Über mir der Himmel The Sky Is Everywhere Apple TV+

Über mir der Himmel

Inhalt / Kritik

Über mir der Himmel The Sky Is Everywhere Apple TV+
„Über mir der Himmel“ // Deutschland-Start: 11. Februar 2022 (Apple TV+)

Für die 17-jährige Lennie Walker (Grace Kaufman) bricht eine Welt zusammen, als ihre ältere Schwester Bailey stirbt. So sehr sie es in der folgenden Zeit auch versucht, sie kommt einfach nicht über den schweren Verlust hinweg. Doch dann tritt Joe Fontaine (Jacques Colimon) in ihr Leben. Sofort fühlt sich die schüchterne Jugendliche zu dem charismatischen Jungen hingezogen, der neu an ihrer Schule ist. Mit ihm kann sie ihre Gefühle teilen und auch ihre große Liebe zur Musik. Dabei ist sie auch weiterhin hin und her gerissen zwischen ihrer Trauer und dem neuen Lebensglück, weiß nicht so recht, wie sie beides zusammenbringen soll. Zumal da auch noch Toby (Pico Alexander) ist, der mit ihrer Schwester zusammen war und seit deren Tod ebenfalls am Boden zerstört ist …

Über das Leben mit dem Tod

Wie geht man mit dem Tod eines geliebten Menschen um? Das ist eine Frage, mit der sich die meisten irgendwann im Laufe ihres Lebens auseinandersetzen müssen. Sie wird auch oft genug in Filmen oder Serien thematisiert, wenn die Figuren über einen schweren Verlust hinwegkommen müssen. Die Serie Nachricht von Mama etwa erzählt von einer Familie, deren Mutter einer schweren Krebserkrankung erliegt und die dabei zu zerbrechen droht. Der Apple TV+ Film Über mir der Himmel geht da noch einen Schritt weiter. Schließlich hat die Protagonistin nicht nur ihre Mutter verloren, als sie noch ein Kind war. Jetzt ist auch noch die ältere Schwester tot, welche für die ein Vorbild war und so etwas wie eine Ersatz-Mutter.  Ein solcher Doppelverlust könnte jeden aus der Bahn werfen, vor allem wenn er noch so jung ist wie Lennie.

Die Adaption des Romans The Sky Is Everywhere von Jandy Nelson ist deshalb immer irgendwie zwiegespalten. Auf der einen Seite geht es um Abschied, geht es darum, sich von einem Teil der eigenen Vergangenheit zu trennen, so schwer es auch ist. Gleichzeitig findet ein Neuanfang statt. Denn was ist besser dazu geeignet, wieder mit Freude ins Leben zu blicken, als eine neue Liebe? Eine erste wirkliche Liebe, außerhalb der eigenen Familie? Entsprechend wankelmütig zeigt sich die Tonalität von Über mir der Himmel. Das Thema ist ernst, ohne jeden Zweifel. Gleichzeitig gibt es immer wieder heitere Passagen, die erfüllt sind von Lebensfreude, von Musik, von fantastischen Bildern, die einen neugierig weiterstolpern lassen durch das Gefühlschaos.

Höhenflüge und Abstürze

Beides miteinander verbinden zu wollen, die Höhenflüge und die Abstürze, ist immer eine Herausforderung. Oft wird in solchen Fällen dann richtig dick aufgetragen, um das Publikum auch ja zu bestimmten Emotionen zwingen zu wollen. Regisseurin Josephine Decker (Madeline’s Madeline, Shirley) verzichtet aber auf solche plumpen Manipulationen. Natürlich kommt es auch in Über mir der Himmel zu zwischenzeitlichen Exzessen, wenn die in Lennie angestauten Gefühle aus ihr herausbrechen. Dann kann es auch schon mal ziemlich hässlich werden, gerade im Umgang mit den anderen Menschen in ihrem Umfeld. Die Romanadaption verzichtet darauf, die eigene Protagonistin zu einer Heiligen zu degradieren, die sich immer gut und richtig verhält. Denn dafür müsste sie erst einmal selbst herausfinden, was gut und richtig bedeutet.

Über mir der Himmel ist deshalb gleichermaßen Trauerdrama wie Coming of Age, wenn Tod und Liebe das Leben der Jugendlichen definieren. Die Nachricht, die Nelson, welche auch das Drehbuch geschrieben hat, mit ihrer Geschichte mitteilen möchte, ist natürlich weder neu noch einfallsreich. Dass das Leben, so grausam es im Moment auch wirken kann, praktisch immer weitergeht, das ist eine Binsenwahrheit. Aber Coming-of-Age-Filme schaut man sich selten an, um daraus eine neue Erkenntnis für sich mitzunehmen. Es geht mehr darum, dem Publikum etwas zu bieten, in dem es sich wiederfinden kann und will. Eine Erinnerung an das Universelle im menschlichen Leben, sowohl im Hinblick auf die Schattenseiten wie auch die Lichtmomente.

Figuren an der Oberfläche

Dass der Film frisch wirkt, liegt maßgeblich auch an der Inszenierung Deckers, die immer wieder ins Fantastische wechselt. Wir sehen die Welt eben nicht als die objektive Wahrheit, sondern als subjektive Erfahrung. Wenn sich hier alles vom einen Moment zum nächsten verwandeln kann, dann um auf diese Weise zu verdeutlichen, wie die innere Gefühlswelt die Wahrnehmung beeinflusst. Da sind schon immer wieder schöne, fast märchenhafte Szenen dabei, welche den Alltag übersteigen. Weniger Arbeit wurde dafür in die Figurenzeichnung investiert. Dass Lennie als Sinnsuchende noch keinen gefestigten Charakter hat, ist noch nachvollziehbar. Aber auch sonst gab man sich keine große Mühe. Figuren wie der von Jason Segel gespielte Onkel sind irgendwie nur da, ohne dass man genau wüsste, was sie da eigentlich sollen. So reizvoll Über mir der Himmel beim Verlassen der Realität sein kann, an manchen Stellen wäre mehr zum hier und jetzt schön gewesen.

Credits

OT: „The Sky Is Everywhere“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Josephine Decker
Drehbuch: Jandy Nelson
Vorlage: Jandy Nelson
Musik: Caroline Shaw
Kamera: Ava Berkofsky
Besetzung: Grace Kaufman, Pico Alexander, Jacques Colimon, Cherry Jones, Jason Segel

Bilder

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Über mir der Himmel
fazit
„Über mir der Himmel“ begleitet eine Jugendliche, die den Tod ihrer älteren Schwester kaum verkraftet, sich gleichzeitig aber auch richtig verliebt. Die Roman-Adaption wechselt auf diese Weise zwischen Trauerdrama und Coming of Age hin und her, zeigt die Welt dabei aus der Sicht einer fantasievollen 17-Jährigen, bei der die Selbstsuche schon mal in ein Märchen übergehen kann.
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