Ghost World Film
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Ghost World

Inhalt / Kritik

Ghost World Film
„Ghost World“ // Deutschland-Start: 18. Oktober 2001 (Kino) // 13. Mai 2014 (DVD)

Seit ihrer Kindheit sind Enid (Thora Birch) und Rebecca (Scarlett Johansson) beste Freundinnen und reden von nichts anderem, als endlich zusammenzuziehen. Nach dem Abschluss der Highschool scheint dieser Traum zum Greifen nahe, jedoch muss Enid noch einen Kunstkurs während der Sommerschule besuchen, während Rebecca bereits mit nach geeigneten Anzeigen für eine Wohnung sucht und sich einen Job besorgt. Um sich die Zeit zu vertreiben, rufen die beiden Mädchen die Nummer einer Kontaktanzeige an und lauern dem nichtsahnenden Mann (Steve Buscemi) auf, der zum vereinbarten Zeitpunkt zum Treffpunkt kommt, aber letztlich enttäuscht wieder weggeht. Für Rebecca ist es einer ihrer vielen Späße, doch Enid will den Mann kennenlernen und ist fasziniert von ihm. Schließlich macht sie Bekanntschaft mit Seymour, einem zurückgezogen lebenden Sammler von Schallplatten und Antiquitäten, der ihr eine seiner LPs verkauft. Schnell wird Seymour zu einer Obsession für Enid, die in dem viele Jahre älteren Mann einen Seelenverwandten zu sehen meint, sodass sie beschließt, Seymour zu helfen und ihm eine Frau zu besorgen.

Das Ende der westlichen Kultur

Seit seiner ersten Publikation Anfang der 1990er Jahre ist David Clowes’ Graphic Novel Ghost World nicht nur zu einem großen kommerziellen wie auch kritischen Erfolg geworden, sondern zu einem Kultklassiker, der Themen wie Adoleszenz und die US-amerikanische Popkultur behandelt. Unter anderem wegen seiner Arbeit an Crumb, der Verfilmung des Lebens des bekannten Comiczeichners R. Crumb, galt Regisseur Terry Zwigoff als die ideale Wahl für die Verfilmung des Stoffes, wobei er für das Drehbuch mit Clowes eng zusammenarbeitete. Herausgekommen ist ein Film, welcher der Atmosphäre und den Figuren der Vorlage treu bliebt, sich aber in vielen Aspekten von der Graphic Novel emanzipiert.

Es sei zwar nicht unbedingt ein Grund, ins Kino zu gehen, wie Zwigoff in Interviews zu Ghost World zugibt, aber für ihn sei der Geschichte letztlich eine über den Niedergang der US-amerikanischen Kultur oder generell der Kultur des Westens. Enid und Rebecca sind Wiedergänger von Figuren wie Holden Caulfield aus Der Fänger im Roggen, die versuchen, eine tiefere Bedeutung in der Welt um sie herum zu finden, einen Grund in dieser Welt zu leben, wenn man so will, auch wenn es diese ihnen nicht gerade einfach macht. Während ihrer Suche schlendern sie durch jene Konsumtempel der Postmoderne, von Diners im 50er Jahre Stil, die den ganzen Tag über 90er Jahre Popmusik spielen, oder Kinos, in denen Filme in gleichem Maße verspeist werden wie das in Butter getränkte Popcorn. Zwigoff und Kameramann Affonso Beato erweitern die Welt Clowes’ um eine schier endlose Reihe von Markennamen, die bei den Streifzügen der beiden Heldinnen dem Zuschauer gezeigt werden und einer ebenso endlosen Schau der Oberflächlichkeit, welche selbst Vertretern der Bildung als Tiefgang missverstanden wird.

Der Traum von Anders-Sein

Wie Caulfield machen es auch Enid und Rebecca dem Zuschauer nicht gerade einfach und sind alles andere als Heldinnen mit einer weißen Weste. Die grausamen Streiche, die sie Seymour spielen, die zynischen Kommentare, mit denen sie ihre Umwelt klassifizieren, oder eben jene narzisstischen Anmaßungen, die das Glück anderer als peinlich oder dumm betrachten, selbst das, der eigenen Eltern. Insbesondere Thora Birch, eine Schauspielerin, die heute weitestgehend vergessen zu sein scheint, spielt jene Ambivalenz ihres Charakters aus, betont aber zugleich, inwiefern es sich um Ausbrüche aus einer insgesamt eher oberflächlichen Welt handelt, einer Ablehnung von allem, was man als Mainstream heutzutage ansieht, in einem Wunsch, einfach nur anders zu sein. Clowes wie auch Zwigoff zeigen diesen Kampf darum, etwas anders zu machen, dieser „Geisterwelt“ zu entkommen, als das Zentrum ihrer Geschichte, mit einer Mischung aus bitter Komik und alltäglichen Tragödien.

Neben Birch wissen auch die anderen Darstellern, allen voran Scarlett Johansson und Steve Buscemi zu begeistern, wobei letzterer einmal mehr seinem Faible für schräge Charakter und Verliererfiguren nachkommt.

Credits

OT: „Ghost World“
Land: USA
Jahr: 2001
Regie: Terry Zwigoff
Drehbuch: Daniel Clowes, Terry Zwigoff
Vorlage: Daniel Clowes
Musik: David Kitay
Kamera: Affonso Beato
Besetzung: Thora Birch, Scarlett Johansson, Brad Renfro, Steve Buscemi, Illeana Douglas

Bilder

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„Ghost World“ ist eine sehr gelungene Verfilmung der gleichnamigen Graphic Novel. Terry Zwigoff betont in seinem Film den Kampf darum, anders zu sein, in einer Welt, in der Oberflächlichkeit fälschlicherweise als Tiefgang verkauft wird, und in welcher Konsum und Materialismus dominieren.
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