Lomo
© farbfilm

Lomo – The Language of Many Others

„Lomo – The Language of Many Others“, Deutschland, 2017
Regie: Julia Langhof; Drehbuch: Julia Langhof, Thomas Gerhold
Darsteller: Jonas Dassler, Lucie Hollmann, Eva Nürnberg, Peter Jordan, Marie-Lou Sellem

Lomo
„Lomo – The Language of Many Others“ läuft ab 12. Juli 2018 im Kino

Es ist nicht so, dass Karl (Jonas Dassler) die Intelligenz fehlen würde, um ein guter Schüler zu sein. Ihm fehlt nur das Interesse. Anders als seine Zwillingsschwester Anna (Eva Nürnberg), die schon ziemlich genaue Pläne hat, wie es nach dem Abitur weitergehen soll, will Karl das erst einmal auf sich zukommen lassen. Das einzige, das ihn derzeit überhaupt wirklich interessiert, ist sein Blog, in dem er über Familie, Alltag und die Menschheit nachgrübelt. Wobei, ein Mensch hat es ihm ja schon angetan, seine Mitschülerin Doro (Lucie Hollmann). Und zumindest anfangs sieht es auch so aus, als wolle die hübsche Jugendliche mehr von ihm. Als das zwischen ihnen aber nicht ganz so läuft, wie von ihm gedacht, eskaliert die Situation schnell und zieht auch den Rest der Familie mit hinein.

Eines muss man Lomo – The Language of Many Others ja lassen: Der Titel ist Programm. Denn im Film geht es viel um Beliebigkeit, um eine gewisse Sprachlosigkeit auch. Und um andere, deren Stimmen wir in unseren Ohren haben. Wortwörtlich. Hört sich verwirrend an? Ist es auch. Denn Regisseurin und Co-Autorin Julia Langhof hat hier eigentlich gleich zwei Filme auf einmal gedreht. Das eine ist eine klassische Coming-of-Age-Geschichte über einen privilegierten jungen Mann, der nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll und alles irgendwie öde findet. Die andere Hälfte behandelt, wie sich junge Menschen im Internet bzw. einer virtuellen Gemeinschaft verlieren.

Zwei Welten in einem
Das erinnert ein wenig an LenaLove – auch dort suchte eine Jugendliche nach einem Platz im Leben und verstrickte sich anschließend in einer virtuellen Welt, mit leichten Thrilleranleihen. Während dort das Ganze aber nahtlos ineinander überging, finden die zwei Hälften hier nie so wirklich zusammen. Und doch ist es eben dieser Mix, der den festivalerprobten Film (unter anderem Filmfest München und achtung berlin) überhaupt interessant macht. Für sich genommen ist nämlich keiner der beiden Teile so ganz überzeugend, im (fehlenden) Zusammenspiel passiert aber doch so einiges.

Der Coming-of-Age-Teil krankt daran, dass er weder besonders originell, noch sonderlich authentisch ist. Obwohl Jonas Dassler (Das schweigende Klassenzimmer) durchaus engagiert an die Sache geht, fehlen seiner Figur die notwendigen Ecken und Kanten, um ihn zu einer spannenden Persönlichkeit zu machen. Er ist nicht unsympathisch, aber auch nicht übermäßig anziehend. Ein Mensch, der von allem gelangweilt ist, das ist nun mal keine besonders vielversprechende Voraussetzung, um ein Publikum zu fesseln.

Das Leben, wie es das Drehbuch schrieb
Auch bei den anderen wird viel mit Stereotypen gearbeitet. Und wenn Lomo das mal nicht tut, wird es schnell befremdlich. Dass beispielsweise Karls Karriere an Doros Mutter hängt, ist schon arg konstruiert, ebenso dass Doros Vater eine Affäre mit der Freundin von Karls Mutter hat. So als ob es in dieser Stadt nur zehn Leute gäbe, die dafür alle zusammenhängen – ohne sich am Anfang des Films überhaupt zu kennen. Das ist gleich mehrfach unverständlich: Wer von dem täglichen Leid eines orientierungslosen Jugendlichen erzählen möchte, der sollte doch zumindest versuchen, ihn innerhalb eines plausiblen Rahmens zu präsentieren.

Der Handlungsstrang um Karls Internetaktivitäten wird mit der Zeit ebenfalls abstruser, schert sich so gar nicht darum, ob er noch realistisch wirkt. Oder zusammenhängend. Wäre Langhof an der Stelle wenigstens konsequent gewesen und hätte einen bizarren virtuellen Trip gestartet, das hätte durchaus reizvoll sein können. So bleibt aber in erster Linie Verwirrung übrig, was genau denn das Ziel gewesen sein soll. Und doch sind gerade diese Internetausflüge für die Höhepunkte des Films zuständig – neben einigen schönen Szenen, in denen das Verhältnis der Filmzwillinge im Mittelpunkt steht. Wenn Karl seine Gedanken fließen lässt, nach Gemeinsamkeiten sucht, mit Videos spielt und von Perspektiven spricht, dann hat das zwar nicht immer ein konstruktives Ergebnis. Aber es zeigt doch zumindest an den Stellen, dass der junge Mann mehr ist als nur ein weiterer Teenager, der sich verliebt hat und der Ansicht ist, dass das auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. Dass da eine Stimme ist, verloren, aber deutlich, auf der Suche nach mehr als dem, was ihm die Welt da vorgibt.



(Anzeige)

„Lomo – The Language of Many Others“ versucht auf eine nicht ganz geglückte Weise, klassisches Coming of Age mit modernen Internetaspekten zu verknüpfen. Das ist im einen Moment zu stereotyp, im nächsten over the top, überzeugt trotz eines engagierten Hauptdarstellers nicht wirklich. Einige schöne und auch interessante Szenen entschädigen aber für einen Film, der auf der Suche nach Tiefe eher wirr denn aussagekräftig ist.
5
von 10