Lolo
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Lolo – Drei ist einer zu viel

(„Lolo“ directed by Julie Delpy, 2015)

Lolo DVDEndlich sieht es so aus, als hätte Violette (Julie Delpy) doch mal wieder Glück in der Liebe! Zugegeben, äußerlich macht Jean-René (Dany Boon) nicht so wahnsinnig viel her. Und mit Violettes Modewelt kann der naive und etwas ungeschickte Informatiker auch nicht viel anfangen. Doch das eigentlich Problem liegt woanders: Lolo (Vincent Lacoste), der 19-jährige Sohn von Violette. Denn der ist gar nicht glücklich darüber, dass seine Mutter schon wieder einen Idioten anschleppt. Nachdem die Beziehung wider Erwarten hält, mehr noch, die beiden sogar unzertrennlich sind, beschließt der Jugendliche deshalb, dem Ganzen durch kleine Streiche und Tricks ein Ende zu setzen und so sein altes Familienleben zurückzuholen.

Die meisten dürften Julie Delpy vor allem als Schauspielerin kennen. Dann und wann zeigt die Französin aber auch darüber hinaus gehende Ambitionen, inszeniert selbst, schreibt Drehbücher – zuletzt etwa in Familientreffen mit Hindernissen und 2 Tage New York. Die Überraschung bei Lolo ist deshalb nicht, dass sie vor und hinter der Kamera agiert, sondern was sie aus dem Stoff gemacht hat. Denn mit der charmanten Leichtfüßigkeit ihrer vorangegangenen Filme hat ihre neue Komödie nur wenig zu tun, obwohl sie mit Lacoste und Karin Viard als scharfzüngige Freundin Ariane zwei Kollegen aus dem Familientreffen wieder zu sich einlädt.

Schon der Einstieg, wenn Violette, Ariane und eine dritte im Bunde anzügliche Bemerkungen austauschen, offen über die Vorzüge dummer Männer im Bett reden oder später von ihren sexuellen Erfahrungen sprechen, dann ist das einem Bad Moms deutlich näher, als wir es von Delpy gewohnt sind. Und auch deutlich näher, als einem vielleicht lieb ist. Denn sobald der Überraschungseffekt schwächer wird, nimmt auch der Reiz derartiger Zoten ab. Aber dieser eher derbe Humor ist ohnehin nur eine von mehreren Wegen, die Lolo im Laufe der 90er Minuten einschlägt. Wege, die jedoch ebenfalls nur manchmal ans Ziel führen.

Immer wieder nett sind beispielsweise die eingestreuten Culture-Clash-Elemente, sobald der unerfahrene Informatiker die Glitzerwelt von Paris betritt. Das ist mit allerlei Spitzen gegen das oberflächliche Gebaren der Großstädter Modemenschen verbunden, gerade auch durch den Kontrast mit dem wohlmeinenden Jean-René. Und dann wäre da natürlich noch Lolo, der ebenfalls diesem Zirkel angehört, ständig von großer Kunst spricht, ohne dabei selbst etwas geleistet zu haben. Nein, so peinlich manchmal das Auftreten des Provinzlers auch sein mag – eine Spezialität von Boon –, die Sympathien hat Delpy hier doch recht eindeutig verteilt.

Leider enttäuscht gerade der Part, welcher die Titelfigur in den Mittelpunkt stellt. Die wird zwar von Lacoste mit einer wunderbar überheblichen Durchtriebenheit gespielt, ist in punkto Streichen jedoch nicht annähernd so mondän, wie sie sich gibt. Heimlich verabreichte Beruhigungsmittel und Juckpulver? Über diese altbackenen Einfälle macht sich der Film zwar auch selbst treffend lustig, was aber nichts daran ändert, dass man hier zuweilen den Eindruck hat, ein halbes Jahrhundert zurück in die Vergangenheit gereist zu sein, wo Zur Hölle mit den Paukern und Konsorten schon auf einen warten. Zum Ende hin wird das zwar wieder ein wenig bissiger, vor allem beim etwas bizarren Over-the-Top-Finale, insgesamt ist Lolo dann aber doch relativ harmlos. Ein netter Spaß mit einigen nicht ganz so netten Figuren, der aber trotz seiner humoristischen Vielfalt nur wenige tatsächlich komische Szenen auf Lager hat.



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Weg mit Leichtigkeit und Charme, her mit den Zoten! Julie Delpys neuester Film ist überraschend derb ausgefallen, gleichzeitig oft auch erschreckend altbacken. Trotz der diversen eingeschlagenen humoristischen Wege und des durchtriebenen Alptraumsohns ist „Lolo“ deshalb nur manchmal witzig.
5
von 10