Schneller als die Angst TV Fernsehen ARD Das Erste
© ARD Degeto/MDR/Stephan Rabold

Schneller als die Angst

Inhalt / Kritik

Schneller als die Angst TV Fernsehen ARD Das Erste
„Schneller als die Angst“ // Deutschland-Start: 1. Januar 2021 (Das Erste)

Einige Wochen war Sunny Becker (Friederike Becht) außer Dienst. Doch jetzt meldet sich die Zielfahnderin zurück, will wieder richtig mitmischen. Auf eine Aufgabe muss sie nicht lange warten, ist doch der Vergewaltiger und Frauenmörder André Haffner (Felix Klare) aus dem Gefängnis entkommen und treibt nun erneut sein Unwesen. Und so macht sie sich gemeinsam mit den Kollegen Markus Fechner (Christoph Letkowski), Jakub Kasakow (Oleg Tikhomirov) und Torsten Wächter (Andreas Döhler) auf die Jagd nach dem flüchtigen Schwerverbrecher. Der Druck ist hoch, gerade auch auf ihren Chef Ralf Keller (Thomas Loibl), der dringend einen Erfolg braucht, bald kommt es zu ersten Streitigkeiten innerhalb der Truppe. Zeitgleich hat Sunny mit sich selbst zu kämpfen, wird sie seit ihrer eigenen Vergewaltigung doch von schrecklichen Alpträumen verfolgt …

Klassischer Thriller

Zuletzt waren die Serien auf den öffentlich-rechtlichen Sendern recht umstritten. In 80 Tagen um die Welt schrieb den beliebten Abenteuerklassiker kräftig um. Bei Eldorado KaDeWe – Jetzt ist unsere Zeit gab es statt Geschichtsstunde zum berühmten Warenhaus sexuell aufgeladene Grenzüberschreitungen. Mord in der Familie – Der Zauberwürfel frustrierte das Krimipublikum hingegen mit zahlreichen Zeitsprüngen. Wem das alles zu experimentell war, der darf sich dafür auf Schneller als die Angst freuen. Denn hier wird auf größere Experimente verzichtet. Wenn die Polizei hier einen ausgebrochenen Schwerverbrecher verfolgt, dann handelt es sich um eine über weite Strecken sehr klassische Thrillerserie, bei der von Anfang an alles klar ist.

Groß gerätselt wird deshalb hier nicht. Der einzige unklare Faktor ist, wer derjenige ist, der Sunny vergewaltigt hat. Das hat zunächst keinen direkten Bezug zu dem eigentlichen Fall. Einen Serienmörder zu jagen, das funktioniert auch ohne tragische Vorgeschichte. Entsprechend darf man hier lange den Eindruck haben, dass da nur mal wieder beim Drehbuchschreiben ein Trauma zynisch ausgenutzt wird, um sich die Arbeit einer Charakterisierung ersparen zu können. Zumindest hat Schneller als die Angst nicht viel über die eigene Protagonistin zu erzählen, was nicht direkt mit dem Fall oder der Vergewaltigung zu tun hat. Das Publikum erfährt kaum etwas über sie, das sie als einen normalen Menschen beschreiben würde. Da ist zwar noch der Kollege und Lebensgefährte Alex Reuter (Golo Euler). Sonderlich viel hat er aber nicht beizutragen.

Kabinett der Grausamkeiten

Vielleicht wollte man auf diese Weise aber auch einfach entschuldigen, dass Sunny eine unerträgliche Person ist, die bei anderen ständig Grenzen überschreitet und sich im Ton vergreift. Klar, Polizisten und Polizistinnen müssen nicht sympathisch ist, solange sie ihre Arbeit machen. Wenn aber eine Figur derart furchtbar ist, dass in jeder Szene, in der sie auftaucht, ein Ausschaltimpuls einsetzt, dann ist das vielleicht doch ein wenig übertrieben. Nicht dass die anderen Figuren in der Hinsicht besser wären. Da ist weit und breit niemand dabei, den man mag. Allenfalls Mitleid ist an der einen oder anderen Stelle drin. Schneller als die Angst versammelt ein Kabinett der Grausamkeiten, deren einziges Einstellungskriterium wohl war, wie man die Serie möglichst düster und abgründig gestalten kann.

Natürlich ist es nicht verkehrt, wenn eine Serie düster und abgründig ist. Im Thrillergenre ist es auch keine Seltenheit mehr, dass Ermittelnde irgendwie nicht ganz richtig sind. Gerade im skandinavischen Bereich findet man auf Schritt und Tritt kaputte Typen. Schneller als die Angst ist in der Hinsicht aber viel zu gewollt und bemüht. Da stand eben nicht die Idee für die Figur zuerst, sondern das Ziel, worauf alles hinauslaufen sollte. Enttäuschend ist in der Hinsicht vor allem Haffner selbst. Es ist zwar erfrischend, Tatort-Kommissar Felix Klare mal als Bösewicht zu sehen. Aber das ist nicht mehr als ein wandelndes Klischee ohne jede Persönlichkeit. Trotz der großen Gefahr, die von Haffner ausgeht: Spannend ist das nicht.

Zu lang und umständlich

Insgesamt reicht das dann sicher noch irgendwie fürs Mittelfeld. Schneller als die Angst erfüllt die Anforderung, die das Publikum an die ARD-Serie haben kann. Da gibt es Lebensgefahr und dunkle Geheimnisse und Verfolgungsjagden. Später werden die beiden Einzelstränge auch immer weiter zusammenkommen. Das versprochene Highlight ist die Mörderjagd aber nicht. Bei der Flucht des bekannten Täters passiert zu wenig, wofür sich das Einschalten lohnen würde. Die ständigen Querelen innerhalb der Polizei ziehen die Geschichte nur in die Länge, als das damit tatsächlich etwas erzählt würde. Die sechs Folgen à 45 Minuten, welche die Serie für sich in Anspruch nimmt, sind nicht wirklich gerechtfertigt. Vereinzelt gibt es zwar schon mal Ansätze, die es sich zu vertiefen gelohnt hätte, etwa zum Thema fragwürdiges Verhalten bei der Polizei oder wie es mit Angehörigen von Tätern aussieht, die selbst zum Opfer werden. Welchen Anteil haben sie daran? Tragen sie Verantwortung? Antworten gibt es aber keine, nur weitere Beschimpfungen, an deren Ende Erschöpfung und Frust stehen, weniger die Befriedigung, die eine solche Genrejagd am Ende normalerweise mit sich bringt.

Credits

OT: „Schneller als die Angst“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Florian Baxmeyer
Drehbuch: Klaus Arriens, Thomas Wilke
Musik: Michael Kadelbach
Kamera: Marcus Kanter
Besetzung: Friederike Becht, Felix Klare, Christoph Letkowski, Oleg Tikhomirov, Thomas Loibl, Andreas Döhler, Lisa Hrdina, Golo Euler

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„Schneller als die Angst“ erzählt, wie eine traumatisierte Polizistin Jagd auf einen geflohenen Frauenmörder macht. Richtig spannend ist das nicht, weil die Serie sich zu sehr damit aufhält, die unerträglichen und gleichzeitig uninteressanten Figuren streiten zu lassen. Das war vermutlich abgründig gemeint, ist aber eher ermüdend und zu gewollt.
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