Promare
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Inhalt / Kritik

Promare
„Promare“ // Deutschland-Start: 20. Mai 2021 (DVD/Blu-ray)

Der Schock ist groß, als auf der ganzen Welt die Menschen plötzlich Feuer fangen. Am Ende dieser Welle ist die Hälfte der Menschheit ausgelöscht. Mindestens ebenso rätselhaft wie dieses Ereignis ist, dass einige der Überlebenden auf einmal die Fähigkeit besitzen, selbst Feuer zu erzeugen. 30 Jahre später sind die als Burnish bekannten Feuermenschen überall geächtet, zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an das Feuer. Wobei auch die Mad Burnish, eine besonders radikale Gruppe innerhalb der Burnish, ihren Anteil daran haben. Ihnen gegenüber stehen die Burning Rescue, eine Sondereinheit, die sich dem Kampf der Mad Burnish verschworen haben. Zu ihnen gehört auch Galo Thymos, der es sich zum Lebensziel gemacht hat, alle Flammen zu löschen. Als es ihm und seinem Team gelingt, Lio Fotia gefangen zu nehmen, den Anführer seiner Erzfeinde, sieht er sich schon an seinem Ziel angekommen. Doch dann kommt es anders …

Feuermenschen sind auch nur Menschen

Wer anders ist als die Masse, hat es meistens schwer. Das kennt man nicht nur aus dem eigenen Leben oder dem Umfeld, wo Außenseiter gnadenlos gemobbt oder anderweitig drangsaliert werden. Auch aus dem Filmbereich wissen wir das. Verbunden wird diese nicht besonders überraschende Erkenntnis dort in den letzten Jahren gern mit Menschen, die irgendwelche besonderen Fähigkeiten haben. Ob nun die Blaupause X-Men oder die diversen thematisch ähnlichen Werke wie Freaks – Sie sehen aus wie wir oder Code 8, immer geht es darum, dass Mutanten zu Menschen zweiter Klasse ernannt und verfolgt werden. Insofern bewegt sich Promare auf einem gut plattgetretenen Terrain. Hinzu kommt: Feuermenschen ist nun wirklich keine besonders originelle Idee, die findet man seit Jahrzehnten in diversen Comicbüchern.

Sonderlich groß ist die Motivation deshalb nicht, noch eine weitere dieser unzähligen Geschichten zu hören. Da hilft es auch nicht, dass es sich bei Promare um einen Anime handelt, denn das Plädoyer für mehr Offenheit gegenüber Andersartigen ist dort ebenfalls Standard. Da braucht es schon ein bisschen mehr. Glücklicherweise handelt es sich bei dem Film aber um ein Werk von Trigger. Und wer andere Veröffentlichungen des japanischen Animationsstudios kennt, etwa Kill la Kill oder Kiznaiver, der weiß schon, dass dort vieles gern mal ein bisschen anders ist. Das gilt dann auch für den ersten abendfüllenden Spielfilm des Teams. Hier geht es nicht nur darum, für Andersartige eine Lanze zu brechen. Das Actionspektakel um Feuer und Feuerlöscher ist selbst reichlich schräg.

Wenig Substanz, hohe Lautstärke

Tatsächlich ist es ein bisschen schwierig, den Inhalt des Films in Worte zu fassen. Dafür gibt es hier gleichzeitig zu viel und zu wenig Inhalt. Richtig viel Substanz, so viel ist eindeutig, hat Promare nicht, weder auf die Geschichte, noch auf die Figuren bezogen. Da werden schon viele Stereotypen bedient. Und wenn dann doch mal etwas aufblitzt, das wie der Ansatz eines interessanten Gedankens wirkt, ist der Spuk schon wieder vorbei, ohne dass jemand diesem gefolgt wäre. Anstatt sich tatsächlich auszutauschen und zu diskutieren, wird in erster Linie geschrien. Das dafür sehr konsequent: Man begegnet selbst im in dieser Hinsicht tendenziell schmerzbefreiten Animebereich selten einer Figurengruppe, die vergleichbar hysterisch ausfällt und sich der eigenen Bedeutung vor allem dadurch gewiss sein will, indem sie alle anderen durch die bloße Lautstärke übertrifft.

Dafür nimmt die Geschichte eine Reihe von Kurven und Kurven innerhalb von Kurven. Das ist beeindruckend. An mehr als einer Stelle ist der Impuls da, kurz auf die Pause-Taste zu drücken: Moment, geschieht das hier gerade wirklich? Ja, tut es. Doch wo andere Filme solche Twists ganz gern in den Mittelpunkt stellen und alles drumherum bauen, da wirken sie hier eher wie ein Nebenprodukt. Bei Promare wurde einfach gewürfelt, was als nächstes geschieht. Und es sind noch nicht einmal Würfel aus demselben Spiel, die herumkullern. Entsprechend willkürlich ist das dann alles. Je weiter der Film voranschreitet – und das dauert bei einer Laufzeit von rund 110 Minuten –, umso unsinniger wird es, was Trigger da zu erzählen haben.

Lasst es knallen!

Aber vermutlich ging es ihnen auch gar nicht wirklich darum. Stattdessen bastelten sie vor allem an einem visuellen Überfluss. Auch das ist man von Trigger gewohnt, das Studio ist nicht unbedingt für filigrane Arbeit oder dezente Farben bekannt. Knallen soll es. Das tut es auch wie gewohnt, wenngleich die Farbgebung doch recht ungewöhnlich ist. Hinzu kommen die abstrakten Gebilde und geometrischen Formen, die in den Actionszenen zum Einsatz kommen und letztendlich genauso unsinnig sind wie der Inhalt. Das ist schon eine gewisse Herausforderung, macht aber auch Spaß. Man darf nur nicht den Fehler machen, zwischenzeitlich wirklich genauer hinzuhören oder etwas Konkretes in diesem Wirbelwind erkennen zu wollen. Das kann dann schnell frustrierend werden oder zumindest anstrengend, Promare wandelt immer an der Grenze zur Reizüberflutung. Wer sich darauf einlässt, darf sich auf einen Trip freuen, den man so schnell nicht vergisst – selbst wenn man nicht genau weiß, woraus dieser Trip nun bestand.

Credits

OT: „Promare“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Hiroyuki Imaishi
Drehbuch: Kazuki Nakashima
Musik: Hiroyuki Sawano
Animation: Trigger, Sanzigen

Bilder

Trailer

Filmfeste

Annecy 2019
Fantasia 2019

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Wenn in „Promare“ Menschen mit feurigen Fähigkeiten gejagt werden, klingt das zunächst wie eine dieser x-beliebigen Mutanten-Geschichten. Doch daraus wird ein knalliges Spektakel, das gleichzeitig kaum Inhalt hat und doch ein Wahnsinnsdauerfeuer einleitet, das gleichermaßen faszinierend wie anstrengend ist.
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