Yalla Parkour
© PK Gaza
Yalla Parkour
„Yalla Parkour“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

In Zeiten des Krieges, besonders wenn dieser lange anhält, fällt es schwer, an eine Welt ohne Konflikt zu denken. Das, was als Normalität gemeinhin verstanden wird, ist aufgehoben, denn Unsicherheit und Angst definieren den Alltag der Menschen, denen meist nur der Ausweg bleibt, ihre Heimat zu verlassen. Der Gazastreifen ist eine von leider vielen Regionen auf unserer Welt, in welcher der Konflikt paradoxerweise zum Alltag, zur neuen Normalität geworden ist und die Bewohner einen Weg finden müssen, sich mit diesem zu arrangieren oder eben die Region zu verlassen. Die Familie von Regisseurin und Produzentin Areeb Zuaiter hat, als sie noch ein Kind war, Palästina verlassen, weil die Realität des Konflikts nicht mehr hinnehmbar war und das Denken an eine Zukunft unmöglich machte. Mit dem Tod ihrer Mutter fiel Zuaiter in ein tiefes Loch, weil sie mit ihr die letzte noch verbleibende Verbindung zu ihrer Heimat verloren hatte. In dieser Zeit der Trauer und des Nachdenkens, in der sie unzählige Videos über Palästina und die Region rund um den Gaza-Streifen schaute, stieß sie auf eine Szene, die gar nicht in das Bild passte, was sie bis dahin gewohnt war und das ihr einen Anlass bot, ihre Heimat neu kennenzulernen.

Das Video zeigte eine Gruppe Jugendlicher, die trotz der Bomben und des Chaos um sie herum ihrem gemeinsamen Hobby nachging: Parkour. Die Freude am Wettbewerb, der Mut und die Furchtlosigkeit, die Zuaiter in diesem wie auch vielen anderen Videos der Jugendlichen sah, faszinierte sie und sie beschloss, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, was ihr nach einigen Versuchen schließlich gelang. Aus dieser Begegnung und dem darauf folgenden Austausch entstand die Idee zu der Dokumentation Yalla Parkour, die nun auf dem DOK.fest München 2025 zu sehen ist. Hauptbestandteil sind die Videos der palästinensischen Jugendlichen, meistens gefilmt von Achmed, mit dem Zuaiter auch Kontakt aufnahm. Wir sehen darin die Gruppe Teenager bei ihrem Training und ebenso bei verschiedenen Parkour-Übungen, von denen einige sehr waghalsig sind, wie man es auch von dieser Sportart erwartet. Darüber hinaus besteht die Dokumentation aus den Gesprächen zwischen Zuaiter und Achmed, über ihre verschiedenen Lebensrealitäten, über ihre Heimat und über die unterschiedlichen Vorstellungen zu ihrer Zukunft.

Leben in Zeiten des Krieges

In der Ruine eines Gebäudes findet eine Szene statt, die dem Zuschauer sicherlich den Atem rauben wird. Einer der Teenager, dem wir vor ein paar Minuten noch dabei zugeschaut haben, wie er verschiedene Bewegungsabläufe und Sprünge einstudiert, überwindet Abgründe, Mauervorsprünge und Löcher im Boden, bis er sein Ziel schließlich erreicht hat. Für einen Moment hat der Zuschauer die Realität des Konflikts vergessen und konzentriert sich voll und ganz auf den jungen Mann und seine Bewegungen. Man fiebert mit und erwischt sich das ein oder andere Mal sogar dabei, dass man ihn, wie auch seine Freunde bei vergleichbaren Übungen, anfeuert. Die Ästhetik ist dabei jene Amateur-Perspektive, die man beispielsweise auf Skateboarding-Videos kennt und betont die beschriebene Wirkung dieser Sequenzen deutlich.

Durch die Kulisse der Aufnahmen sowie die Unterhaltungen zwischen Zuaiter und Achmed wird das Publikum immer wieder an den Konflikt erinnert und welche Rolle er in ihren beiden Leben spielt, jedoch gelingt Yalla Parkour eine Perspektive zu zeigen, die ein Bild davon zeichnet, wie Menschen dem Krieg trotzen. Es geht nicht nur um einen Kick, sondern darum, besser zu werden, sich mit anderen zu messen und etwas zu haben und schließlich die pure Lust am Leben zu spüren. Wie das Adrenalin wird auch dies zu einer Sucht und führt zum Nachdenken über die Zukunft oder eben die Flucht in eine Realität, in der es möglich ist, Parkour zu betreiben, ohne über den Krieg nachzudenken. Mit den Bildern gelingt ein kleiner Triumph über den Krieg und eine sehr berührende Sichtweise auf junge Menschen, die sich das Leben und die Freude nicht nehmen lassen wollen.

Credits

OT: „Yalla Parkour“
Land: Palästina, Katar, Saudi Arabien, Schweden
Jahr: 2024
Regie: Areeb Zuaiter
Drehbuch: Areeb Zuaiter, Phil Jandaly
Musik: Diab Mekari
Kamera: Ibrahim Al-otla, Marco Padoan, Umit Gulsen

Bilder

Trailer

Filmfeste

Berlinale 2025
DOK.fest München 2025

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Yalla Parkour
fazit
„Yalla Parkour“ ist eine beeindruckende und berührende Dokumentation über das Leben in Zeiten des Krieges und die Wiederbegegnung mit der Heimat. Areeb Zuaiter erzählt davon, wie sie ihre alte Heimat neu kennengelernt hat und dabei zugleich etwas gelernt hat darüber, wie junge Menschen der Hoffnungslosigkeit und der ständigen Unsicherheit versuchen zu trotzen.
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