Brownian Movement
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Brownian Movement

Brownian Movement
„Brownian Movement“ // Deutschland-Start: 30. Juni 2011 (Kino) // 16. Dezember 2011 (DVD)

Inhalt / Kritik

In Brüssel hat sich das Ehepaar Charlotte (Sandra Hüller) und Max (Dragan Bakema) ein gutes Leben aufgebaut. Während ihr Mann an vielen prestigeträchtigen Bauprojekten beteiligt ist, ist die Ärztin in einer nahen Klinik angestellt und hält Vorlesungen an der medizinischen Fakultät. Nach außen hin erscheinen die beiden glücklich, doch Charlotte wird von etwas getrieben, was sie sich selbst nicht genau erklären kann. Seit geraumer Zeit unterhält sie eine Mietwohnung in der Stadt, in welcher sie Männer empfängt, meist ehemalige Patienten aus der Klinik, und mit ihnen schläft. Max ahnt nichts von dem Doppelleben seiner Frau, die dies, trotz ihres ausgefüllten Familien- und Arbeitslebens, vor ihm verbergen kann. Als sie jedoch zufällig einen ihrer Liebhaber wiedertrifft, erleidet Charlotte einen Nervenzusammenbruch, nach welchem sie nicht nur ins Krankenhaus muss, sondern auch ihr anderes Leben zum Vorschein kommt. In der Folge muss sie sich einer langen Therapie unterziehen und hinnehmen, dass ihr die Approbation als Ärztin entzogen wird. Da sie für ihr Handeln keine Erklärung hat, hat dies auch Konsequenzen für ihre Beziehung zu Max.

Monate später sind Max und Charlotte nach Indien gezogen. Ihr Mann hat dort eine neue Arbeit gefunden, während Charlotte sich in der Rolle als Hausfrau und Mutter eingefügt hat. Als sie jedoch immer wieder für einige Stunden nicht erreichbar ist, meint Max, dass seine Frau ihr Doppelleben wieder aufgenommen hat.

Filme über Frauen

In den Projekten vor Brownian Movement befasste sich die niederländische Regisseurin und Drehbuchautorin Nanouk Leopold schon mehrere Male mit Geschichten über Frauen, mit Geschlechterrollen und der weiblichen Perspektive. Dabei geht es mitnichten um das große Melodrama, was sich bisweilen aus den Themen und Figuren ihrer Filmen herleiten ließe, sondern eher um einen distanzierten Blick auf das Geschehen. Auch Brownian Movement definiert sich durch eine ruhige Erzählweise, die sich in erster Linie in den langen Plansequenzen abzeichnet, und nur sehr wenige Dialoge, welche nur wenig Aufschluss über die Motive der Figuren geben.

Sofern der Begriff des Frauenfilms auf jene Geschichten abzielt, die einen wenig diffizilen und  oberflächlichen Blick auf Weiblichkeit haben, kann Nanouk Leopold, wie sie in Interviews hervorhebt, nichts mit dem Label anfangen. In der Tat tut ein Film wie Brownian Movement alles, um sich nicht nur von diesem Etikett abzusetzen, sondern geht auch sonst einen Weg, der sich vom Mainstreamkino abhebt. Lange konzentriert sich die Kamera beispielsweise auf die unterschiedlichen Innenräume, insbesondere die Wohnung, in der Charlotte ihre Liebhaber empfängt, oder die Figuren an sich, wobei jedoch stets eine Distanz deutlich wird. Ausgehend von dem Titel wirkt diese Herangehensweise, erzählerisch und ästhetisch, wie eine Versuchsanordnung, die dem Zuschauer es ermöglicht, frei von Emotionen sich ein Bild vom Handeln dieser Figur zu machen. Die Idee hat ihren Reiz und ist vor allem in der ersten Hälfte interessant umgesetzt, wird aber spätestens im Teil, der in Indien spielt, sehr zäh und unbefriedigend.

Ohne Erklärung

Formal und dramaturgisch ist Brownian Movement ein sehr minimalistischer Film. Jedoch kann man diese Attribute nicht auf die Darstellung Sandra Hüllers anwenden. Nicht nur verweigert sich die Geschichte einem klaren Motiv für ihr Handeln, auch die Protagonistin selbst kann es sich nicht erklären, wie sie immer wieder ihrem Mann sowie ihrer Therapeutin berichtet. Hüller betont die Ambivalenz dieser Figur, die sich wie selbstverständlich ihren zahlreichen Affären hingibt und in einigen Momenten wie in einem Selbstgespräch wirkt, als ob sie das Gesagte erst einstudieren müsse, bevor sie es dann jemandem mitteilt. Dennoch (oder gerade deswegen) bleibt Charlotte für den Betrachter eine Chiffre, was auf der einen Seite unbefriedigend ist, dann aber vielleicht auch wieder eine sehr authentische oder menschliche Sichtweise auf einen Charakter ist, der sich selbst ein Rätsel ist und auf den einfache Erklärungsmuster, wie sie ihr Umfeld sucht, nicht bedient.

Credits

OT: „Brownian Movement“
Land: Niederlande, Deutschland, Belgien
Jahr: 2010
Regie: Nanouk Leopold
Drehbuch: Nanouk Leopold
Musik: Harry de Wit
Kamera: Frank van den Eeden
Besetzung: Sandra Hüller, Dragan Bakema, Sabine Timoteo

Trailer

Filmfeste

Toronto International Film Festival 2010
Berlinale 2011
Locarno Film Festival 2011
Max Ophüls Preis 2023

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Brownian Movement
fazit
„Brownian Movement“ ist ein formal sehr minimalistisches Drama über Beziehungen und Handlungen, die man sich selbst nicht erklären kann. Nanouk Leopold hat einen herausfordernden Film gedreht, der es dem Zuschauer nicht immer einfach macht, vor allem wegen der recht zähen zweiten Hälfte.
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