Das Team hinter "Die Gangster Gang": Produzent Damon Ross, Regisseur Pierre Perifel und Produzentin Rebecca Huntley (© 2022 Alex J. Berliner.)

Pierre Perifel [Interview]

Wer sagt eigentlich, dass Wolf, Schlange und Hai böse sein müssen? In dem Animationsfilm Die Gangster Gang nach der Buchreihe Böse Jungs von Aaron Blabey versucht eine Gruppe verbrecherischer Tiere, sich zu bessern und gut zu werden. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn du dein Leben lang als Schurke gelebt hast. Bis zum Kinostart dauert es noch eine Weile, der ist erst für den 24. März 2022 geplant. Wir konnten uns aber schon einmal mit Regisseur Pierre Perifel über sein Spielfilmdebüt unterhalten.

 

Könntest du uns etwas über die Hintergründe von Die Gangster Gang erzählen? Warum wolltest du diesen Film drehen?

Ich hatte das Cover des ersten Buches gesehen und das sprach mich sofort an: Das ist wie Reservoir Dogs, nur mit Tieren! Ich war schon immer ein großer Fan von Gangsterfilmen, gerade denen von Tarantino. Das erweiterte sich später um Heist Movies von Soderbergh und Ritchie. Die waren ein sehr großer Einfluss für mich. Ich mochte einfach das Bild der Tiere, die da in dem Auto sitzen und eine Bank überfallen. Das Buch ist nicht ganz das, genauso wenig das Drehbuch des Films. Aber ich habe versucht, beides irgendwie zusammenzuführen. Außerdem mochte ich die Idee, dass so ikonische Tiere wie ein Wolf oder eine Schlange Schurken sind, weil sie von anderen dazu gemacht werden. Jeder sieht in ihnen die Bösen, deswegen sind sie es auch, ohne dabei eine Wahl zu haben. Und das versuchen sie zu ändern.

Was waren die Herausforderungen dabei, diese Geschichte für die Leinwand zu adaptieren?

Bei Heist Movies ist es so, dass im Mittelpunkt normalerweise der Überfall an sich steht und die ganzen coolen Pläne, die dafür ausgedacht wurden. Bei uns sollte es aber auch um die Figuren gehen und ihre Entwicklung bei dem Versuch sich zu bessern. Für uns war die Herausforderung also: Wie können wir die Coolness von einem Heist Movie mit dem Herz verbinden? Wir mussten es irgendwie schaffen, dass sich das Publikum in diese Schurken verliebt, damit es auch mit ihnen mitfiebern kann. Der Film sollte auch bodenständig sein und glaubwürdig bleiben, obwohl dauernd so wahnsinnige Dinge passieren. Dafür mussten wir erst die richtige Balance finden.

Die Gangster Gang ist dein erster Spielfilm nach mehreren Kurzfilmen. Ist es bei einem Debüt einfacher oder schwieriger, wenn er auf einem Franchise basiert?

Die Frage kann ich nicht wirklich beantworten, weil mir da einfach der Vergleich fehlt. Wir hatten aber auf jeden Fall sehr viele Freiheiten. Aaron Blabey, der die Bücher geschrieben hat, war auch als ausführender Produzent an dem Film beteiligt. Er wusste dadurch immer, was wir tun. Aber er hat uns völlig freie Hand gelassen. Wir mussten uns nicht an den Look der Bücher halten, sondern konnten etwas Eigenes daraus machen. Deswegen war der Film irgendwo dazwischen, dass er zwar auf einem Franchise basiert, aber doch nicht ganz gleich ist.

Du brauchst bei der Adaption einer beliebten Buchreihe aber nicht nur die Zustimmung des Autors, sondern auch die der Fans. Spürst du in der Hinsicht Druck?

Ja, auf jeden Fall. Wir wollen natürlich niemanden enttäuschen, der die Bücher liebt. Es wird mit Sicherheit auch Zuschauer und Zuschauerinnen geben, die sich über unsere Änderungen wundern. Zum Beispiel ist Tarantula in den Büchern ein Mann, bei uns eine Frau. Außerdem gibt es in der Welt in den Büchern nur Tiere, während wir einen Mix aus Menschen und Tieren haben. Da müssen wir schauen, wie das Publikum reagiert. Wir hoffen, dass es unseren Film als etwas Eigenständiges sehen wird und unsere Figuren liebt. Bei uns geht es auch deutlich mehr in die Tiefe, wenn es um die Gefühle der Figuren geht, weil du bei einem Animationsfilm einfach mehr machen kannst als bei den Büchern.

Du hast gemeint, dass das Publikum mit den Figuren mitfiebern können muss. Warum sollte ich bei Schurken mitfiebern, wenn wir es doch eigentlich gewöhnt sind, mit den Helden mitzufiebern?

Wir lieben doch alle Geschichten um Outsider und Underdogs. Unsere eigentliche Geschichte beginnt in dem Moment, in dem der große böse Wolf erkennt, dass er eigentlich auch geliebt werden will. Und das ist einfach großartig. Du willst, dass sie das schaffen und dass sie akzeptiert werden. Das ist ein Punkt, bei dem du als Zuschauer auch wirklich mitgehst, weil es hier um ein ganz grundsätzliches Thema geht, das wir aus unserer realen Welt kennen: die Sehnsucht nach Anerkennung und Nähe.

Damit verbunden ist die Frage: Ist es eine bewusste Entscheidung, böse zu sein?

Ganz genau. Letztendlich werden wir natürlich durch unsere Handlungen definiert. Das ist die Aussage unseres Films: Es spielt keine Rolle, wie du aussiehst. Du entscheidest, wer du sein möchtest. Aber das wissen unsere Figuren am Anfang nicht. Das müssen sie erst lernen. Am Anfang ist es mehr eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Jeder denkt, dass sie böse sind, also sind sie böse und rauben Banken aus. Wir hassen Tiere wie Spinnen, Schlangen und Haie und fürchten uns vor ihnen. Und diese Angst in uns macht sie zu den Schurken.

Letzte Frage. Bei einem Heist Movie ist es so, dass jeder eine besondere Fähigkeit mitbringt und dadurch eine bestimmte Rolle innerhalb des Raubs übernimmt. Wenn du bei einem solchen Heist dabei wärest, was wäre deine Rolle?

Tolle Frage! Der Planer wäre ich nicht unbedingt. Ich wäre wahrscheinlich der Fahrer. Das sind immer die Coolen in der Geschichte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Pierre Perifel

Zur Person
Pierre Perifel wurde in Lyon, Frankreich geboren. Er ging auf die Kunstschule École Émile-Cohl in Lyon und studierte später an der Gobelins, L’École de L’Image in Paris, wo er 2005 den Abschluss machte. 2008 zog er in die USA und fing bei DreamWorks Animation an. Nachdem er bei Filmen wie Der Illusionist (2010) und Kung Fu Panda 2 (2011) mitarbeitete und eigene Kurzfilme wie Bilby (2018) drehte ist Die Gangster Gang (2022) sein Langfilmdebüt als Regisseur.



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