Nisekoi Staffel 1
© Naoshi Komi / SHUEISHA, ANIPLEX, SHAFT, MBS

(„Nisekoi“ directed by Naoyuki Tatsuwa and Akiyuki Shinbo, 2014)

„Nisekoi – Staffel 1“ ist auf vier Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

So wie bisher kann es nicht mehr weitergehen, darin sind sich die Mitglieder von Shuei-Gumi und Beehive einig. Sonst schlagen sich die beiden Yakuza-Clans gegenseitig noch die Köpfe ein. Eine Idee haben die jeweiligen Oberhäupter auch schon, wie sich das schwierige Verhältnis verbessern ließe: Die Sprösslinge Raku Ichijo und Chitoge Kirisaki sollen ein Paar werden! Dumm nur, dass die High-School-Schüler sich auf den Tod nicht ausstehen müssen. Schlimmer noch: Während Raku gute Miene zum bösen Spiel machen und so tun muss, als würde er die blonde aufbrausende Mitschülerin lieben, hat er eigentlich Gefühle für die schüchterne Kosaki Onodera. Und als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, spukt ihm im Kopf das eine Mädchen herum, dem er vor zehn Jahren ein Versprechen gegeben hat. Welches es war, weiß er nicht mehr, auch nicht, wie sie aussieht. Er weiß lediglich, dass es wichtig war.

Wenn die Kinder verfeindeter Clans zu Paaren werden, dann denkt jeder natürlich zuerst an Shakespeares „Romeo und Julia“. Bei Nisekoi ist das jedoch etwas anders: Wenn hier zwei sich spinnefeinde Jugendliche dazu angehalten werden, eine Zwangsbeziehung einzugehen, dann wird das bekannte Thema auf eine komische Weise auf den Kopf gestellt. Naoshi Komi, der den zugrundeliegenden Manga geschrieben hat, begnügte sich aber nicht allein damit, sondern verband die Anti-Liebesgeschichte mit üblichen Haremselementen – mit der Zeit kommen noch weitere weibliche Anwärterinnen auf den Herzthron hinzu – und besagter Erinnerung, die keine mehr ist.

Das ist ganz schön viel Stoff für eine 20-teilige Serie, möchte man meinen. Und ist doch nicht genug, um den Anime wirklich auf Dauer interessant zu halten. Eines der Probleme ist, dass die bekannten Elemente so bekannt sind, dass man bei Nisekoi oft schon weiß, was nun als nächstes passieren wird. Ob Raku, Chitoge oder Kosaki, mehr als Stereotype sind Komi zu dem Thema nicht eingefallen. Das wird eingefleischte Anhänger dieser speziellen Sparte japanischer Popkultur vermutlich freuen, der Rest wird sich angesichts der enormen Vorhersagbarkeit – diverse peinliche Situationen und Missverständnisse inbegriffen – ziemlich langweilen. Und Langeweile ist nun mal keine besonders gute Voraussetzung, wenn man eigentlich gerade versucht, das Publikum zum Lachen zu bringen. Denn von dem turbulenten Finale einmal abgesehen fehlt es der Serie schlicht an Witz.

Verstärkt wird das fade Gefühl noch weiter, indem die Geschichte nie in die Gänge kommt. Selbst wenn eine Situation eindeutig ist, tun die Figuren alles dafür, sie kompliziert zu machen. Thematisierte Gefühle werden immer und immer wieder wiederholt, alles quälend in die Länge gezogen. Einziger Lichtblick in dieser Liebeskomödie ist der Handlungsstrang um das lang zurückliegende Versprechen und den seltsamen Anhänger, den Raku mit sich trägt. Auch hier scheint sich ständig eine äußerst naheliegende Antwort anzudeuten, nur um dann doch wieder zurückzuschrecken. Im Gegensatz zu dem frustrierenden Romanzeaspekt schafft es Nisekoi hier aber tatsächlich, Neugierde darauf zu wecken, was denn nun hinter der grotesken Geschichte steckt, die noch nicht einmal ansatzweise so tut, als wäre sie plausibel.

Bei der Umsetzung mischen sich Licht und Schatten ebenfalls, auf eine oft wenig attraktive Art und Weise. Zugutehalten muss man dem Animationsstudio Shaft (Puella Magi Madoka Magica, Bakemonogatari), dass es zwischendrin immer mal wieder ein bisschen mit Stilen experimentiert, vor allem bei den comichaft überzeichneten Reaktionen und Fantastereien oder auch der Darstellung von Nebenfiguren. Der Alltag ist jedoch nur wenig ansehnlich. Ein Großteil der Szenen wird immer streng von der Seite bzw. vorne gezeigt, was Nisekoi wie eine Dating Sim aussehen lässt. Und auch sonst hat die Serie einen unangenehmen Computerlook, der eher auf übertriebene Effekte wie Spiegelungen und Neon-Farben setzt anstatt auf Details. Die flachen, regungslosen Hintergründe sehen so aus, als wären sie schon vor Jahren von allen Menschen verlassen worden. Kurios ist auch, wenn sich Mädels in gemusterten Kleidern fortbewegen, die Kleidung ihre Form ändert, ohne aber die Muster zu verzerren. Dass TV-Serien oft etwas billig aussehen, ist kein Geheimnis, hier ist das aber besonders heftig: Die Mangaadaption ist für eine Liebesgeschichte an vielen Stellen geradezu erschreckend lieblos und ein weiteres Beispiel dafür, dass man die Popularität eines Werkes nicht immer nachvollziehen muss. Denn trotz der Mängel folgte bald eine zweite Staffel, die nichts dazugelernt hat.



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Die Umdrehung von „Romeo und Julia“ ist originell. Hinzu kommt eine Vorgeschichte, die so grotesk ist, dass sie neugierig macht. Ansonsten aber ist „Nisekoi“ eine recht langweilige Liebeskomödie, die sich zu sehr mit Bekanntem aufhält und dabei nicht einmal besonders gut aussieht.
5
von 10