Jenseits der Spree
© ZDF/Oliver Feist/Stefan Erhard

Jenseits der Spree – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Jenseits der Spree
„Jenseits der Spree“ // Deutschland-Start: 24. September 2021 (ZDF) // 19. November 2021 (DVD)

Eigentlich hatte der ehemalige Kriminalhauptkommissar Robert Heffler (Jürgen Vogel) entschieden, keinen Außendienst mehr zu machen. Schließlich ist er alleinerziehender Vater dreier Töchter: Carlotta (Lea Zoë Voss), Stella (Luna Jordan) und Emmi (Bella Bading). Zu groß ist das Risiko, das ihm bei einem Einsatz etwas zustoßen könnte und die drei daraufhin auf sich allein gestellt sind. Zwar hat er auf seinen neuen Job als Disponent nicht die größte Lust. Aber zum Wohle seiner Kinder nimmt er das in Kauf oder wollte es zumindest. Dummerweise herrscht am Kommissariat in Berlin-Köpenick aber akute Personalnot, weshalb Dezernatsleiterin Katharina Koblinski (Elisabeth Baulitz) ihn dazu nötigt, bei einem Fall einzuspringen und die neue Kriminalhauptkommissarin Kay Freund (Seyneb Saleh) tatkräftig zu unterstützen. Etwas widerwillig lässt er sich darauf ein und steckt bald schon bis zum Hals in Ermittlungen – wovon seine Töchter aber nichts erfahren sollen …

Figurenkonstellation abseits der Krimikonvention

Und schon wieder die nächste Krimiserie im deutschen Fernsehen, davon kann es schließlich nicht genug geben. Zumindest die konstant hohen Einschaltquoten lassen das vermuten. Gleichzeitig braucht es bei der Flut an neuen wie alten Titeln inzwischen schon etwas Besonderes, womit man sich von der zahlreichen Konkurrenz unterscheiden kann. Manche tun das durch das Setting. Andere nutzen Berufe abseits der Polizei, siehe etwa Die Bestatterin oder Die Diplomatin. Bei der neu gestarteten ZDF Freitagabend-Serie Jenseits der Spree will man sich durch die Figuren selbst abheben, indem man dem Publikum nicht ganz alltägliche Konstellationen zeigt und damit für frischen Wind sorgt.

Zum einen ist die Familiensituation von Robert ungewöhnlich. Dass Polizistinnen oft Probleme haben, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen und dadurch die eigenen Kinder vernachlässigen, das hat man schon mehrfach in deutschen Krimis gesehen. Hier ist es ausnahmsweise mal der Vater, da er die drei allein aufziehen muss. Das klappt mal besser, mal schlechter. Immer wieder tauchen neue Probleme auf, losgelöst von dem grundsätzlichen Konflikt bezüglich Roberts Arbeit. Jenseits der Spree wechselt dann auch ständig zwischen Familiendrama und klassischem Krimi hin und her. Diese Mischung ist inzwischen mehr oder weniger Standard in dem Bereich. Es gelingt hier aber doch ganz gut, die beiden Bestandteile miteinander zu verbinden, zumal die Vater-Tochter-Beziehung noch mal eine etwas andere ist. Da gehen mit dem Papa manchmal schon die Polizei-Instinkte durch.

Aus Faszination wird Ärgernis

Während der Part durchaus gelungen ist, ist die Paarung Robert und Kay schwierig. Auf der einen Seite ist es schön, wie auch da mit den traditionellen Geschlechterrollen gebrochen wird. Wenn ein alter Hase und eine junge Kollegin zusammenkommen, entsteht daraus meistens eine festen Hierarchien folgende Dynamik: Mann sticht Frau, Alter sticht Jugend. Da dürfen dann die Männer den Mädels zeigen, wie es richtig läuft. Bei Jenseits der Spree ist das anders. Kay ist selbstbewusst und sehr aktiv, treibt Robert oft an, wenn der es weniger eilig hat. Und sie ist fordernd: Die Welt hat nach ihren Regeln zu funktionieren. Wenn sich da jemand nicht dran hält, dann wird sie bissig bis ausfallend, egal ob es sich dabei um Kollegen oder Verdächtige verhält.

Für einen kurzen Moment ist das erfrischend anders. Bald schon wird es aber richtig anstrengend. Ihre ständigen Übergriffe und Zurechtweisungen sind schon exzessiv und lenken von den eigentlichen Fällen ab. Wobei es auch dort regelmäßig zu Verwerfungen kommt. Jenseits der Spree scheint oft weniger an der eigentlichen Geschichte interessiert zu sein, sondern findet Gefallen daran, unentwegt Leute aufeinander zu hetzen. Dass es in Krimis zu Konflikten kommt, ist natürlich nichts ungewöhnlich. Zum Teil lebt das Genre davon. Hier wird es aber so laut und grob, dass das Verhältnis der einzelnen Bestandteile nicht mehr so wirklich passt.

Viel Luft nach oben

Hinzu kommt: Die Kriminalfälle an sich sind nicht besonders. Bei den vier Folgen, welche die erste Staffel bilden, ist vieles schon wirklich sehr konstruiert. Die Zahl der Verdächtigen ist ohnehin immer gering, was die Rätselmöglichkeiten einschränkt. Eine Folge des Formats: Wenn pro Episode nur eine Stunde Zeit bleibt, in der dann auch noch das Familiendrama Platz finden muss, dann ist das alles zwangsläufig konzentriert. So ganz überzeugend ist Jenseits der Spree deshalb trotz der interessanten Ansätze nicht. Sollte es zu einer zweiten Staffel kommen, wäre zu wünschen, dass die Drehbücher dann besser ausfallen, mit mehr Feingefühl und glaubwürdigeren Fällen, dafür weniger Plakatives und Geschrei.

Credits

OT: „Jenseits der Spree“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Marcus Ulbricht, Neelesha Barthel
Drehbuch: Felix Benesch, Stefan Rogall, Regine Bielefeldt, Maike Rasch
Musik: Mario Lauer, Hansjörg Kohli
Kamera: Ludwig Franz, Oliver Sander, Jana Lämmerer
Besetzung: Jürgen Vogel, Seyneb Saleh, Elisabeth Baulitz, Oleg Tikhomirov, Lea Zoë Voss, Luna Jordan, Bella Bading

Bilder

Interview

Was zeichnet einen guten Krimi aus? Und wie wichtig ist das Setting für Jenseits der Spree? Diese und weitere Fragen haben wir Hauptdarsteller Jürgen Vogel in unserem Interview zur ZDF-Serie gestellt.

Jürgen Vogel [Interview 2021]

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„Jenseits der Spree“ versucht, durch frische Konstellationen im hart umkämpften Krimimarkt zu bestehen. Zum Teil sind diese interessant, zum Teil recht anstrengend – vor allem die ständig übergriffige Kollegin geht schnell auf die Nerven. Und auch bei den eigentlichen Fällen ist noch Luft nach oben, da ist schon einiges ziemlich konstruiert.
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