Split
© Universal Pictures

Split

(„Split“ directed by M. Night Shyamalan, 2016)

„Split“ läuft ab 26. Januar im Kino

Es hätte eine nette Geste sein sollen, ausgerechnet die Außenseiterin Casey (Anya Taylor-Joy) zur eigenen Geburtstagsparty einzuladen. Die Folgen waren jedoch weniger nett, zumindest für Claire (Haley Lu Richardson) und Martha (Jessica Sula). Dennis, ein Mann mit einem starken Putzfimmel (James McAvoy), steigt plötzlich zu ihnen ins Auto und entführt die drei Schülerinnen. Oder doch nicht? Im nächsten Moment steht der Kidnapper in einem ganz anderen Outfit vor ihnen, scheint jemand ganz anderes geworden zu sein. Und das ist erst der Anfang, denn der unter einer vielfach gespaltenen Persönlichkeit leidende Kevin hat etwas Finsteres mit dem Trio vor.

Wer sich auf einen neuen Film von M. Night Shyamalan einließ, konnte sich in den letzten Jahren eigentlich immer auf zwei Sachen verlassen: 1. Das Werk war noch ein wenig schlechter als der vorangegangene. 2. Am Ende gab es irgendeinen bescheuerten Twist. Aber selbst der berühmt-berüchtigte Filmemacher, der nach seinem großen Durchbruch The Sixth Sense nach und nach bei Publikum wie Hollywood in Ungnade fiel, wurde seiner Linie zuletzt untreu. Von einem großen Comeback war letztes Jahr angesichts seines Großelternhorrors The Visit sogar die Rede. Das mag stärker an den weit nach unten geschraubten Erwartungshaltungen zu tun haben als an echter Qualität, der freie Fall in die Filmhölle war aber zumindest gestoppt, Shyamalans Found-Footage-Kopie tatsächlich freiwillig komisch.

Split setzt dem Ganzen noch deutlich eins drauf, wenngleich es hier nichts zu lachen gibt. Oder fast nichts. McAvoy als vornehme eingebildete Dame zu sehen oder als kleiner Möchtegernjunge, da darf man schon ein wenig kichern. Ohnehin sollte man Shyamalans Ausführungen zur dissoziativen Identitätsstörung nicht allzu ernst nehmen. Er tut es schließlich auch nicht, schwert sich nicht um eine realistische Darstellung, gibt dem Ganzen sogar eine fantastische Note. Ausnahmsweise muss diese etwas andere psychische Erkrankung dabei nicht als billige Wendung bei der Verbrechensklärung herhalten, ist auch keiner von Shyamalans berüchtigten, weil weit hergeholten Twists. Dass Kevin in mehrere voneinander unabhängige Persönlichkeiten zersplittert, wird bereits durch den Titel vorweggenommen und früh ausformuliert.

Spannend ist Split dann in erster Linie auch nicht aufgrund der nur wenig originellen Hintergrundgeschichte des nicht immer bösen Bösewichts, sondern durch James McAvoys Verkörperung desselben. Schon zu früheren Gelegenheiten durfte der schottische Schauspieler seine Wandlungsfähigkeit zum Besten geben, etwa in Drecksau auch mal eine richtig hässliche Seite nach außen kehren, in Victor Frankenstein das wahnsinnige Genie geben. Hier gibt es dann kein Halten mehr: von komisch bis unheimlich, von kindlich bis heimtückisch, von edel bis primitiv ist da alles dabei, was so eine Persönlichkeitspalette hergibt – über beide Geschlechter hinweg –, ohne dabei zu einer Witzfigur zu werden.

Aber selbst wer an der grandiosen Einzelleistung vorbeischaut, entdeckt so manches Bonbon in dem bittergrauen Verlies der drei Grazien. Schön ist beispielsweise, dass diese nicht ganz so wehrlos sind, wie es ihr Cheerleaderaussehen und die dünnen Persönlichkeiten vermuten lassen, sie sich ebenso wie Kevins Therapeutin Dr. Karen Fletcher (Betty Buckley) auf das perfide, manipulative Spiel einlassen und mächtig Gegenwehr zeigen, jede auf ihre eigene Weise. Wer dabei am Ende siegreich aus der Kerkerarena tritt, bleibt lange offen – ein bisschen zu lange vielleicht. Sobald alle Fakten geklärt sind und das Duell beginnen kann, hätte der Film gerne etwas auf die Tube drücken dürfen, anstatt mühsam der Zweistundenlinie entgegenzukriechen. Und irgendwie bietet sich einem dort auch kein so wirklich interessanter Anblick, die fesselnde erste Hälfte findet in dem gleichermaßen kuriosen wie unbefriedigenden Ende kein gleichwertiges Gegenstück. Aber auch wenn so manche Lobeshymne zu Shyamalans neuem Baby vielleicht ein bisschen zu euphorisch gesungen wird, es ist eine schon sehenswerte und stimmungsvolle Kopfgeburt, die wir da auf der Leinwand bewundern dürfen. Und ein Beispiel, dass man so manchen Totgesagten vielleicht nicht zu früh abschreiben sollte, Split ist tatsächlich das beste Werk des Filmemachers seit vielen Jahren.



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M. Night Shyamalan ist wieder da, zum Teil zumindest. Sein Film über einen vielfach persönlichkeitsgestörten Mann ist über längere Strecken spannend und allein wegen des grandios spielenden James McAvoy sehenswert. Später geht dem Thriller aber die Luft aus, das Ende ist zudem recht unbefriedigend.
6
von 10