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Die Kritikeranalyse #10: Cinema Strikes Back [Interview]

Willkommen zur zehnten Ausgabe der Kritikeranalyse, heute mit Alper Turfan von dem bekannten YouTube-Kanal Cinema Strikes Back. Als Bestandteil von funk.net, mischt das dreiköpfige Team dabei überall mit sowohl bei den Kritiken als auch in puncto Plot-Erklärungen, Spezial-Themenreihen, Jahresanalysen, Lore-Videos, Filmtipps, Quiz-Videos, Bestenlisten und vieles mehr.

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Für Menschen, die dich nicht kennen: was kann man konkret von deinen Filmkritiken erwarten und in welcher Hinsicht hebt sich Cinema Strikes Back von anderen Filmkritik-Kanälen ab?

Ich habe mich bereits mein halbes Leben mit der Filmkunst beschäftigt. Das führte zur Mitarbeit an einigen Filmproduktionen und meinem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien. Dort habe ich die Geschichte und grundlegende Prinzipien des Kritisierens gelernt. Allerdings versteife ich mich nicht auf dieses Wissen. Für mich bleibt die Filmkritik immer auch eine subjektive und sich wandelnde Kunstform. Von daher lasse ich in all meine Filmbesprechungen immer zugleich auch eine persönliche Note einfließen und halte mich mit alternativen Filmempfehlungen und persönlichen Anekdoten nicht zurück. Ich glaube, dass genau das bei unserem Publikum gut ankommt.

Welche Menschen möchtest du am ehesten mit deinem Kanal ansprechen?

Tatsächlich ist mir das für meine Arbeit völlig egal. Mir bereitet es eine Menge Freude, mich mit der Filmwelt auseinanderzusetzen und immer tiefer in diesen Mikrokosmos einzudringen. Alle, die wollen, sind eingeladen, mir dabei zu folgen. Andere interessieren sich dafür, welche Menschen sie warum gucken. Mich nicht.

Was bedeuten Filme persönlich für dich und warum gerade dieses Medium und nicht beispielsweise Theater, Oper, Musik oder Literatur?

Für mich schließt die eine Kunstform die andere nicht aus. In meiner Freizeit lese ich beispielsweise recht viel. Trotzdem bedeuten Filme mir eine Menge, selbst wenn ich mal eine Phase habe, in der ich nur wenige Filme in der Woche sehe. Am Film aber fasziniert mich seine Multimedialität: Filme bedienen Augen und Ohren, denn darin laufen verschiedene Medien zu einem neuen Sinnkonstrukt zusammen. Bilder, Toneffekte, Musik etc. verschmelzen da einfach und ergeben in der Gesamtheit dann etwas Größeres. Und genau wie ein gutes Buch sind viele Filme gerade deswegen so gut, weil sich ein Teil von ihnen in der Fantasie des Publikums abspielt.

Trotzdem sehen viele andere Kritiker und Kritikerinnen mehr Filme als ich. Das liegt aber auch daran, dass ich viel Zeit mit Büchern, Comics, Videospielen, Brettspielen und Musik verbringe.

Gab es schon einmal eine Situation, in der du dich mit jemand über einen Film streiten musstest? Wenn ja, was genau ist dein Anspruch? Geht es dir – auch in deinen Kritiken – um den Dialog, um Aufklärung oder doch um etwas ganz anderes?

Streiten will gelernt sein, das ist schließlich auch eine Kunst. Wenn ich merke, dass ein Gespräch über einen Film destruktiv ist, dann entziehe ich mich dieser Diskussion. Viele wären überrascht, wie wenig ich in meiner Freizeit über Filme spreche. Das hat auch einen Grund: Die meisten dürften das Bedürfnis kennen, sich nach einem gemeinsamen Kinobesuch vor das Kino zu stellen und den Film Revue passieren zu lassen. Für mich ist die Arbeit am Kanal wie ein solches Gespräch, nur dass es erst endet, wenn ich die Sachen zusammenpacke und den Arbeitstag beende.

