Du levande Das jüngste Gewitter
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Du levande Das jüngste Gewitter
„Das jüngste Gewitter“ // Deutschland-Start: 20. März 2008 (Kino) // 21. August 2015 (DVD)

Inhalt / Kritik

An einem einzigen Tag in Göteborg kollidieren die Leben verschiedener Menschen. Da wäre zum einen eine Frau (Elisabet Helander), die sich in einer Lebenskrise befindet. Trotz der Versuche ihres Freundes (Jugge Nohall), sie auf andere Gedanken zu bringen, bleibt sie unbeirrt bei ihrer Überzeugung, niemand könne sie verstehen und alle wären besser dran, wenn es sie nicht gäbe. Ein Tischler (Leif Larsson) erzählt von seinem Albtraum, der ihn zutiefst verstörte, indem er einen tollkühnen Trick zeigen wollte, der dann schwerwiegende Folgen für ihn haben soll. Ein Psychiater berichtet von den Problemen, die er mit seinen Patienten hat, denen er nur noch Medikamente verschreiben will, da er ihre schrecklichen Geschichten nicht mehr länger anhören möchte. Zuletzt ist da noch eine Teenagerin (Jessica Lundberg), die sich in den Gitarristen und Sänger einer Band verliebt hat. Sie verliert sich in einem Tagtraum über ihre Zukunft und wird vielleicht bitter enttäuscht werden.

Freut dich also, Lebendiger

Obwohl Roy Andersson kein Unbekannter für den Kulturbetrieb seiner Heimat Schweden sein sollte, hatten er und sein Team große Probleme bei der Finanzierung seines sechsten Filmes Das jüngste Gewitter. Unter anderem musste er mehrere Male zur Pfandleihe gehen und Werbespots drehen, damit das Projekt weiter gedreht werden konnte. Von den Mühen hinter den Kulissen sieht man dem fertigen Film natürlich nichts an, wenngleich viele der Themen, beispielsweise die Kontemplation über Glück, Materialismus und Unruhe durchaus zu passen scheinen. Wie schon Songs from the Second Floor ist Das jüngste Gewitter mehr ein Episodenfilm, der formal sehr streng auf kurze Momente im Leben ein paar Menschen schaut, ihre Träume, ihre Ängste und ihre kleines Glück.

Ein Gewitter gibt es zwar in Anderssons Film, doch der eigentliche (und auch passendere) Originaltitel bezieht auch auf Des Hohen Lied aus der Edda zurück und bedeutet soviel wie, dass man als Mensch an anderen Menschen Freude haben kann. Darüber hinaus beginnt der Film mit einem Zitat aus den Römischen Elegien von Johann Wolfgang von Goethe, in dem davon die Rede ist, dass man sich des Lebens erfreuen soll, denn der Tod, in diesem Falle repräsentiert durch Lethe, einen Fluss, der in der griechischen Mythologie in die Unterwelt führt, kommt eher, als man denkt. Von der Freude merkt man hingegen nicht so viel bei den Figuren, die man nun kennenlernt, denn alle haben ihr sprichwörtliches Päckchen zu tragen. Von materiellen Problemen bis hin zu Liebeskummer erleben wir eine ganzes Repertoire emotionaler Leiden, auch wenn das ein oder andere Problemchen irgendwie schlimmer von den Figuren dargestellt wird, als es wirklich zu sein scheint. Andersson zeigt einmal mehr Erschütterungen im Leben von Menschen, Momente, die sie aus der Bahn werfen, oder in denen wir uns in unserem Selbstmitleid gerne abschotten würden. Humor und Tragik begegnen sich hier immer wieder, sodass Das jüngste Gewitter letztlich ein menschliches Panorama abbildet, das berührt und unterhält zugleich.

Kontemplation und Zufälle

Durch die Inszenierung, die man aus Anderssons vorherigen Filmen kennt, bekommt das Alltägliche eine gewisse Überhöhung. Es wirkt so, als würde man eine Theaterinszenierung betrachten, bei der es schließlich auch nicht wundert, wenn wir auf einmal die Traumwelt betreten, wenn beispielsweise eine der Figuren von ihrem verstörenden Albtraum letzte Nacht berichtet. Eine junge Frau steigert sich hingegen lieber in ihre Vision vom Leben mit ihrem angebeteten Rockstar hinein, was in einer der visuell beeindruckendsten Szenen des ganzen Filmes kulminiert. Andersson spricht von den kleinen Fluchten aus dem Alltag, den Hoffnungen auf Glück und den Auswegen aus dem erschlagenden Einerlei, was für den einen ein solcher Traum sein mag, für den anderen hingegen ein neuer Anzug oder ein beherzter Griff zum Rasierer. Schließlich verkündet jemand lakonisch, dass die letzte Runde ist, man nur noch einmal etwas bestellen kann und dann Schluss ist. Das Aufwachen auf dem Traum ist brutal und ernüchternd, ähnlich dem Verlassen dieses Filmes, der uns an das Theater des menschlichen Lebens erinnern will und wie schnell es damit zu Ende sein kann.

Credits

OT: „Du levande“
Land: Schweden, Dänemark, Norwegen, Frankreich, Deutschland
Jahr: 2007
Regie: Roy Andersson
Drehbuch: Roy Andersson
Musik: Benny Andersson
Kamera: Gustav Danielsson
Besetzung: Sandy Mensson, Elisabet Helander, Jessica Lundberg, Jörgen Nohall, Jan Vikbladh, Jugge Nohall, Leif Larsson

Trailer

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Das jüngste Gewitter
fazit
„Das jüngste Gewitter“ ist ein Episodenfilm, der sich zwischen Drama und Komödie bewegt. Roy Andersson erzählt von den Leben einiger Menschen an einem Tag in Göteborg, von ihren Hoffnungen und Träumen und bildet das ganze Panorama des menschlichen Lebens ab.
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