The Happy Worker – Or How Work Was Sabotaged

The Happy Worker

The Happy Worker – Or How Work Was Sabotaged
„The Happy Worker – Or How Work Was Sabotaged“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Immer mehr Menschen leiden an Burn-Out und Stress am Arbeitsplatz. Die Folge: Die Tendenz, sich am Arbeitsplatz nicht zu engagieren und die Arbeit „links liegen zu lassen“, intensiviert sich Jahr für Jahr immer weiter. Wo liegen jedoch die konkreten Schwachstellen dieses Systems und wie ist dieses Problem überhaupt entstanden? Genau dieser Frage geht der finnländische Dokumentarfilmer John Webster in seiner Dokumentation The Happy Worker nach, die auf dem DOK.fest München 2022 zu sehen ist. In Interviews mit gestressten Angestellten werden dabei individuelle Erfahrungsberichte festgehalten, um das „herkömmliche“ Arbeitsmodell einmal unter die Lupe zu nehmen und dessen Schattenseiten aufzuzeigen.

Arbeiten bis die Hutschnur platzt

Als die amerikanische Komödie Alles Routine (Office Space) 1999 die Probleme am Arbeitsplatz komödiantisch festhielt, war das Gelächter noch groß. Erniedrigung durch den Boss und kontinuierlich ansteigender Stress bieten nun mal ordentlich Potential für Gags aller Art. Während wir im Kino sitzen und über so etwas lachen können, geht Webster stattdessen aufklärerisch an das Thema heran. Steigende Zahlen an Burn-Out, Depressionen und selbst Suizide durch Stress sind einfach Teil der erschreckenden Realität. Grund dafür – so erzählt uns Webster – sei eine vor langer Zeit eingeführte Militärdoktrin, die bis heute die Welt im Griff hat. Als Grund allen Übels hält Webster schon in den ersten Minuten die darin befindlichen Regeln fest, an die sich die Angestellten halten sollen. Da man mit diesen wunderbar unsere Gegenwart beschreiben kann, einmal ein kleiner Teaser:

  1. Nehme an Meetings teil, obwohl es viel wichtigere Sachen zu erledigen gibt.
  2. Höre dir Reden an, die irrelevante Themen beinhalten.
  3. Drei Vorgesetzte müssen alles bestätigen, obwohl einer ausreichend wäre.

Klingelt da etwas bei Ihnen? Wenn ja: Unbedingt The Happy Worker schauen.

Typische Gesellschaftskritik

Konzipiert als eine herkömmliche gesellschaftskritische Dokumentation wird mit einer Vielzahl von Büroangestellten gesprochen, die sich allesamt einig sind: Es muss sich etwas verändern. Dies haben die Arbeitgeber aber natürlich schon mitbekommen. Workshops über Stressbewältigung stehen daher an der Tagesordnung. Was sich jedoch als winziges Pflaster auf einer Großwunde entpuppt, löst das Problem in keinster Weise. The Happy Worker appelliert daher recht eindringlich: Dieses globale Problem, welches aufgrund diesem so genannten „Simple Sabotage Field Manual“ basiert, muss bei den Wurzeln angepackt werden.

Wie die Welt jedoch auf dieses ganze Thema in anderer Weise reagiert, wird nicht wirklich behandelt. Gerade in Zeiten von Corona würde sich ein Exkurs zum Home-Office ja bestens anbieten – eine Gelegenheit, die bedauerlicherweise nicht genutzt wurde. Das Gleiche beim Zusammenhang zwischen Produktivität und Arbeitszeit, worüber es sehr lesenswerte Forschungserhebungen gibt. Stattdessen hält sich Webster zu sehr mit den vereinzelten Problemen der Interviewgäste auf, was sicherlich auch in so einer Dokumentation hinein muss, jedoch zuweilen recht eindimensional ausfällt. Interessant wird es beispielsweise viel mehr, wenn die Autoren David Graeber (Bullshit Jobs), André Spicer (Business Bullshit) sowie die Psychologin Christina Maslach zu Wort kommen, die sich intensiv mit der problematischen Entwicklung der Bürojobs auseinandergesetzt haben.

Zu bedeutsam, zu kurz

In gerade einmal 75 Minuten hat Webster zwar sein bestes versucht, jedoch merkt man schnell, dass dieses Thema zu komplex ausfällt, um in der kurzen Zeit angemessen abgehandelt zu werden. Allerdings werden vermutlich viele Kinogänger sich in dieser Dokumentation wiederfinden. Zitate wie „Du bist nicht alleine, dem es so schlecht im Büro geht“ erzeugen vor dem Hintergrund schon Hoffnung. Durch Statistiken, eine kurze historische Nachzeichnung, wie sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten geändert hat sowie die bereits angesprochenen individuellen Erfahrungsberichte, fühlt sich The Happy Worker somit mehr nach einem Auffangnetz für Betroffene an. Von einem Werk, welches diverse Lösungsoptionen aufzeigt, tief in die Materie geht und dadurch Umbrüche herbeizaubert, ist Websters Dokumentation jedoch weit entfernt.

Hinweis: Websters Dokumentation ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Film aus 2020 mit Thomas Haden Church.

Credits

OT: „The Happy Worker – Or How Work Was Sabotaged“
Land: Finnland
Jahr: 2022
Regie: John Webster
Drehbuch: John Webster
Musik: Olav Øyehaug
Kamera: Sun Ryung Kim, Jarkko T. Laine
Besetzung: David Graeber, Christina Maslach, James Harter, André Spicer

Bilder

Trailer

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The Happy Worker
Fazit
"The Happy Worker" fasst die vielen Probleme unseres zum Alltag gewordenen Berufslebens pointiert zusammen, sodass sich Betroffene leicht darin wiederfinden. Lösungsansätze und Alternativen sucht man hingegen vergeblich.
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