Menteur
© Gaumont

Menteur

Menteur
„Menteur“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Eigentlich ist das Leben von Jérôme Berada (Tarek Boudali) ziemlich gut: Er ist erfolgreich bei der Arbeit, ist gesund, hat ein funktionierendes Umfeld. Wäre da nur nicht sein Hang, jedes Mal zu lügen, wenn er den Mund aufmacht. Damit treibt er regelmäßig seinen Bruder Thibault (Artus) und seine Eltern Salim (Karim Belkhadra) und Geneviève (Catherine Hosmalin) in den Wahnsinn. Und auch bei der Arbeit für eine Werft ist er für seine Lügen bekannt, wenngleich sie ihn dort immer wieder gewähren lassen, umgarnt er doch gekonnt die Kunden. Und diese Fähigkeit ist gefragt, brauchen sie doch dringend den neuen Auftrag bei einem russischen Oligarchen, damit das Unternehmen überleben kann. Dummerweise entwickelt diese Fähigkeit jedoch ausgerechnet in der wichtigsten Phase eine unerwünschte Nebenwirkung: Jede Lüge, die Jérôme erzählt, wird auf einmal wahr …

Wenn Sprache Konsequenzen hat

Sprache ist in Komödien, sofern es sich nicht um reine Slapstick-Filme handelt, von größter Bedeutung. In ihr spiegeln sich die Figuren wieder, können Witze geteilt oder skurrile Figuren gezeichnet werden. Dass Sprache selbst thematisiert wird, ist hingegen eine Seltenheit. Meistens nimmt man sie für selbstverständlich. Dabei hat es durchaus komisches Potenzial, wenn vermeintlich harmlose Worte auf einmal direkte Konsequenzen haben. Noch tausend Worte und Der Ja-Sager sind Beispiele dafür, wie dieses Potenzial genutzt werden sollte, indem Sprache mit einem Fluch belegt wurde. Und auch Menteur geht in diese Richtung, wenn auf einmal jede Lüge zu einer Wahrheit wird, so unwahrscheinlich und unmöglich diese auch sein mag.

Ganz neu ist diese Idee nicht. Schon 2019 erschien in Kanada ein gleichnamiger Film mit einer ähnlichen Prämisse. Regisseur und Drehbuchautor Olivier Baroux, der in Frankreich die sehr beliebte Reihe Les Tuche gedreht hat und selbst als Comedian bekannt ist, adaptierte den Stoff nun für den französischen Markt. Universell genug ist er ja auch. Wir alle kennen Leute, die völlig ungeniert das Blaue vom Himmel herunterlügen. Manche werden mit dieser Eigenschaft sogar Präsidenten. Wie einem solchen Münchhausen vorgeführt wird, was seine Worte letztendlich bedeuten, das ist schon mit einer gewissen Schadenfreude verbunden. Spaß macht auch, wenn in Menteur völlig absurde Geschichten auf einmal Realität werden. Ein Running Gag ist beispielsweise, dass auf einmal Wale vor der Küste Frankreichs herumschwimmen, als wäre das das Normalste der Welt.

Amüsant, albern, etwas schlampig

Das ist auch deshalb komisch, weil Jérôme der Einzige ist, der die wahre Welt kennt und deshalb erkennt, wie grotesk diese Lügenwelt ist. Tarek Boudali (30 Days Left, Alibi.com) ist für eine solche Rolle eine gute Besetzung. Kaum einem gelingt so schön wie ihm, Fassungslosigkeit zu verdeutlichen. Die Mischung aus Dreistigkeit und Charme liegt ihm ohnehin. Wenn Menteur später eine ernstere Richtung einschlägt, gerade auch im Hinblick auf die Gründe des pathologischen Lügens, funktioniert das mit ihm auch noch relativ gut. Der obligatorische Sinneswandel – am Ende solcher Geschichten muss die Hauptfigur nun einmal eine Entwicklung durchgemacht haben – mag nicht originell sein. Anspruchsvoll sowieso nicht, viele Gags sind schon recht albern. Aber es ist doch alles recht ansprechend umgesetzt.

Zum Ende hin, wenn der besagte Sinneswandel eintritt, ist vieles leider nicht mehr so gut geglückt. Ein großer Schwachpunkt ist das Love Interest Chloé (Pauline Clément), das als Russisch-Übersetzerin in das Leben des Lügners eintritt. Das ist anfangs zwar auch witzig. Die Ideen werden später aber fallengelassen, die potenzieller Partnerin wird zu einem inkonsequenten bloßen Objekt, an dem sich der Wandel zeigen soll. Und auch in anderer Hinsicht ist der Film erstaunlich stumm. So beginnt die Geschichte mit einer Gruppe von Mönchen, welche das Wunder einleiten – und dann bei der Auflösung gar nicht dabei sind. Das fühlt sich so an, als wurde beim Drehbuch so manches unterwegs vergessen. Damit ist Menteur insgesamt zwar ein netter Film, der zur Zerstreuung ausreicht. Aber da wäre mit mehr Feinschliff noch deutlich mehr drin gewesen.

Credits

OT: „Menteur“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Olivier Baroux
Drehbuch: Olivier Baroux
Musik: Philippe Kelly
Kamera: Arnaud Stefani
Besetzung: Tarek Boudali, Artus, Pauline Clément, Louise Coldefy, Bertrand Usclat, Karim Belkhadra, Catherine Hosmalin, Florence Muller

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

Menteur
Fazit
Die Idee von „Menteur“ ist witzig: Die Geschichten eines chronischen Lügners werden eines Tages plötzlich alle wahr, mit chaotischen und katastrophalen Folgen. Das ist nicht anspruchsvoll, funktioniert über weite Strecken aber recht gut. Das Ende, wenn es zum obligatorischen Sinneswandel kommt, wurde aber verpatzt, weil zu viele Elemente vergessen oder schlecht umgesetzt wurden.
Leserwertung2 Bewertungen
7.2
6
von 10