Wenn jeder Film zur Auseinandersetzung um Leben und Tod oder als Vorwand für eine persönliche Vendetta wird, finde ich das nicht nur mühsam, sondern auch langweilig, weil der Film so viele Dimensionen mehr hat als nur diese.

Was würde bei dir passieren, wenn jemand einen Film aufgrund einer gänzlich anderen Herangehensweise gut findet, währendem du diesen Film aus deiner Sicht als schrecklich empfindest? Und denkst du, dass beide Meinungen gleich viel wert sind?

Nichts würde bei mir passieren. Unterschiedliche Meinungen sind völlig normal, sogar zu begrüßen. Die relevantere Frage für mich wäre, wie mit anderen Punkten umgegangen wird, darunter: Kann ich akzeptieren, dass jemand etwas völlig konträr sieht oder nicht? Wenn beide Seiten das bejahen können, ist das doch ideal. Denn wie man so schön sagt: Leben und leben lassen. Über diese unterschiedlichen Sichtweisen kann und soll es durchaus auch Diskussionen geben, auch wenn es bessere und schlechtere Argumente gibt. Aber am Ende sollte man auch akzeptieren können, dass jemand einfach eine andere Meinung hat. Mir ist klar, dass das für viele in einer so polarisierten Zeit wie der unsrigen, wo es oft und für vieles nur zwei Seiten gibt, eine große Herausforderung ist. Aber die müssen wir als Gesellschaft meistern und das sowohl im Kleinen, wie im Großen. Wenn wir das nicht hinkriegen, können wir das mit der menschlichen Zivilisation auch gleich bleiben lassen. Und: Film ist zwar sehr wichtig – aber am Ende ist es doch „nur“ Film. Es gibt viele andere Themen und Bereiche des Lebens, wo hitzige Auseinandersetzungen nachvollziehbarer sind. Aber wer es nicht einmal hier schafft, andere Meinungen zu akzeptieren, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.

Was muss ein herausragender Film bei dir mitbringen?

Er muss mich berühren, persönlich ansprechen und tief im Innern erreichen. Das Allerwichtigste jedoch: Er muss mich zum Nachdenken anregen und mehr Fragen aufwerfen, als mir Antworten zu liefern. Wenn sich nach einem Film ein Gefühl einstellt, dass ich mehr über mich und das Leben weiß als zuvor, dann hat der Film das ganz Große geschafft.

Welche Rolle spielen Gefühle bei der Filmrezeption bei dir? Und ist ein Film automatisch gut, wenn man bspw. Gänsehaut verspürt oder feuchte Augen bekommt?

Es ist auf jeden Fall eine besondere Qualität des Mediums, solche emotionalen Reaktionen evozieren zu können. Filme, die das schaffen, sind sicher ziemlich gut und bleiben einem oft in Erinnerung. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass dies der einzige oder wichtigste Parameter ist. Kubrick-Filmen etwa wird auch oft vorgeworfen kühl, steril und emotionslos zu sein – und trotzdem zählen sie mitunter zu den größten Werken der Filmkunst.

Wie würdest du die Wichtigkeit von Emotionalität, Storytelling, Ideologie (Was sagt ein Film über unsere Welt aus?), Inszenierung, Virtuosität, Ästhetik und weiteren Aspekten bei der Filmrezeption sortieren?

Das könnte ich so pauschal nicht sagen. Es gibt visuell oder ästhetisch herausragende Werke, die wenig emotional sind oder auch keinen großartigen Plot haben, und umgekehrt. Am unwichtigsten würde ich von den aufgezählten Attributen aber Ideologie finden, nicht im Sinne von „was der Film über unsere Welt aussagt“, sondern was der Film über den Urheber oder die Urheberin aussagt oder zum Beispiel politisch bewirken möchte. Das interessiert mich tatsächlich am wenigsten.

Wenn man auf die Entstehungsgeschichte eines Films schaut, angefangen bei der Idee, bis hin zur Umsetzung und dem fertigen Resultat, welche Faktoren spielen die größte Rolle, wenn man den Anspruch hat, ein filmisches Meisterwerk zu kreieren?