Von daher genieße ich es, mich nach der Arbeit auch mit ganz anderen Dingen zu beschäftigen. Wenn wir innerhalb des Teams oder mit Kollegen und Kolleginnen aber über einen Film sprechen, dann sprechen wir schon auch gerne darüber, was wir an dem Film gemocht haben und was nicht. Echte Streitigkeiten gibt es dann aber nur selten. Aber natürlich höre ich manchmal Meinungen, derentwegen ich kopfschüttelnd in mich hinein schmunzeln muss. Was mich manchmal aber wirklich nervt, ist der Typus des arroganten, snobistischen Kritikers, der mir in Pressevorführungen und auf Filmfestivals immer wieder mal begegnet.

Kannst du das nachvollziehen, wenn jemand einen Film aufgrund einer gänzlich anderen Herangehensweise gut findet, währendem du diesen Film aus deiner Sicht als schrecklich empfindest? Und denkst du, dass beide Meinungen gleich viel wert sind?

Meinungen sind Meinungen und Meinungen zu bewerten ist nichts anderes als die eigene Meinung zu einer anderen Meinung kundzutun. Was der oder die eine für eine wertvolle Meinung hält, belächelt ein anderer als Humbug. Mir passiert das selbstverständlich auch. Wer aber nicht bereit ist, konträre Meinungen anzuhören und ihnen in der eigenen Urteilsfindung Raum zu geben, wird sich niemals weiterentwickeln können. Ich persönlich bin der Ansicht, dass Demut und Bescheidenheit – ganz ohne religiöse Komponente – zu den erstrebenswertesten Tugenden zählen.

Es ist selten, dass meine Meinung über einen Film derart gefestigt und undurchdringbar ist, dass ich mir nicht auch Gegenargumente anhöre. Manchmal ändern sie auch meine Meinung, manchmal aber auch nicht. Aber gerade wenn man sich mit dem ausländischen Kino beschäftigt, mit Filmen aus China, Nigeria oder Indien, gibt es immer auch eine Ebene, die sich nicht so ganz greifen lässt. Wir Menschen fühlen zwar universell, aber kulturelle Unterschiede gibt es durchaus und so mancher Film kann sich mir gar nicht so erschließen wie er es für eine andere Person tut. Daran versuche ich immer zu denken, wenn ich eine Meinung höre, die nicht mit meiner eigenen übereinstimmt.

Was genau muss ein herausragender Film bei dir mitbringen?

Darüber könnte man stundenlang diskutieren aber ich mache es ganz kurz: eine Seele.

Welche Rolle spielen Gefühle bei der Filmrezeption bei dir? Und ist ein Film automatisch gut, wenn man bspw. Gänsehaut verspürt oder feuchte Augen bekommt?

Bei einem Spielfilm ist die Gefühlswelt für mich ein wesentliches Element. In meinem Verständnis schließen sich Objektivität und Filmkritik aus, daher zelebriere ich die Subjektivität und spreche immer zugleich auch darüber, was ich in welchem Film gefühlt habe. Ich bin davon überzeugt, dass sich ein Film nur dann dauerhaft ins Gedächtnis einbrennen kann, wenn er auch unsere Gefühle anregt. Schließlich bauen wir auch zu den Menschen eine enge Beziehung auf, deren Gefühlswelt in unsere eindringt. Zumindest ist das bei mir der Film.

Viele Drehbuch-Gurus aus Hollywood sind derselben Meinung. Blake Snyder beispielsweise hat 2005 ein Buch veröffentlicht namens „Save The Cat“. Es wurde schnell zu einem Standardwerk für viele Hollywood-Autoren und -Autorinnen. Was sein Buch so besonders macht, ist sein streng festgelegtes Schema, mit dem jeder Blockbuster zum Hit werden soll. Kennt man dieses Schema, nimmt man viele Hollywood-Blockbuster ganz anders wahr.

Sie alle vereint aber eine bedeutsame Szene, die für Snyder so wichtig ist, dass er sein Buch danach benannt hat: den sogenannten Save-The-Cat-Moment. Es geht darum, dass die Hauptfigur des Films gleich zu Beginn einen Moment hat, in dem er oder sie etwas Selbstloses tut. Das einfachste Beispiel: eine Katze retten. Aladdin zum Beispiel teilt sein kostbares Brot mit hungernden Kindern, Indiana Jones bewahrt gleich zu Beginn seinen Reisebegleiter vor tödlichen Pfeilen und Hellboy rettet sprichwörtlich eine Schachtel voller Kätzchen vor einem riesigen Tentakel-Monster.

