Anything's Possible Alles ist möglich Amazon Prime Video
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Alles ist möglich

Anything's Possible Alles ist möglich Amazon Prime Video
„Alles ist möglich“ // Deutschland-Start: 22. Juli 2022 (Amazon Prime Video)

Inhalt / Kritik

Für Kelsa (Eva Reign) war es ein großer Schritt: Lange genug hat sie sich in dem Körper eines Jungen fremd gefühlt, dank hormoneller Therapie und einer Operation hat sie endlich zu sich gefunden. Dabei fand sie in ihrem Umfeld viel Unterstützung, sei es ihre Mutter Selene (Renee Elise Goldsberry) oder die besten Freundinnen Em (Courtnee Carter) und Chris (Kelly Lamor Wilson). Dennoch, ein bisschen hat sie mit der Situation noch zu kämpfen, wie sie in ihren heimlich aufgenommenen Podcasts verrät. Dabei steht der eigentliche Stresstest erst noch bevor. So hat sie im Kunstunterricht den süßen Khal (Abubakr Ali) kennengelernt, der sich für sie interessiert und sich auch nicht an ihrer Transsexualität stört. Aber wird das für eine richtige Beziehung reichen?

Von der Bühne auf den Regiestuhl

Manchmal hat man den Eindruck, man müsse nur lang genug warten, dann versucht sich jeder Schauspieler bzw. jede Schauspielerin einmal daran, selbst Regie zu führen. Nun hat es auch Billy Porter im Amazon Prime Video Original Alles ist möglich erwischt. Der ganz große Superstar im Kinobereich mag der US-Amerikaner nicht sein. In den letzten Jahren war er in eher weniger bemerkenswerten Filmen wie Lady Business und Cinderella zu sehen. Am Theater feierte er hingegen größere Erfolge, allen voran in Kinky Boots, wofür er 2013 den Tony Award als bester Hauptdarsteller gewann. Außerdem spielte er in der Netflix-Serie Pose mit, wofür er gleich dreimal eine Golden-Globe-Nominierung als bester Hauptdarsteller erhielt – bei gerade einmal drei Staffeln wohlgemerkt.

Wer seine vorherigen Auftritte gesehen hat, bei denen er durch flamboyantes Auftreten in Erinnerung geblieben ist, wundert sich kaum, dass sein Regiedebüt im LGBT-Umfeld angesiedelt ist. Genauer nimmt er sich in Alles ist möglich des Themas Transsexualität an, welches in den letzten Jahren aus nicht immer ganz nachvollziehbaren Gründen zu einer heftig umkämpften Grundsatzfrage wurde. Während die einen einfach nur ein Leben führen möchten, in dem sie so sein können, wie sie sich fühlen, empfinden andere schon die Vorstellung als persönlichen Angriff, dass die Grenzen zwischen Mann und Frau fließend sein könnten. Diese Auseinandersetzungen werden oft so vergiftet geführt, dass tatsächlich interessante Fragen zu Identität und Selbstbestimmung auf der Strecke bleiben oder durch Scheinargumente verdeckt werden.

Ganz normal oder doch ein Problem?

Wer sich von Alles ist möglich Antworten auf diese Fragen erhofft, wird jedoch enttäuscht. Sie werden zum Großteil nicht einmal gestellt. Das mag auch mit der Zielgruppe zusammenhängen, die hier eindeutig in jugendlichen Bereich angesiedelt ist. Der Film ist letztendlich ein recht typisches und seichtes Teenie-Drama, bei denen die üblichen Stationen abgeklappert werden, die man in diesem Bereich so kennt. Da geht es um familiäre Abnabelung, Unsicherheiten bei einer neuen Beziehung. Zwischendurch darf es auch mal dramatischer werden, wenn Porter Mobbing anspricht. Das darf schließlich bei keiner Geschichte fehlen, die an einer Schule spielt. Umso mehr, wenn die Hauptfigur in irgendeiner Form anders ist und damit zu einer natürlichen Zielscheibe wird.

Dabei zeigt sich Alles ist möglich von einer überraschend zurückhaltenden Weise. Eigentlich wird Kelsa gut akzeptiert, das eigene Umfeld steht hinter ihr. Wenn überhaupt sind es Randfiguren, die einen daran erinnern, wie schäbig Menschen sein können. Umso irritierender ist, wenn Drehbuchautorin Ximena García Lecuona meint, gegen Ende hin der Konvention dramatischer Zuspitzungen folgen zu müssen und aus dem Nichts Konflikte erschafft. Ebenfalls unglücklich ist, dass man sich bei dem Film nicht entscheiden konnte oder wollte, ob Transsexualität nun problematisiert werden soll oder nicht. Auf der einen Seite soll der Film das besagte typische Teenie-Drama sein und damit zur Normalisierung beitragen. Gleichzeitig soll das mit dem Geschlecht aber doch irgendwie schwierig sein, weshalb die Geschichte unentschlossen durch den Alltag stolpert.

Farbenfroh und oberflächlich

Das ist schade, weil das Thema eigentlich zu gut und wichtig ist, um derart halbherzig und plump abgearbeitet zu werden. Wie schon zuletzt in Lass mich nicht gehen oder Die in a Gunfight wird nie ganz klar, warum das Drehbuch auf der legendären Black List der besten unverfilmten Drehbücher stand. Das bedeutet nicht, dass Alles ist möglich schlecht wäre. So ist das Paar selbst ganz süß, hat einige schöne Szenen zusammen. Außerdem zeigt Porter sein Faible für das Extravagante, wenn einige der Schülerinnen so farbenfroh und zurechtgemacht durch die Schule schreiten, als sei jeder Tag Abschlussball. Aber bei dem Versuch, ein möglichst massenkompatibles Drama zu inszenieren, verschenkt er das, was er da hat.

Credits

OT: „Anything‘s Possible“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Billy Porter
Drehbuch: Ximena García Lecuona
Musik: Leo Birenberg
Kamera: Andrei Bowden Schwartz
Besetzung: Eva Reign, Abubakr Ali, Renée Elise Goldsberry, Courtnee Carter, Kelly Lamor Wilson

Trailer

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Alles ist möglich
Fazit
„Alles ist möglich“ ist ein nur durchschnittliches Drama um einen Jugendlichen, der sich in ein Transmädchen verliebt. Ein großes Manko ist, dass der Film sich nicht entscheiden kann, ob Transsexualität nun problematisiert werden soll oder nicht, weshalb er zu unschlüssig und letztendlich oberflächlich bleibt. Das soll hier ganz alltäglich und besonders in einem sein, was so nicht funktioniert.
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