Be Natural – Sei Du Selbst: Die Filmpionierin Alice Guy-Blaché
© Filmperlen, Courtesy of Be Natural Productions

Be Natural – Sei Du Selbst: Die Filmpionierin Alice Guy-Blaché

Inhalt / Kritik

Be Natural – Sei Du Selbst: Die Filmpionierin Alice Guy-Blaché
„Be Natural – Sei Du Selbst: Die Filmpionierin Alice Guy-Blaché“ // Deutschland-Start: 5. August 2021 (Kino) // 10. Dezember 2021 (DVD)

Als 1895 die allerersten Kurzfilme in der Geschichte entstanden und über die Kinoleinwände huschten, waren die Augen groß. Noch nie gab es vorher etwas Vergleichbares. Maßgeblich beteiligt waren dabei – die Filmkenner dürften es schon ahnen – die Brüder Lumière, welche die ersten Filmkameras entwickelten. Geht man einen Schritt weiter, gab es darüber hinaus aber noch eine sehr viel bedeutendere Person, die in den Geschichtsbüchern für beinahe ein Jahrhundert fast vollkommen ignoriert wurde. Alice Guy-Blaché, ihres Zeichen erste weibliche Regisseurin, Produzentin, Drehbuchautorin, Cutterin und passionierte Geschichtenerzählerin, war an mehr als 1000 Filmproduktionen beteiligt. Und obwohl beispielsweise Martin Scorsese oder selbst Alfred Hitchcock ihr einen unvergesslichen Einfluss nachsagten, so können doch nur die wenigsten mit diesem Namen etwas anfangen. Doch damit ist jetzt spätestens mit Be Natural, eine Filmdokumentation von Pamela B. Green über das Leben der Filmpionierin, Schluss. In knapp 100 Minuten erhalten wir so erstmalig einen scharfen Blick in das Leben der Pariserin, die bis heute in zahlreichen Filmproduktionen nachwirkt.

Lang ignoriert und dennoch unsterblich

An einer Vielzahl von Filmproduktionen maßgeblich beteiligt, ist der Einfluss von Alice Guy kaum in Worte zu fassen. Lange vor beispielsweise Bergmann, Truffaut, Hitchcock und selbst 15 Jahre vor Chaplin und Keaton, steckte das Kino um 1900 noch in den Kinderschuhen. Umso erstaunlicher ist es, in Greenes Portrait über die passionierte Filmkoryphäe in eine ganz andere Welt einzutauchen. Hier ging es noch um raue Experimentierfreudigkeit, sowohl technisch als auch ideologisch. Guy traute sich dabei Sachen, die sonst keiner wagte. Stellen Sie sich das nur einmal vor: ein Film über Feminismus um diese Zeit, in der es noch nicht einmal das Frauenwahlrecht gab!

Von Paris, dem Schaffensort von Guy, über London, wo sich das British Film Institute befindet, bis hin in die Staaten nach New Jersey, wo die Nachfahren von Guy leben, und in das New Yorker Museum of Modern Art erleben wir so ein allumfassendes Portrait von der Filmpionierin. Unzählige Dokumente, Fotoalben, verschollene Filmnegative und selbst Kameratechnik – ein echter Schatz könnte man meinen – wurde so im Laufe der Dokumentation zu Tage befördert. Die Frage, wie eine solch bedeutungsvolle Person in der Filmhistorie unterging, wird dabei detailreich unter die Lupe genommen. Acht Jahre, unzählige Interviews und die Aufarbeitung von Jahrzehnten an Filmhistorie später, erlebt das Vermächtnis der Alice Guy mit Be Natural nun endlich die Anerkennung, die es verdient.

Das Kino auf dem Prüfstand

Interessanterweise leistet „Be Natural“ darüber hinaus aber auch einen Beitrag über den generellen Zustand des Kinos in der heutigen Zeit. Ein Superheldenfilm nach dem anderen und so gut wie kaum mutige Produktionen hinterlassen da doch ein eher nüchternes Bild, zumindest für den anspruchsvollen Zuschauer. Schaut man dagegen auf Guys Werke, die Feminismus, Antisemitismus, Einwanderung, Arbeitskämpfe und Gleichberechtigung in einer sowohl spielerischen als auch ernstzunehmenden Art und Weise thematisieren, so kommt man hinsichtlich des gegenwärtigen Kinos doch ins Grübeln. Wie eine Bombe schlug so A fool and his money 1912 ein, in dem ein ausschließlich schwarzer Cast vorkam und Guy zu einem ordentlichen Seitenhieb gegen die herrschenden Verhältnisse ausholte. Der Zeit weit voraus, entstanden so Werke, die überraschenderweise aber selbst in der heutigen Zeit noch funktionieren. Be Natural ist daher alles andere als trockener Geschichtsstoff, ganz im Gegenteil. Damals im Kino, heute dafür auf YouTube, können wir dann aber doch froh sein, in solch „bunten“ Zeiten zu leben, in dem das Eintauchen in die Welt der Alice Guy nur einen Mausklick entfernt ist.

Credits

OT: „Be Natural“
Land: USA
Jahr: 2018
Regie: Pamela B. Green
Drehbuch: Pamela B. Green, Joan Simon

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über die Entstehungsgeschichte von Be Natural erfahren möchte: In unserem Interview zum Film lassen wir Regisseurin Pamela B. Green zu Wort kommen.

Filmfeste

Cannes 2018

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Im dokumentarischen Portrait von Alice Guy-Blaché, erleben wir in „Be Natural“ 100 Minuten voller Filmhistorie und das lange vor Alfred Hitchcock, Fritz Lang und selbst Charlie Chaplin. Ein Must-See für kunsthistorisch Interessierte.