Ein erzählender Film ist immer auch ein Spiel mit unseren Emotionen. Sie außen vorzulassen halte ich in einer Filmkritik für nicht besonders sinnvoll. In diesem Aspekt unterscheide ich mich von vielen Kollegen und Kolleginnen massiv.

Wie würdest du die Wichtigkeit von Storytelling, Ideologie (Was sagt ein Film über unsere Welt aus?), Inszenierung, Virtuosität, Ästhetik, emotionalen Gefühlsregungen und weiteren Aspekten bei der Filmproduktion sortieren? Und was davon ist am unwichtigsten?

Das ist eine Frage nach der Quadratur des Kreises. Ich würde diese Begriffe gar nicht erst sortieren oder einordnen wollen, weil sie ineinander greifen. Ästhetik ohne Inszenierung ist genauso wenig denkbar wie Storytelling ohne emotionale Gefühlsregungen.

Wenn man auf die Entstehungsgeschichte eines Films schaut, angefangen bei der Idee, bis hin zur Umsetzung und dem fertigen Resultat, welche Faktoren spielen die größte Rolle, wenn man den Anspruch hat, ein filmisches Meisterwerk zu kreieren?

Was genau ist eigentlich dieses filmische Meisterwerk, von dem alle immer sprechen? Immer wieder erreichen uns Kommentare von Menschen, die Filme wie 2001: Odyssee im Weltraum, Die sieben Samurai oder Blade Runner sterbenslangweilig finden, während ich sie zu den faszinierendsten Werken der Filmgeschichte zähle. Meine persönliche Ansicht entzieht der Meinung anderer aber nicht die Berechtigung.

Schaut man auf Hollywood, hat es den Anschein, dass in manchen Kreisen die Stimmen immer lauter werden und viele Fans mit den neuen Star Wars-Filmen oder selbst mit einem Fast and Furious 9 sehr unzufrieden sind. Bewegt sich Hollywood in Richtung eines Tiefpunkts oder denkst du es braucht solche Filme auch, sodass Regisseure daraus lernen?

Ich sehe ganz andere Konflikte, die deutlich schwerer wiegen, beispielsweise wie sich Hollywood der chinesischen Filmzensur unterwirft, um mit Blockbustern auf den chinesischen Markt zu kommen. Oder dass die Studios einander aufkaufen und nur noch wenige Firmen den Mainstream-Kinomarkt dominieren. Oder dass diese Studios ihre Filme dem Parkgeschäft unterwerfen. Für mich sind das die echten Tiefpunkte der Hollywood-Produktionen.

Wie vergleichst du die Filmrezeption, muss ein Film gleich bei der Erstsichtung direkt überzeugen oder würdest du doch eher sagen, dass man einen Film erst im Laufe der Zeit zu schätzen lernt?

Das kommt für mich ganz auf den Film an. Viele Filme erzeugen in mir keine große Lust, sie noch einmal anzusehen. Andere wiederum lassen mich schon Tage nach der Pressevorführung in den Kinosaal zurückkehren, bei Villeneuves Dune war das beispielsweise der Fall. Ich kann nicht ganz von der Hand weisen, dass sich die Rezeption und Beurteilung eines Films mit der Zeit verändern. Es passiert zwar nicht oft, aber manchmal lerne ich Filme wirklich erst bei einem zweiten Versuch oder nach einiger Zeit zu schätzen. Shaun of the dead war vor vielen Jahren so ein Fall.

Das halte ich für ganz normal: Zeiten ändern sich, Maßstäbe verschieben sich und so lassen unsere Einstellungen zu bestimmten Themen den Blick auf Filme verändern. Das versuche ich in meiner Filmkritik zu bedenken, auch wenn es im Endeffekt ein Kampf gegen Windmühlen ist.

Womit kannst du dich in der Hinsicht eher anfreunden und warum: ein Film, den du nach der Erstsichtung grandios findest, der aber mit jeder weiteren Sichtung abnimmt, oder ein Film, der von Sichtung zu Sichtung immer weiter wächst?

