
Beschimpfungen und Aggression ist die kurdisch stämmige Politikerin Şirin Doğan (Idil Üner) prinzipiell gewohnt, Beleidigungen gehören zu ihrem Alltag. Doch dass sie in ihrer eigenen Wohnung angegriffen wird, ist selbst für sie Neuland. Dabei kann sie nicht sagen, wer es gewesen ist. Auch beim Motiv ist prinzipiell alles möglich. Staatsanwältin Judith Schrader (Nadja Uhl) ist das zu heikel, sie will sich von diesem politischen Minenfeld lieber fernhalten. Oberstaatsanwalt Ronny Paschke (David Ruland) besteht jedoch darauf und stellt ihr eine Rückkehr zum Dezernat organisierte Kriminalität in Aussicht. Gemeinsam mit Hauptkommissar Jochen Montag (Dirk Borchardt) nimmt sie die Ermittlungen auf. Dabei führen die Spuren unter anderem zum ehemaligen Polizisten Sven Temme (Nicholas Reinke) und seiner Freundin Jana Bloch (Sarah Mahita) sowie zum Polizisten Oktay Arslan (Adam Bay) …
Vierter Fall für die Staatsanwältin
Es gibt beim ZDF diverse Krimireihen, die werden so oft fortgesetzt, dass man das Gefühl hat, in einer Dauerschleife gefangen zu sein – zumal die Filme dann auch noch regelmäßig wiederholt werden. Andere sind hingegen so rar, dass man komplett vergisst, dass es sie überhaupt gibt. Zu der zweiten Gruppe gehört Die Jägerin. Los ging es 2019 mit Gegen die Angst. 2021 und 2023 folgten Nach eigenem Gesetz und Riskante Sicherheit, bei denen dann auch erstmals ein Reihentitel zum Einsatz kam. Schließlich war beim Auftakt noch nicht klar, ob das wirklich eine Reihe würde. Mit Gegen die Wut steht nun der vierte Teil an. Diesmal ging es vergleichsweise schnell, rund 14 Monate sind vergangen, so kurz war der Abstand zwischen zwei Filmen noch nie.
Dennoch, die spärliche Veröffentlichungsweise macht es nicht ganz einfach, die Figuren zu etablieren. Hinzu kommt die mangelhafte Figurenzeichnung. So hat man nach diesem Filmen keine Ahnung, was für ein Mensch die Protagonistin ist, bei den anderen sieht es nicht besser aus. Wo bei anderen Krimis mit weiblichen Hauptfiguren das ZDF gern mal versucht, die Toughness zu betonen – siehe Helen Dorn, Sarah Kohr oder Nora Weiss –, da will man hier offensichtlich einen zurückhaltenderen Charakter. Das ist prinzipiell nicht verkehrt. Wenn das aber dazu führt, dass die Ermittlerin nichtssagend ist und als Identifikationsfigur ausfällt, ist auch niemandem geholfen. Die Jägerin: Gegen die Wut veranschaulicht, wie schwer sich deutsche Drehbücher im Krimibereich tun, interessante Figuren zu entwerfen, ohne dabei auf plumpe tragische Vorgeschichten oder demonstrative Coolness zu setzen.
Leidlich spannend
Dafür ist die Geschichte etwas besser geworden. Wo man sich beim letzten Mal noch mit einer tschetschenischen Gangsterfamilie anlegte, da wird es hier in mehrfacher Hinsicht politisch. Man merkt dem Film auch an, dass in der Hinsicht gewisse Ambitionen verfolgt werden, ohne dass dabei gleich der Holzhammer geschwungen wird. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass das Opfer in Die Jägerin: Gegen die Wut einige Ambivalenz mitbringt, nicht einfach nur ein Gutmensch ist, sondern Fehler macht. Umgekehrt wird auch versucht, die Gegenseite nicht einfach zu Karikatur-Bösewichtern zu machen, wie es das Mal zuvor gewesen ist. Man versuchte zumindest an der Stelle, etwas dreidimensionalere Figuren zu schaffen – also das, was bei den Hauptfiguren verpasst wurde.
Das funktioniert prinzipiell ganz gut. Später wird auch die Spannung erhöht, wenn die Situation immer brenzliger wird. Auf Rätsel muss man dabei aber verzichten. Natürlich darf am Anfang spekuliert werden, wer denn die Politikerin angegriffen hat und aus welchem Grund. Wer sowohl bei Rechten, Türkei und der Polizei unbeliebt ist, hat zwangsläufig viele, die in Frage kommen. Die Jägerin: Gegen die Wut verrät aber vergleichsweise früh, was Sache ist, um wen es geht und was dahintersteckt. Wer einen Krimi sucht, bei dem man viel spekulieren kann und der mit überraschenden Wendungen daherkommt, ist hier eher fehl am Platz. Insgesamt reicht es aber für einen durchschnittlichen Genrebeitrag – was mehr ist, als die vorangegangenen Teile von sich behaupten können.
OT: „Die Jägerin: Gegen die Wut“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: İsmail Şahin
Drehbuch: Robert Hummel, Peter Dommaschk
Musik: Christopher Bremus
Kamera: Jana Lämmerer
Besetzung: Nadja Uhl, Dirk Borchardt, Sarah Mahita, Nicholas Reinke, Malick Bauer, Altamasch Noor, Idil Üner, David Ruland, Adam Bay, Timur Işık
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