Meiner Meinung nach ist Originalität und das Persönliche am Sujet am wichtigsten. Dafür gibt es aber auch einen guten Grund, denn: Ich bin Verfechter der Autoren-Idee, also dass Filme Werke und künstlerische Visionen eines Urhebers oder einer Urheberin sind, die ihre persönlichen Anliegen, Themen, Obsessionen darin verarbeiten. Film als Unterhaltungs-Massenprodukt à la Marvel hat zwar seine Berechtigung, finde ich aber uninteressant. Es gibt in der Hinsicht aber auch diesen schönen Ausspruch von Martin Scorsese, den Bong Joon-Ho auch bei seinem Parasite-Oscar-Gewinn zitiert hat: „The most personal is the most creative“. Diesen Ausspruch würde ich zu 100% unterschreiben.

Schaut man auf Hollywood, hat es den Anschein, dass in manchen Kreisen die Stimmen immer lauter werden und viele Fans mit den neuen Star Wars-Filmen oder selbst mit einem Fast and Furious 9 sehr unzufrieden sind. Bewegt sich Hollywood in Richtung eines Tiefpunkts oder denkst du es braucht solche Filme auch, sodass Regisseure daraus lernen?

Hollywood ist meiner Meinung nach schon an einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Das hat sicher auch mit der kapitalistischen Fortsetzungs-Obsession zu tun. Heißt: Studios produzieren vordergründig nur das, was sichere Einnahmen bringt, Qualität und Kreativität egal. So entstehen gleichförmige und minderwertige Filme ohne Mut und Anspruch und ich würde da durchaus auch viele aktuelle Superheldenfilme dazuzählen.

Zum anderen schadet die immer weiter um sich greifende Politisierung der US-Branche der Qualität enorm, da sie die künstlerische Freiheit und Kreativität noch weiter einschränkt. Es spricht absolut nichts gegen Filme über Minderheitenthemen, mehr Filme von weiblichen Regisseurinnen, schwarzen Filmemachern usw., im Gegenteil – diese Diversität ist grundsätzlich begrüßenswert. Problematisch wird es aber dann, wenn diese Aspekte zum alleinentscheidenden Qualitätsmerkmal werden und sich diese Überzeugung in der Finanzierung, der Produktion und sogar in inhaltlichen Belangen niederschlägt. Ich wüsste nicht, warum ein Film einer Frau besser oder schlechter sein sollte wie der Film eines Mannes oder ein Film über Probleme in afroamerikanischen Communities wertvoller sein sollte wie ein Werk über Probleme in abgehängten ländlichen, weißen Gegenden. Alles erzählt vom Leben und von Menschen. Wenn aber Amazon mit seinen neuen Richtlinien klar definiert, welche Filme „gut“ und „wertvoll“ sind, welche Filme überhaupt produziert werden dürfen, und welche nicht, tätigt man meiner Meinung nach einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Kunst, was der Branche insgesamt viel mehr schaden wird, als dass es ihr nützt. Es ist so kein Wunder, dass sich bestimmte Teile des Publikums davon abwenden und mit vielen aktuellen US-Filmen nichts mehr anfangen können, da sie das Publikum weder erreichen, noch mit deren Lebensrealitäten etwas zu tun haben.

Wie vergleichst du die Filmrezeption, muss ein Film gleich bei der Erstsichtung direkt überzeugen oder würdest du doch eher sagen, dass man einen Film erst im Laufe der Zeit zu schätzen lernt?

Das ist unterschiedlich. Ich persönlich schaue neue Filme meist nur einmal und bilde mir dann mein Urteil. Das verändert sich manchmal mit der Zeit: Filme, die man direkt nach dem Schauen sehr gut fand, vergisst man mit der Zeit, andere wiederum, die man kurz danach nur „okay“ fand, setzen sich im Gedächtnis fest. Auf kollektiver Ebene würde ich sagen, dass sich echte Meisterwerke oft erst mit der Zeit zeigen. Viele Filme, die heute als Meilensteine gelten, wurden beim Erscheinen verrissen, sehr kritisch betrachtet oder gar skandalisiert. Taxi Driver etwa. Oder Verhoevens Geniestreiche Starship Troopers oder Showgirls, die erst Jahrzehnte später verstanden wurden. Darum finde ich eine gewisse Skepsis gegenüber populären Lesarten zu aktuellen Filmen mehr als angebracht.

