Mademoiselle Hanamura
Mademoiselle Hanamura #1 (2017)

Mademoiselle Hanamura #1 – Aufbruch zu modernen Zeiten

„Haikara-san ga Tooru Movie 1: Benio, Hana no 17-sai“, Japan, 2017
Regie: Kazuhiro Furuhashi; Drehbuch: Kazuhiro Furuhashi; Vorlage: Waki Yamato; Musik: Michiru Oshima

Mademoiselle HanamuraEtikette? Ein damenhaftes Benehmen? Folgsamkeit? Das mögen im Japan der 1920er alles wichtige Tugenden sein. Das allein bedeutet aber nicht, dass sich Benio Hanamura an all das auch halten muss. Sie sucht sich ihren Traummann schon selber aus, vielen Dank. Das Verhältnis zu ihrem Vater, immerhin ein hochrangiger Offizier, ist deswegen auch schon eine ganze Weile angespannt. Ein weibliches Vorbild fehlte in seinem Haus, seit dem viel zu frühen Tod von Benios Mutter. Wenn überhaupt, macht die Jugendliche höchstens zufällig mal das, was von ihr erwartet wird. Dass sie einem fremden Mann versprochen wurde, ohne ein Wörtchen mitreden zu dürfen, das kommt nicht in Frage. Nicht einmal, wenn er so jung, hübsch und stark ist wie Shinobu. Oder höchstens ein kleines bisschen …

Ja, haben wir denn schon wirklich 2018? Dass auch die Japaner hin und wieder mal alte Bekannte ausbuddeln, wenn es darum geht, mit Animes frisches Geld zu verdienen, ja, das kommt vor. Derzeit hat man aber tatsächlich den Eindruck, dass die 1970er nie aufgehört haben. Und was für Titel da auf einmal wieder auftauchen! In Deutschland erscheint Star Blazers 2199 – Space Battleship Yamato, die Neuauflage von Leiji Matsumotos Klassiker, tatsächlich auf DVD. Netflix bescherte uns kürzlich mit Devilman Crybaby eine bemerkenswerte Neuinterpretation von Go Nagais düsterem Manga. Und beim Akiba Pass Festival lief Mademoiselle Hanamura, das ebenfalls seine Wurzeln in den 70ern hatte.

Mademoiselle wer?
Von den drei Beispielen ist dieses mit Sicherheit das obskurste – zumindest aus deutscher Sicht. Der zwischen 1975 und 1977 veröffentlichte Manga von Waki Yamato war im Land der aufgehenden Sonne kommerziell erfolgreich und auch bei Kritikern gern gesehen. Hierzulande nahm man hiervon jedoch wenig Kenntnis. Dafür ist der Regisseur der Neuauflage umso bekannter, schließlich hielt Kazuhiro Furuhashi immerhin bei Rurouni Kenshin und You’re under Arrest die inszenatorischen Fäden in der Hand. Und auch das Animationsstudio ist ein alter Bekannter: Nippon Animation. Die produzierten Ende der 1970er nicht nur die Animeserie zu Mademoiselle Hanamura, Serien wie Marco oder Sindbad bringen so manches Auge älterer Anime-Fans zum Leuchten.

Ob man sich auch an Mademoiselle Hanamura noch in 40 Jahren so nostalgisch erinnern wird? Das ist eher weniger vorstellbar, dafür fehlt hier dann doch das wirklich eigenständige Element. Oder auch die Figuren, die wirklich hervorstechen. Spaßig ist es aber, was die Altmeister hier aus der Vorlage gekitzelt haben. Ein Mädchen, das sich so gar nicht mädchenhaft verhält, das ist natürlich immer irgendwo witzig. Es ist sogar sympathisch, wenn überholte Frauenbilder aufgegriffen und auf die Schippe genommen werden – umso mehr, wenn der Film knapp hundert Jahre vor heute spielt. Einer Zeit also, als das mit der Gleichberechtigung so gar nicht auf der Agenda stand.

Nett und harmlos
Die Liebeskomödie macht aber auch nicht wirklich mehr als das. Eine tatsächlich tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema kann und will Mademoiselle Hanamura nicht sein. Es gibt nette, kleine, harmlose Späßchen, meist recht albern, die niemandem weh tun und die man in der einen oder anderen Form schon ziemlich oft hat sehen dürfen. Die werden ganz gern auch mal wiederholt. Benios Kontrollverlust, wenn sie etwas zu viel gebechert hat. Ranmaru, der sich gerne mal als Frau verkleidet. Und ganz so fortschrittlich, wie der Film anfangs tut, ist er dann doch nicht, unterwirft sich später schlussendlich doch den Gesetzen einer solchen Liebeskomödie. Schade ist das schon ein wenig, es fehlen die Ambitionen, aus dem soliden Mittelfeld hervorzubrechen. Aber manchmal reicht ja auch das. Größere Fehler macht der Anime nicht, auch die Optik ist solide. Angesichts der inzwischen recht raren Konkurrenz im Bereich Spielfilm, darf man diesen und die angekündigten Fortsetzungen daher im Auge behalten – sofern der er denn offiziell auch noch fürs Heimkino erscheint.



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Ein Mädchen, das sich nicht wie eins verhält. Ein Verehrer, dem das egal ist. Dazu noch ein paar weitere Figuren, die alle irgendwie ineinander verliebt sind. Fertig ist das Liebeskarussell. Das ist zwar nicht ganz so fortschrittlich, wie es gern tut, sowohl in punkto Geschichte wie auch Humor begnügt sich „Mademoiselle Hanamura“ mit Bekanntem. Sympathisch ist die Neuverfilmung des 70er-Jahre-Mangas aber auch so.
6
von 10