Toedliches Versprechen Eastern Promises
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Tödliche Versprechen – Eastern Promises

Inhalt / Kritik

Toedliches Versprechen Eastern Promises
„Tödliche Versprechen“ // Deutschland-Start: 27. Dezember 2007 (Kino) // 2. Juni 2008 (DVD)

Als die hochschwangere 14-jährige Tatiana (Sarah-Jeanne Labrosse) im Krankenhaus eingeliefert wird, kommt jede Hilfe zu spät. Es gelingt den Ärzten lediglich, das Leben des Babys zu retten. In der Hoffnung, die Familie der Verstorbenen ausfindig zu machen, nimmt Hebamme Anna Khitrova (Naomi Watts) deren Tagebuch an sich. Die Spur führt sie zu einem russischen Restaurant, dessen Visitenkarte sie in dem Buch findet und wo sie Semyon (Armin Mueller-Stahl) trifft. Dieser verspricht ihr, sich der Sache anzunehmen. Dabei ahnt sie nicht, dass es sich bei ihm um einen Anführer der russischen Mafia in London handelt. Und auch dessen Sohn Kirill (Vincent Cassel) ist tief in die kriminellen Machenschaften verstrickt. Im Gegensatz zu seinem bedachten Vater ist er selbst ziemlich impulsiv, weswegen er immer wieder auf die Hilfe seines Chauffeurs Nikolai (Viggo Mortensen) angewiesen ist …

Gewaltiges Spitzentreffen

Ein bisschen irritiert durfte man hier schon sein bei so viel Internationalität: Ein kanadischer Regisseur erzählt von russischen Verbrechern in England, die von einem US-Amerikaner, einem Franzosen und einem Deutschen gespielt werden. Das passte alles nicht so recht zusammen. Umso größer war die Überraschung, wie stimmig Tödliche Versprechen – Eastern Promises ausgefallen ist. Wie sehr da das eine in das andere greift, ohne dass es zu störenden Elementen oder Momenten kommt. Tatsächlich gehört der Thriller zu den meist gelobten in der Filmografie von David Cronenberg. Und das will schon was heißen bei einem Filmemacher, der im Laufe seiner Karriere eine Reihe kultisch gefeierter Werke hervorgebracht hat.

Wobei man dabei aber auch sagen muss: Das Verstörende, was Cronenbergs frühere Filme immer wieder hatten – etwa Die Fliege, Videodrome oder Crash –, das fehlt hier. Das soll nicht bedeuten, dass Tödliche Versprechen auf einmal harmlos geworden wäre. Gleich zu Beginn der Geschichte wartet der Tod. Auch später wird er immer mal wieder vorbeischauen, der Bodycount ist schon etwas höher. Cronenberg hat zudem keine Probleme, diese Gewalt explizit zu zeigen. Berühmt ist beispielsweise eine Kampfszene in einem Badehaus. An anderen Stellen begnügt er sich hingegen mit Erzählungen. Semyons Taten etwa kennen wir vom Hörensagen, was sie aber nicht minder abscheulich macht. Die Diskrepanz zwischen dem würdevollen Auftreten von Armin Mueller-Stahl und seinen bestialischen Ansichten verleiht ihm etwas Diabolisches, Verschlagenes. Ein Monster im feinen Anzug.

Parallelgesellschaft mit widersprüchlichen Figuren

Überhaupt ist die Besetzung natürlich erstklassig. Vincent Cassel (Dobermann) hat einen starken Auftritt als brutaler Hitzkopf, dessen Widerwärtigkeit einen regelmäßig zusammenzucken lassen. Gleichzeitig zeigt sich, dass der vermeintlich einfältige Schläger komplexer ist. Dass in ihm mehr vor sich geht, als er nach außen hin zeigen möchte oder vielleicht selbst wahrhaben will. Und dann wäre da natürlich noch Nikolai, aus dem man zunächst nicht ganz schlau wird, weil er zwischen den Stühlen zu sitzen scheint. Mortensen, der zuvor mit Cronenberg schon bei A History Of Violence zusammengearbeitet hat, liefert in Tödliche Versprechen eine starke Leistung als brutaler Engel ab und erhielt nicht grundlos hierfür seine erste für bislang drei Oscar-Nominierungen.

Tödliche Versprechen ist dann auch eher ein Film, der von den Figuren lebt und dem Kosmos, in dem diese sich bewegen, der Thriller ist das Porträt einer Parallelgesellschaft. Eine Geschichte gibt es natürlich schon. Der immer wieder zu Experimenten bereite Drehbuchautor Steven Knight (Spencer, Im Netz der Versuchung) baute zwar auch eine Wendung ein. Bei dieser darf man aber geteilter Ansicht sein, ob sie nun geglückt ist oder nicht. Für die einen ist sie ein richtiger WTF-Moment, andere haben es lange kommen sehen. Wieder andere werden sie nur als unnötig empfinden, weil der Fokus ohnehin nicht darauf lag. Fesselnd ist der Thriller aber, auch weil bei der eskalierenden Situation – da gibt es neben dem Baby noch andere Problemfälle – lange offen bleibt, wie das Ganze ausgehen wird. Geschont wird da nicht, jeder Moment könnte der letzte sein, während sich die Figuren einer Gewaltspirale hingeben, bei der Lust und Pragmatismus teils kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind.

Credits

OT: „Eastern Promises“
Land: UK, Kanada
Jahr: 2007
Regie: David Cronenberg
Drehbuch: Steven Knight
Musik: Howard Shore
Kamera: Peter Suschitzky
Besetzung: Viggo Mortensen, Naomi Watts, Vincent Cassel, Armin Mueller-Stahl, Sinéad Cusack, Jerzy Skolimowski

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 2008 Bester Hauptdarsteller Viggo Mortensen Nominierung
BAFTA 2008 Bester britischer Film Nominierung
Bester Hauptdarsteller Viggo Mortensen Nominierung
César 2008 Bester fremdsprachiger Film Nominierung
Golden Globes 2008 Bester Film (Drama) Nominierung
Bester Hauptdarsteller (Drama) Viggo Mortensen Nominierung
Beste Musik Howard Shore Nominierung

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„Tödliche Versprechen“ ist ein stark gespielter Thriller um eine russische Mafiafamilie in London. Das geizt nicht mit Gewalt, auch die langsame Eskalation sorgt für Spannung. Und doch ist der Film vor allem das Porträt einer Parallelgesellschaft, die von zwielichtigen sowie widersprüchlichen Figuren bevölkert ist.
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