Master Cheng in Pohjanjoki
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Master Cheng in Pohjanjoki

Kritik

Master Cheng in Pohjanjoki
„Master Cheng in Pohjanjoki“ // Deutschland-Start: 30. Juli 2020 (Kino) // 27. November 2020 (DVD/Blu-ray)

Nach dem Tod seiner Frau reist der chinesische Küchenchef Cheng (Pak Hon Chu) mit seinem Sohn Nunjo (Lucas Hsuan) in das kleine finnische Dorf Pohjanjoki. Das Ziel: seinen alten Freund Fongtron wiederzusehen, der ihm damals in Shanghai aus der Patsche geholfen hat. Zu seiner großen Enttäuschung scheint dort aber niemand diesen Freund zu kennen, niemand kann ihm weiterhelfen. Die örtliche Café-Besitzerin Sirkka (Anna-Maija Tuokko) bietet den beiden daraufhin an, erst einmal bei ihr unterzukommen und ihr dafür im Gegenzug etwas in der Küche zu helfen, während er in aller Ruhe weitersucht. Tatsächlich kommt das fernöstliche Essen bei der Bevölkerung an, auch Cheng selbst schließen sie ins Herz …

Liebe geht bekanntlich durch den Magen, so zumindest besagt es ein altes Sprichwort. Und da ist durchaus was dran, ist Essen doch eines der am weitesten verbreiteten sozialen Ereignisse, welche unsere Gesellschaft kennt. Familien essen gemeinsam zu Abend, man trifft sich mit Freunden, um essen zu gehen, auch Dates finden gerne mal in diesem Umfeld statt. Entsprechend reichhaltig ist auch die filmische Tradition, Figuren mittels des Essens zusammenbringen zu wollen. Im Fall von Master Cheng in Pohjanjoki gilt das gleich doppelt, wenn es hier nicht nur darum geht, den Fremden und seinen Sohn im dörflichen Leben zu integrieren, sondern ihm und der hübschen Café-Besitzerin zu neuem Liebesglück zu verhelfen.

Das passt doch nie zusammen
Es dauert aber recht lange, bis es mal so weit ist. Zunächst heißt es erst einmal, die Fronten zu klären und möglichst große Kontraste aufzubauen. Wenn jemand aus der großen Stadt in ein kleines Dorf fährt, dann führt das unweigerlich zu Reibungen, weil da einfach zwei komplett unterschiedliche Lebenswelten aufeinanderprallen. Hier kommt noch hinzu, dass neben einer kleinen Sprachbarriere die kulturellen Unterschiede groß sind – logisch, Finnland und China sind dann doch nur bedingt miteinander zu vergleichen. Master Cheng in Pohjanjoki gibt sich auch da ganz klassisch, spielt mit den immer wieder gern gesehenen Culture-Clash-Elementen, die im Komödienfach zum festen Inventar gehören.

Dabei verzichtet der finnische Regisseur Mika Kaurismäki (The Girl King) auf allzu brachiale oder derbe Szenen. So wie Cheng an einer späteren Stelle die chinesische Lebenseinstellung als auf Harmonie ausgerichtet beschreibt, so scheut sich der Film davor, tatsächliche Streitpunkte einzubauen. Sicher, es gibt die paar Alten, die in dem Café sitzen und sich darüber wundern, was der Neuling denn da für seltsames Zeug abschleppt. Aber über ein bisschen Skepsis geht das nicht hinaus. Es gibt keine rassistischen Ressentiments, keine Streitigkeiten, man begegnet sich in dem Film zwar mit anfänglichem Unverständnis, aber eben auch der nötigen Neugierde, um sich mit der Zeit näherzukommen.

Sind die alle nett hier!
Das ist freundlich und nett und aufbauend – aber auch ein klein wenig zu gefällig. Erst spät baut Master Cheng in Pohjanjoki doch noch so etwas wie Konflikte und Probleme ein, tut dies aber recht umständlich und wenig überzeugend. Um als echte Überwindung von Traumata durchzugehen, hätte das Thema schon etwas prominenter in dem Film untergebracht werden müssen, anstatt wie eine Trumpfkarte aus dem Ärmel gezogen zu werden. Der Film verspielt an diesen Stellen schon einiges von seiner Natürlichkeit und Glaubwürdigkeit, verabschiedet sich unnötig von seiner eher auf Alltäglichkeit ausgerichteten Begegnung.

Besser gelungen sind die Momente der Annäherung, sowohl zwischen Cheng und Sirkka, wie auch zwischen ihm und den alten Männern des Dorfes. Da sind einige schöne, manchmal auch unterhaltsame Szenen dabei. Dass Master Cheng in Pohjanjoki bei den Nordischen Filmtagen Lübeck 2019 den Publikumspreis gewonnen hat, kommt nicht von ungefähr. Da zudem idyllische Aufnahmen des ländlichen Finnlands das Auge verwöhnen, ist die internationale Coproduktion ein Fall für Zuschauer und Zuschauerinnen, die sich einfach mal wieder zurücklehnen und glauben möchten, dass im Leben alles wieder gut werden kann. Man braucht nur die richtigen Zutaten.

Credits

OT: „Mestari Cheng“
Land: Finnland, China, UK
Jahr: 2019
Regie: Mika Kaurismäki
Drehbuch: Hannu Oravisto, Mika Kaurismäki, Sami Keksi-Vähälä
Musik: Anssi Tikanmäki
Kamera: Jari Mutikainen
Besetzung: Anna-Maija Tuokko, Pak Hon Chu, Lucas Hsuan, Vesa-Matti Loiri, Kari Väänänen

Bilder

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In „Master Cheng in Pohjanjoki“ reist ein chinesischer Koch aus der Großstadt in ein kleines finnisches Dorf. Das bedeutet zunächst ein bisschen Culture Clash, später viel Essen und eine rührende Annäherung. Das ist nicht wirklich überraschend, von einigen unnötig dramatischen Entgleisungen abgesehen, aber doch irgendwie schön.
6
von 10