Womit kannst du dich in der Hinsicht eher anfreunden und warum: ein Film, den du nach der Erstsichtung grandios findest, der aber mit jeder weiteren Sichtung abnimmt, oder ein Film, der von Sichtung zu Sichtung immer weiter wächst?

Vor der Hintergrund meiner letzten Antwort natürlich mit der zweiten Situation.

Kritik ist und bleibt immer subjektiv. Man kann ja aber trotzdem den Anspruch haben, ein wenig Objektivität miteinfließen zu lassen. Sollte da eher eine goldene Mitte gefunden werden oder spielt Objektivität keine so große Rolle?

Ich glaube nicht, dass Kritik rein subjektiv ist. Es gibt schon gewisse Parameter, die objektiv messbar sind: Kameraführung, Storytelling, Schauspiel, Inszenierung usw. Da gibt es Qualitätsunterschiede, die man als Filmkritiker auch ansprechen soll und argumentieren kann. Eher subjektiv ist dann die Frage, ob und inwiefern ein Film den Zuschauer emotional erreicht, berührt oder einfach gefällt. Das hat dann sicher mehr mit Geschmack und dem Rezipienten zu tun als mit dem Urheber des Werks und seinen oder ihren Fähigkeiten. Ich finde zum Beispiel Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist objektiv betrachtet ein gut gemachter Film und ich kann nachvollziehen, dass ihn viele toll fanden. Mich persönlich hat er aber zum Zeitpunkt der Sichtung überhaupt nicht erreicht oder emotional berührt und darum ist er bei mir auch auf keiner Jahresbestenliste gelandet.

Wie sieht deine Meinung generell über andere Kritiker aus? Was genau zertifiziert jemanden zu einem guten Kritiker und gibt es da Kanäle, die du gern verfolgst?

Ich finde solche Kritiker oder Filmexperten interessant, die eine eigene Meinung mitbringen und die auch mal deutlich vom Mainstream abweicht. Die muss ich nicht mal unbedingt teilen, aber sie sollte einen anderen Blick auf einen Film oder ein Thema ermöglichen, der mir bisher verborgen blieb.

Je nach Publikumserfolg reden die meisten Menschen immer nur über die relevantesten Filme oder die, die gerade „in“ sind. Wie siehst du das an, ist das ein Problem? Und was fallen dir für grandiose Neuproduktionen ein, bei denen du vermutest, dass diese wahrscheinlich nur die allerwenigsten kennen?

So läuft einfach das Business. Die interessanteren Sachen finden sich ohnehin seit jeher meist in den Nischen und abseits des Mainstreams. Ich würde nicht behaupten, dass folgende Filme niemand kennt, aber der durchschnittliche Filmfan wird wahrscheinlich eher noch nicht von ihnen gehört haben: an erster Stelle Bad Tales – Es war einmal ein Traum von den D’Innocenzo-Brüdern, First Cow von Kelly Reichardt und Malmkrog von Cristi Puiu. Allesamt klassische „Festival-Filme“, die zudem kürzlich im Kino zu sehen waren. Oder Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen? von Alexandre Koberidze, der meiner Meinung nach bisher beste (und schönste) Film des Jahres. Aus dem Mainstreamkino fällt mir Shock Wave 2 ein (bei uns kürzlich unter dem Titel City under fire erschienen), ein Action-Thriller aus Hongkong, der zeigt, wie Mainstreamfilm 2022 besser funktionieren könnten. Wer auf der Suche nach einer Genre-Perle ist, dem kann ich Adverse mit Mickey Rourke ans Herz legen, der erschien bei uns kürzlich als direct-to-DVD-Veröffentlichung. Und wer lieber Serien schaut, dem will ich unbedingt die neue Amazon-Produktion Outer Range empfehlen. Die ist zwar wohl kein wirklicher Geheimtipp mehr, aber fliegt meiner Meinung nach immer noch etwas unter dem Radar.

Nachdem ich letztens Be Natural über die mutige Filmpionierin Alice Guy-Blaché geschaut habe, interessiere ich mich für Filme, die ihrer Zeit voraus sind und sich etwas trauen. Auf welchen Film warst du zuletzt froh oder stolz, dass man sich mal etwas Waghalsiges getraut hat?