Subjektiv kann ich sagen, dass mir ein Film, den ich beim zweiten Sichten interessanter finde, viel lieber ist. Die Frage nach dem Warum ist ganz einfach zu beantworten: Ich betrachte jeden Film, den ich gerne und gerne öfter sehe, als Bereicherung in meinem Leben. Es gab aber auch schon einige Filme, die ich nach der Erstsichtung ganz ordentlich fand, bei denen ich mich aber beim zweiten Sichten fragte, warum mir manche Aspekte beim Sichten im Kino nicht aufgefallen sind. X-Men: Dark Phoenix ist so ein Beispiel.

Kritik ist und bleibt immer subjektiv. Man kann jedoch trotzdem den Anspruch haben, ein wenig Objektivität miteinfließen zu lassen. Sollte da eher eine goldene Mitte gefunden werden oder spielt Objektivität keine so große Rolle?

Es gibt Kritiker und Kritikerinnen, die sich im Kinosaal mit Absicht an den Rand setzen, um eine Distanz oder Objektivität zum Film einzunehmen. Mit so einer Art Wahrnehmung kann ich mich aber gar nicht anfreunden. Ich möchte mein Kinoerlebnis im Saal nicht beschneiden. Deshalb versuche ich einen Film immer ganzheitlich wahrzunehmen, mit all seinen Facetten und da zählt es für mich dazu, ob ein Film mich emotional einnehmen und in die Handlung ziehen kann. Für mich schließt das nicht aus, gleichzeitig auch nüchtern und strukturiert auf das Werk zu blicken.

Wie sieht deine Meinung generell über andere Kritiker aus? Was genau zertifiziert jemanden zu einem guten Kritiker und gibt es da Kanäle, die du gern verfolgst?

Wenn ich einen Film bespreche, fahre ich auf Sicht: Mit anderen Kritiken befasse ich mich dann immer nur höchst dosiert. Im Allgemeinen lese ich aber durchaus gerne Kritiken, da ich viele von ihnen an und für sich als Kunstwerke betrachte. Zu den Personen selbst pflege ich ein freundliches und positives Verhältnis. Schließlich verbindet uns unsere Leidenschaft für die Filmkunst. Aus diesem Grund werden uns die Gesprächsthemen wohl nie ausgehen.

Je nach Publikumserfolg reden die meisten Menschen immer nur über die „relevantesten“ Filme oder die, die gerade „in“ sind. Wie siehst du das an, ist das ein Problem? Und was fallen dir für grandiose Neuproduktionen ein, bei denen du vermutest, dass diese wahrscheinlich nur die allerwenigsten kennen?

Ein prinzipielles Problem ist das sicherlich nicht. Nicht alle Filme können gleichermaßen “in” sein. Es gibt aber natürlich immer wieder Filme, die meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Der Nachtmahr beispielsweise ist für mich einer der faszinierendsten deutschen Filme der letzten Jahre. In den Kinos aber war das eigenwillige Horror-Drama ein völliger Misserfolg. Das ist aber nur ein Beispiel für unzählige interessante Filme, die in der breiten Masse untergehen, die wir aber mit unserer Arbeit den Menschen näherzubringen versuchen. Diese Motivation treibt mich jeden Tag aufs Neue an.

Nachdem ich letztens Be Natural über die mutige Filmpionierin Alice Guy-Blaché geschaut habe, interessiere ich mich für Filme, die ihrer Zeit voraus sind und sich etwas trauen. Auf welchen Film warst du zuletzt froh oder stolz, dass man sich mal etwas Waghalsiges getraut hat?

Mich persönlich hat Niemals Selten Manchmal Immer nachhaltig beeindruckt. Am Rande fallen mir aber auch direkt noch weitere ein, darunter: Porträt einer jungen Frau in Flammen, der sich tief in mein Gedächtnis gebrannt hat und Titane, der es geschafft hat, mich mit jeder neuen Handlungswendung zu überraschen und zu begeistern.

