Ricardo and Painting Ricardo et la Peinture
© Les Films du Losange

Ricardo and Painting

Ricardo and Painting Ricardo et la Peinture
„Ricardo and Painting“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

In diesem Dokumentarfilm erzählt der seit vielen Jahrzehnten in Frankreich lebende argentinische Künstler Ricardo Cavallo von seinem Leben mit der Kunst – was ihn inspiriert, wie er lebt und arbeitet und was ihm in seinen 69 Jahren auf der Erde am wichtigsten ist, wie etwa das Weitergeben seiner Kenntnisse an die jüngste Generation in Form einer Art Künstlerschule für Kinder. Sein alter Freund und Regisseur Barbet Schroeder (Die Affäre der Sunny von B.) tritt dazu mit ihm in einen Dialog, der das bescheidene, naturnahe Dasein des Malers beleuchtet.

Es fühlt sich anders an

Dieser sanfte Dokumentarfilm vereinbart gekonnt die Komplexität eines unermüdlichen Künstlers und seiner Kunst mit den einfachsten tagtäglichen Tätigkeiten. Dabei schafft er es aber auch, einen ganz eigenen Puls zu finden, denn der Regisseur und sein Dokumentarsubjekt sind Freunde. So verbinden sich Behind-The-Scenes-Eindrücke mit dem zu dokumentierenden Cavallo – z.B. die Fragen von Barbet Schroeder, die nicht, wie oft üblich, herausgeschnitten werden und nur die Antworten des Subjekts bei den Zuschauenden ankommen. Sie kommen nicht nur einfach aus dem Off, Schroeder tritt auch als Figur auf, tritt in Kontakt mit seinem alten Freund. Besonders eindrücklich ist eine Szene, in der ein gemeinsames Mittagessen zubereitet wird und die Kameras das das künstlerische Arbeiten eines der Schüler Cavallos filmen – wir Betrachtenden dürfen indes den ganzen Raum in Augenschein nehmen und dabei sehen, wie Cavallo gespannt der Arbeit des Kamerateams folgt.

Natürlicher Künstler

Immer wieder sorgt sich Cavallo um das Wohlergehen des Dokumentarteams, bietet frisches Obst an, fragt nach, welche Aspekte seines Alltags denn am spannendsten für die Kameras sein könnten. Ganz erfrischend ist er eben nicht der distanzierte, von der regulären Welt losgelöste Künstler, sondern ein interessierter Weggefährte, der wie ein Kind aufmerksam beobachtet, Eindrücke sammelt, Emotionen aufnimmt. Das zeigt sich auch in seiner Kunst – gerade die erste Hälfte des Dokumentarfilms beschäftigt sich mit seiner langen und intensiven Arbeit in den vom Meer ausgewaschenen Höhlen an der Küste der Bretagne, seiner Wahlheimat. Hier treffen impressionistisch anmutende Farben auf seine, in kleinere Quadrate gestückelte Leinwand – gefühlvoll beschreiben sie das Licht, die Stimmung und die geschichtsträchtige Atmosphäre dieser naturgeschaffenen Grotten. Man spürt seine Liebe für die Welt und ihre Schönheit und folgt gespannt seinen Pinselstrichen, um sie so zu sehen, wie er es tut.

Reis als Kraftstoff

Seine Bescheidenheit ist ein weiteres elementares Thema des Films – ernährt er sich doch vorrangig von Reis und Gemüse zu jeder Mahlzeit. Es gibt ihm die Energie, die er braucht, um seinen Tag zu bestreiten, sagt er, und ermöglicht ihm seiner Aufgabe nachzugehen. Er hat ihn, diesen Drang, zu erschaffen und will sich ihm hingeben können, ohne sich weitere und unnötige Gedanken machen zu müssen. Sicher ist es diese Einfachheit, die es ihm möglich machte, viele Jahre seines künstlerischen Frühstadiums in einer winzigen, beinahe unmöblierten Pariser Dachgeschosswohnung zu leben und diese wochenlang kaum zu verlassen.

Barbet und Ricardo sind seit mehr als 40 Jahren Freunde, sie scheinen sich gegenseitig sehr wertzuschätzen. Auch derart Verbindung zwischen den beiden wird auf Film festgehalten – so in einer wunderbaren Szene, in der die beiden Freunde von der Kamera weggehen, beide als alternde Männer mit ihren Händen hinter dem Rücken verschränkt. Ein merkwürdig herzlich anmutender Moment, der dem Publikum ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Hommage an die selbstlose Malerei

Spannend ist auch, wie Schroeder die Inspiration hinter Cavallos Arbeit aufarbeitet – er lässt den Künstler selbst erzählen, untermalt die Vorbilder, von denen er erzählt mit passenden Archivaufnahmen und den entsprechenden Gemälden. Es ist, als würde man als Zuschauer*in selbst eine Lehrstunde oder gar eine Masterclass besuchen. Tief taucht man ein in die Prozesse und Denkweisen Cavallos, lernt ihn auf einem ungekannten Level kennen und kann nicht anders, als Bewunderung zu empfinden für seine selbstlose Art Kunst zu erschaffen. In den 106 Minuten begegnet er vielen Weggefährten, sowohl von früher aus Paris als auch aus der Bretagne und seiner Community, die er ebenso stützt wie sie ihn. Schroeder versteht es, seinem Subjekt Raum zu geben und gleichzeitig die nötige Direktive nicht aus den Augen zu verlieren, um aus schönen Ausflügen und Gesprächen mit einem alten Freund eben auch einen sehenswerten Film für Fremde zu machen. Ein Porträt, das in Erinnerung bleibt.

Credits

OT: „Ricardo et la Peinture“
Land: Schweiz, Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Barbet Schroeder
Musik: Hans Appelqvist
Kamera: Victoria Clay-Mendoza
Mitwirkende: Ricardo Cavallo

Bilder

Trailer

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Ricardo and Painting
fazit
Es ist nicht einfach, 69 Jahre Lebenserfahrung in etwas mehr als 100 Minuten zu pressen. Doch Barbet Schroeder versteht, dass es mehr darum geht, Eindrücke und Bilder für sich sprechen zu lassen und sich dem natürlichen Flow hinzugeben. Entstanden ist damit ein inspirierendes Porträt eines ausnahmsweise nicht geplagten Künstlers, sondern eines einfachen Mannes, dem es jeden Tag aufs Neue in den Fingern juckt und der seiner natürlichen Bestimmung folgen darf und will.
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