Aus dem westlichen Kino fällt mir da wenig ein, weil ich das US-Kino seit Jahren grundsätzlich sehr mutlos und einförmig finde und wir uns kultursoziologisch momentan in einem Neo-Biedermeier befinden, was durch den gesellschaftlichen Dauerkrisenzustand erklärbar ist. Statt mutige oder provokante Filme, die anecken, dominiert das Wiederkäuen des ewig Selben, weil die Menschen Verlässlichkeit, Vorhersehbarkeit und Sicherheit wollen. Das Resultat: Superheldenfilme nach Schema F, Sequels ohne Ende, Reboots oder Filme mit plattitüdenhaften Moralvorstellungen. Ein Film, der mir da vielleicht einfallen würde, wäre Bad luck banging or looney porn, weil er sich mit Letzterem auf sehr unterhaltsame Weise anlegt. Ein anderer die mexikanische Satire/Dystopie New Order, die bezeichnenderweise sehr kontrovers aufgenommen wurde und aneckte. Generell ist das aber vielleicht auch eine Definitionssache, wie man mutig und waghalsig definiert.

Für Leute, die schon mehrere tausend Filme gesehen haben und das Beste vom Besten kennen, was sind deiner Meinung nach gute Orientierungspunkte, um auf sehenswerte Filme zu stoßen?

Sucht abseits des Mainstreams und lasst euch von persönlichen Vorlieben leiten. Sucht in den Filmographien von Regisseuren oder auch Kritikern, denen man sich verbunden fühlt. Deren Arbeit zu verfolgen, kann sehr inspirierend sein.

Was ist das schlimmste im Kino für dich – Trashfilme, die nächste deutsche Durchschnittskomödie oder doch etwas ganz anderes? Und sind alle gleichermaßen schlimm oder wie differenzierst du in der Hinsicht?

Gegen Trashfilme habe ich prinzipiell nichts und auch manche deutsche Durchschnittskomödien finde ich ganz unterhaltsam. Schlimm finde ich Filme, die sich für klüger halten als sie sind. Oder die ihre vermeintliche Message mit hohlen Phrasen und Labels vor sich hertragen, um Applaus zu erhaschen, sich aber irgendwie seltsam fake und unecht anfühlen. Davon gibt es derzeit, vor allem im US-Kino, sehr viele.

Wie siehst du dich und deinen Kanal in zehn Jahren?

Uns wird es als Medium hoffentlich immer noch geben, wir werden weiter gewachsen sein. Aber abgesehen davon werden wir nicht viel anders machen als heute.

Bei so vielen Durchschnittsfilmen, die jedes Jahr neu herauskommen, reicht das aus, um „am Ball zu bleiben“? Anders gefragt: wie wird sich die Beziehung zum Kino generell für deine Person ändern?

Derzeit habe ich mehr Lust, ältere Filme wiederzuentdecken. Ich liebe an sich das US-Kino, aber mit dem aktuellen Output kann ich wie erwähnt wenig anfangen. Ich schaue derzeit gerne und viele US-Filme aus den 80ern oder 90ern und wir haben da auf Film plus Kritik auch eine neue Reihe (The Real Movies), die diese Art von Filmen vorstellen möchte. Abgesehen davon fokussiere ich mich derzeit, was Aktuelles betrifft, auf europäisches Kino oder Festivalfilme.

Und wie sich meine Beziehung zum Kino verändern wird? Idealerweise gar nicht. Man muss sich eben nur aktiv auf die Suche machen nach etwas, das einen begeistert und mit Leidenschaft erfüllt, um diese Leidenschaft auch an andere weitergeben zu können. Alles andere hat bei mir wenig Sinn. Als Publizist mit einer gewissen Reichweite oder Filmkurator hat man da natürlich einen Vorteil, weil man aktiv auf Meinungsbildungsprozesse einwirken kann. Und wenn einem etwas nicht gefällt, kann man aktiv etwas dagegen unternehmen oder zumindest die Stimme erheben und Probleme ansprechen und hinterfragen.

Glücklicherweise ist der Fundus der Filmgeschichte aber auch unerschöpflich. Und wenn ich derzeit nichts finde, das mich begeistert, dann gehe ich eben 10, 20, 40 oder 80 Jahre in der Zeit zurück.

Vielen Dank für deine Zeit und das tolle Gespräch!



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