Für Leute wie uns einer, die schon mehrere tausend Filme gesehen haben und das Beste vom Besten kennen, was sind deiner Meinungen nach gute Orientierungspunkte, um auf sehenswerte Filme zu stoßen?

Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Wenn man viele Filme gesehen hat, dann achtet man schon darauf, welche Menschen hinter den Projekten stecken und an welchen Filmen sie zuletzt gearbeitet haben. Dadurch bekommt man schon einen ungefähren Einblick, aber selbst das ist lediglich ein Orientierungspunkt. Ich habe schon großartige Filme von Menschen gesehen, von deren Werken ich nicht so viel gehalten habe, und andersherum.

Die Frage kann ich trotzdem ganz gut beantworten, denn genau dafür gibt es ja Menschen wie mich. Viele Normalbürger und -bürgerinnen können der wöchentlichen Flut an neuen Filmen einfach nicht hinterherkommen. Das können ja selbst wir nicht, obwohl wir ein dreiköpfiges Team filminteressierter Menschen sind. Es hilft aber, sich an Menschen zu halten, deren Geschmack man teilt oder gut einschätzen kann. Wer einen ähnlichen Geschmack wie ich hat, wird durch unseren Kanal garantiert den einen oder anderen Filmtipp erhalten können.

Was ist das schlimmste im Kino für dich – Trashfilme, die nächste deutsche Durchschnittskomödie oder doch etwas ganz anderes? Und sind alle gleichermaßen schlimm oder wie differenzierst du in der Hinsicht?

Strikt nach Schema F produzierte Hollywood-Blockbuster langweilen mich noch am meisten, auch wenn ich sie alle sehe. Das ist aber die Teufelsspirale: Je mehr man davon sieht, desto genauer weiß man, wann welcher Handlungsschritt einsetzt.

Wie siehst du dich und Cinema Strikes Back in zehn Jahren?

Das ist eine Frage, die ich mir selbst regelmäßig stelle. Als Science-Fiction-Fan und zukunftsorientierter Mensch denke ich täglich über die Monate, Jahre und Jahrhunderte, die in der Zukunft liegen. Ich selbst möchte mich auch in anderen Bereichen weiterentwickeln und betrachte mich als ein Stück Knete, das ich fortlaufend umgestalte. Auch wenn ich jetzt schon seit über sechs Jahren Filmkritiken für das Internet produziere, könnte ich mir gut vorstellen, dass ich in zehn Jahren einem ganz anderen Beruf nachgehe.

Bei so vielen Durchschnittsfilmen, die jedes Jahr neu herauskommen, reicht das aus, um „am Ball zu bleiben“? Anders gefragt: wie wird sich die Beziehung zum Kino für deine Person ändern?

Meine Beziehung zum Kino hat sich ohne Zweifel verändert. In meiner Jugend und in meinen Studienzeiten habe ich zum Großteil ältere Filme gesehen. So habe ich verschiedene Faibles entwickelt, zum Beispiel für die düsteren Geschichten der Film noirs aus den 1940ern und 50ern. Auch die antifaschistischen und gefühlvollen Filme der italienischen Neorealisten faszinierten mich. Mein Lieblingsstil aber entstand Ende der 60er, als junge Filmemacher den verstaubten Sandalenfilmen die Stirn boten und mit Filmen wie Die Reifeprüfung, Dirty Harry oder Chinatown das New Hollywood schufen.

Durch meine Arbeit haben sich die Filme, die ich im Alltag sehe, verändert. Ich muss der wöchentlichen Flut an neuen Filmen im Kino und auf Streaming-Seiten hinterherkommen und einen Überblick über die Branche bewahren, ohne dabei zu übersättigen und die Lust zu verlieren. Ich komme also gar nicht umhin, größtenteils Neuproduktionen zu gucken.

Das ist aber auch gar nicht so schlimm. Hin und wieder nehme ich mir deswegen die Filmographie eines interessanten Künstlers oder einer Künstlerin vor und werfe mich in die Filme. Solange mir solche Ausflüge möglich bleiben, bin ich glücklich. Mit dem Filmegucken meinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist schließlich schon fast Luxus, den ich aber auch tagtäglich sehr wertschätze.

Vielen Dank für deine Zeit und das tolle Gespräch!



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