Bakemonogatari
© NISIOISIN/KODANSHA,ANIPLEX,SHAFT

(„Bakemonogatari“ directed by Tatsuya Oishi and Akiyuki Shinbo, 2009)

Bamemonogatari
„Bakemonogatari“ ist auf drei Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

Irgendwie hat Koyomi Araragi momentan nicht wirklich Glück im Leben. Zwar hat er es geschafft, mithilfe des zurückgezogen lebenden Meme Oshino seine Verwandlung in einen Vampir wieder rückgängig zu machen und genießt sogar noch den Vorteil, dass seine Wunden schneller heilen als bei normalen Menschen. Dafür hat er aber ein unglaubliches Händchen dafür, anderen Leuten zu begegnen, die von Dämonen besessen sind. Hitagi Senjōgahara zum Beispiel. Die fällt eines Tages vom Himmel direkt in seine Arme. Ein schweres Problem ist das nicht, denn eigentlich wiegt die Schülerin nichts. Klarer Fall, da muss es eine übernatürliche Erklärung für geben. Und Senjōgahara ist nur die erste von diversen Mädchen, bei denen es mit dem Teufel zugeht.

Animes, in denen Vampire eine wichtige Rolle spielen, gibt es ja nicht zu knapp. Die meisten davon sind – aus naheliegenden Gründen – im Horrorbereich angesiedelt. Dann und wann wird aber doch auch ein Ausflug in andere Genres gewagt, etwa in die Komödie (Blood Lad) oder das Drama (Vampire Princess Miyu). Bakemonogatari tut das auch. Und tut es wieder nicht. 15 Episoden lang folgen wir hier Araragi, finden dabei viel Bekanntes, etwa Anleihen bei der in Animes gern verwendeten Haremnische. Und doch ist am Ende alles irgendwie anders, weil die Serie unerwartete Wege einschlägt oder einfach Dinge miteinander kombiniert, die eigentlich gar nicht zusammenpassen dürften.

Eine geistreiche Episodengeschichte
Ein solcher Mischmasch würde bei vielen vermutlich böse in die Hose gehen. Glücklicherweise ist Nisio Isin, der die zugrundeliegenden Light Novels geschrieben hat, keiner dieser vielen. Bei Katanagatari zeigte er, dass er sich auf ebenso witzige wie scharfe Dialoge versteht und stellte das Samurai-Genre auf den Kopf. Hier ist es nun ein Ausflug in die japanische Folklore und Geisterwelt, welcher er neue Seiten abgewinnt. Grundsätzlich ähnelt die Serie natürlich schon den diversen Kollegen, die in voneinander unabhängigen Episoden den Schritt in eine übernatürliche Welt inmitten der Menschen wagen – etwa Mushi-Shi oder Mononoke. Hier sind die einzelnen Kapitel zwar stärker miteinander verknüpft, einfach indem die Figuren immer wieder auftauchen. Sie funktionieren aber auch ohne Kontext. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Bakemonogatari ist Teil einer größeren Reihe, die auch Nisemonogatari und Kizumonogatari umfasst. Kennen muss man die anderen Adaptionen aber nicht, um hier folgen zu können.

Wobei, das mit dem Folgen ist hier so eine Sache. Und das nicht nur, weil viel mit japanischen Wortspielen gearbeitet wird. Um wirklich alle Feinheiten in sich aufnehmen zu können, muss man die Serie mehrfach anschauen oder seinen Finger ständig in Nähe der Pausetaste halten. Immer wieder wird das Geschehen von erläuternden Texteinblendungen unterbrochen oder ergänzt, die sofort wieder verschwunden sind. So etwas kann sehr nervig sein, wie das Beispiel Chaos Dragon gezeigt hat, wo das Szenario nicht ausgeführt, sondern lieblos auf den Bildschirm geklatscht wurde. Bei Bakemonogatari ist das ein wenig anders. Nicht nur, dass diese Zusatzinfos für das Verständnis nicht wirklich nötig ist, dieses Sprunghafte passt zudem sehr gut zu seiner Serie, die wirklich alles kann, nur nicht stillstehen.

Zwischen Drama, Komödie und blankem Horror
Das betrifft zum einen besagte Genresprünge. Da wird im einen Moment noch herzhaft gelacht, im nächsten ein Schlag in die emotionale Magengrube versetzt – Einsamkeit und Mobbing sind zwei der Themen –, nur um dann doch noch feinste Horrorstimmung zu verbreiten. Sprunghaft sind aber auch die Figuren, in denen unerwartete Abgründe warten, die sich oft auch nicht so verhalten, wie man es von ihnen erwarten würde – was sie Serie auch selbst anmerkt. Das kann mitunter verwirren, vielleicht sogar frustrieren, selbst innerhalb der übernatürlichen Animesparte wirkt Bakemonogatari oft seltsam fremd und surreal.

Das wird auch durch die fabelhafte Optik aus dem Hause Shaft (Puella Magi Madoka Magica, Nisekoi) unterstützt. Auch hier wird herzlich wenig Wert auf Normalität gelegt. Wo andere durch Fotorealismus aus der Animemasse hervorstechen wollen, sorgen die Japaner durch ein ungeheures Stilbewusstsein und unbändige kreative Energie für offene Münder. Mal wird mit sehr starken Farben gearbeitet, dann wieder mit keinen oder den falschen. Perspektiven nehmen eigenartige Formen an, Figuren werden verzerrt, Krabben aus Buchstaben laufen umher, manchmal wird auch Zeichentrick mit Realaufnahmen gekreuzt. Wenn Vergleiche anstehen, dann mit anderen Exzentrikern wie Masaaki Yuasa (The Tatami Galaxy, Mind Game) oder auch dem Psycho-Geheimtipp Welcome to Irabu’s Office. Und so wie dort gibt es auch hier immer mal wieder Stoff zum Nachdenken. Schön daher, dass die eigenwillige Kultserie nach jahrelangem Warten doch noch ihren Weg hierher gefunden hat, denn vergleichbar eigenständig geht es im Animesegment nur selten zu.



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Horror, Drama, Komödie, dazu noch Haremselemente – die Geisterserie „Bakemonogatari“ schmeißt wirklich alles zusammen, was irgendwie geht. Was bei anderen oft schief geht, wird hier aber zum Trumpf: Der auch visuell ungemein experimentierfreudige Anime hält einen durch seine ständigen inhaltlichen wie stilistischen Sprünge in Atem.
8
von 10