Foster Boy – Allein unter Wölfen
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Foster Boy – Allein unter Wölfen

Foster Boy
„Foster Boy – Allein unter Wölfen“ // Deutschland-Start: 25. Februar 2021 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Eigentlich ist es Michael Trainer (Matthew Modine) gewohnt, als Anwalt für große Unternehmen zu kämpfen. Doch bei seinem neuesten Fall ist er gezwungen, die Seiten zu wechseln, wird er doch von Richter George Taylor (Louis Gossett Jr.) dazu verdonnert, Jamal Randolph (Shane Paul McGhie) vor Gericht zu vertreten. Dieser wurde als Junge von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben. Richtig schlimm wurde es aber, als er bei einer landete, in der er wiederholt missbraucht wurde. Der Pflegeagentur war dies jedoch egal, sie ignorierte die Vorwürfe einfach aus Gründen des Profits. Doch Jamal, inzwischen ein erwachsener Mann, will dies nicht länger auf sich beruhen lassen und fordert vor Gericht endlich Gerechtigkeit …

Scheußlicher Fall von Kindesmissbrauch

Es dürfte kaum ein Verbrechen geben, das vergleichbar emotional aufgeladen ist wie der Missbrauch an Kindern. An der Stelle sind sich fast alle einig: Etwas Schlimmeres kann es nicht geben. Das wiederum macht es recht einfach, das Thema selbst für ganz andere Zwecke zu missbrauchen, sei es bei politischen Verschwörungstheorien oder auch bei Filmen. Ein Beispiel für Letzteres ist Foster Boy – Allein unter Wölfen, das basierend auf wahren Vorfällen eine besonders scheußliche Geschichte erzählt. So wurde ein Junge bewusst mit jemandem zusammengeführt, der schon vorher durch Vergewaltigungen aufgefallen war. Das wurde aber unter den Teppich gekehrt, weil die Vermittlung des Jungen Geld bringt. Und in einem solchen Fall schaut man schon mal weg, die persönliche Bereicherung heiligt die Mittel. Wie widerwärtig das ist, braucht man nicht zu betonen.

Regisseur Youssef Delara tut es dennoch. Tatsächlich hat Foster Boy – Allein unter Wölfen in etwa das Feingefühl einer Abrissbirne. Subtilität? Gibt es hier nicht. Ob es nun die an Karikaturen heranreichenden Figuren sind, eine entsetzlich aufdringliche Musik, die man selbst wegen Nötigung anzeigen sollte, oder extremes Pathos zum Ende hin: Das US-amerikanische Drama traut offenbar weder dem eigenen Thema noch dem Publikum. Wo andere vielleicht einfach die Geschichte für sich sprechen lassen würden, wird das hier so aufgebauscht, bis der wahre Kern dahinter kaum noch zu spüren ist. Das ist nicht nur völlig überflüssig, da der Inhalt des Films auch ohne die Holzhammermethode gewirkt hätte. Es ist sogar kontraproduktiv, wenn die Manipulationsversuche derart plump sind.

Reißerisch aufgebauscht

Wobei das nur ein Teil des Problems ist. Der Film hat auch inhaltliche Schwächen. So baute Drehbuchautor Jay Paul Deratany im weiteren Verlauf bizarre Zuspitzungen ein, die Foster Boy – Allein unter Wölfen in Richtung eines Verschwörungsthrillers schieben. Da geht es dann auf einmal nicht nur um ein ausbeuterisches System, welches Kinder als bloßes Mittel zum Zweck ansieht, sich zu bereichern. Es werden auch noch viel größere Verwerfungen innerhalb des US-amerikanischen Justizsystems angeprangert. Da ist dann alles möglich, solange genug Geld da ist. Sicher gibt es auch da einen wahren Kern. Derart reißerisch ausformuliert, hat das hier aber mehr von einem John Grisham Thriller als von einer Auseinandersetzung mit einer realen Schieflage in der Welt da draußen. Wenn es darum ging, das Publikum zu sensibilisieren: nicht auf diese Weise.

Das ist schade, wenn nicht gar ärgerlich. Nicht nur dass das Thema etwas Besseres verdient hätte. Auch Hauptdarsteller Shane Paul McGhie (The Last Shift) wäre es zu wünschen gewesen, dass man aus dem Stoff etwas anderes gemacht hätte. So bringt er die nötige Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke mit, die Wut ist immer in seinem Gesicht zu sehen, ohne dass er dies groß ausschlachten müsste. Gut gemeint war der Film dabei ohne jeden Zweifel, Deratany ist selbst in diesem Bereich tätig und baute daher eigene Erfahrungen ein. Aber das hilft eben nicht, wenn Foster Boy – Allein unter Wölfen derart zynisch und grob mit diesem Material umgeht. Wen das alles nicht stört, sondern ausschließlich Wert auf ein Drama legt, das irgendwo zwischen Skandal und Feel Good angesiedelt ist, kann hier nach Lust und Laune mitleiden und triumphieren. Doch das Ergebnis ist gleichzeitig zu viel und zu wenig.

Credits

OT: „Foster Boy“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Youssef Delara
Drehbuch: Jay Paul Deratany
Musik: Kathryn Bostic
Kamera: Ben Kufrin
Besetzung: Shane Paul McGhie, Matthew Modine, Louis Gossett Jr., Michael Hyatt, Michael Beach, Lex Scott Davis, Julie Benz

Trailer

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Foster Boy – Allein unter Wölfen
fazit
„Foster Boy – Allein unter Wölfen“ erzählt von einem missbrauchten Jungen, der Jahre später eine Pflegeagentur verklagt. Das Thema ist wichtig, der Hauptdarsteller stark. Leider vertraute man aber nicht darauf, weshalb das Drama an vielen Stellen völlig unnötig aufgebauscht wurde: Die Musik ist aufdringlich, es gibt viel Pathos, Karikatur-Figuren und bizarre Elemente eines Verschwörungsthrillers.
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