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Ozean mit David Attenborough

„Ozean mit David Attenborough“ // Deutschland-Start: 8. Mai 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Über Zerstörung und Überfischung der Weltmeere ist schon viel berichtet worden. Weit seltener richtet sich der Blick jedoch auf Chancen zur Heilung. Viel schneller, als es Wissenschaftler erwartet haben, kehrt das vielfältige Leben in unsere Meere zurück, wenn wir sie in Ruhe lassen. Diese überraschende Erkenntnis stellt der legendäre Tierfilmer und Naturforscher David Attenborough in den Mittelpunkt eines Dokumentarfilms, der nicht nur Gefahren beleuchtet, die einen fast verzweifeln lassen. Sondern der zugleich die Magie eines Ökosystems feiert, das die meisten von uns, sofern sie nicht passionierte Taucher sind, niemals zu Gesicht bekommen. David Attenborough wird am 8. Mai, dem Filmstart, 99 Jahre alt. Er hat zwar nicht mehr selbst Regie geführt, leiht aber dem eindrucksvollen Werk seine Stimme und das ganze Gewicht seiner Reputation. Erst jetzt, sagt der einflussreiche Naturforscher, erkennen wir, was die Ozeane für die Zukunft unserer Welt bedeuten. Die neuen Erkenntnisse könnten alles verändern, gerade auch im Hinblick auf den Klimawandel.

Augenöffnende Erfahrung

Dünen, ein weiter Strand: Ganz langsam schwebt die Kamera auf einen Mann zu, der dort ganz allein aufs Meer schaut. David Attenborough, im hohen Alter noch äußerst vital, wendet sich direkt ans Publikum, in der einfachen, klaren Sprache, die viele von seinen preisgekrönten und weit über England hinaus beliebten Naturdoku-Serien kennen. Was er zu sagen hat, folgt einem gut strukturierten, nie überfordernden roten Faden. Dabei geht es ihm weniger um Worte als um eine außergewöhnliche visuelle Erfahrung. „Wer das Meer wahrhaftig gesehen hat“, so seine tiefe Überzeugung, „wird es nie wieder mit den gleichen Augen betrachten“. Will sagen: Um etwas von ganzem Herzen bewahren und schützen zu wollen, muss man es mit möglichst vielen Sinnen wahrgenommen haben, mindestens aber mit dem Gesichtssinn.

Und weil es dafür kaum einen geeigneteren Ort gibt als das Kino, ziehen die Regisseure Toby Nowlan, Keith Scholey und Colin Butfield sowie zahlreiche Kameraleute sämtliche Register der visuellen Überraschung, der Schönheit und manchmal auch der positiven Überwältigung. Ihr Film ist prall von Leben, von Staunen, von Vielfalt. Er vermittelt dem Publikum ein ähnliches Erlebnis, wie es Attenborough bei seinem ersten Tauchgang in einem Korallenriff hatte: „Ich vergaß beinahe zu atmen“. So zum Beispiel, wenn es um riesige Berge unter Wasser geht. Sie erheben sich bis zu fünf Kilometer über den Meeresboden, stehen der Strömung im Weg, lassen Wasser aus der tiefsten Tiefe aufsteigen und wirbeln kleinere Fische nach oben. Die Kamera ist ganz nah dran, zeigt rotierende Fischschwärme, ganz dicht und in rasanter Drehung. Dann rückt die Perspektive ein wenig weiter weg und zeigt, wie der Wirbel größere Fische anlockt, die hier Futter finden auf ihren langen Wegen durch die Weltmeere. Für die Delphine zum Beispiel dienen die Berge unter Wasser als Treffpunkt, an dem sie sich versammeln, einen Ruheort finden und gemeinsam weiterziehen.

Eine heile Welt sind die Ozeane trotzdem nicht, wie der Film drastisch verdeutlicht. Kameras verfolgen die Schneise der Zerstörung, die das industrielle Fischen mit Grundschleppnetzen hinterlässt. Die Montage schneidet den unvorstellbaren Verlust mehrmals gegeneinander: hier die paradiesische, bunte Lebensgemeinschaft, dort eine leere Wüstenlandschaft wie nach einem Atomkrieg. Ozean mit David Attenborough blendet die aktuelle Bedrohung der Weltmeere also keineswegs aus. Im Gegenteil, der Film ist ein einziges Plädoyer dafür, mit dem Wahnsinn der Grundschleppnetzfischerei aufzuhören, bei der drei Viertel des Fangs weggeworfen werden.

Wie es aussieht, wenn man einem schwer geschädigten Meer Zeit zur Erholung gibt, beobachtet der Film in Schutzgebieten nahe der Kanalinseln und im Mittelmeer vor Frankreich. Auch die großen Fische kehren zurück, schon nach fünf Jahren formiert sich ein ausbalanciertes Ökosystem, mit einem Reichtum an Arten, der in unseren überfischten Gewässern nicht mehr zu finden ist. Dabei wendet sich der Film keineswegs gegen die Fischerei als solche, nur gegen die Industrieschiffe, die den kleinen lokalen Booten den Lebensunterhalt rauben. Meeresschutz und nachhaltiger Fischfang wollen dasselbe, sagt zum Beispiel eine Frau aus Haiti, nämlich mehr Arten und mehr Fische.

Nicht predigen, sondern zeigen

Natürlich möchte der Film etwas bewegen. Er will Menschen wachrütteln, sich für den Schutz der Meere einzusetzen. Nicht zufällig fällt der Starttermin auch auf den internationalen Weltozeantag. Und genauso wenig absichtslos liegt er vor der UN-Ozeankonferenz im Juni in Nizza. Schon 2023 verständigten sich viele Länder der Erde auf einen umfassenden Meeresschutz. Würde man das wirklich umsetzen und 30 Prozent der Ozeane unter Schutz stellen, würde das zauberhafte Unterwasserleben, das man im Film bestaunen kann, auch dahin zurückkehren.

Das ist das Faszinierende an der Botschaft Attenboroughs: Er predigt und belehrt nicht, sondern öffnet dem Publikum die Augen, indem er es dorthin mitnimmt, wo sonst nur Forschungstaucher hinkommen. Er bedient sich keiner Fachtermini, sondern erzählt von seinem langen Leben und davon, was die Meeresforschung in dieser Zeitspanne alles herausgefunden hat. In seiner wachrüttelnden, aber zugleich unprätentiösen und informativen Machart erinnert der Film ein wenig an Davis Guggenheims Doku Eine unbequeme Wahrheit (2006) über die Erderwärmung mit dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore. Es wäre dem bald 100-jährigen David Attenborough zu wünschen, dass sein Beitrag über die mögliche Rettung der Meere eine ähnliche Wucht und Wirkung entfaltet wie damals Al Gore. Denn, so macht es Attenborough mehrfach klar: Das Meer ist unsere Lebensgrundlage. Es geht jeden von uns etwas an. Oder wie es der große Naturforscher formuliert: Die Ozeane, die ein Drittel des von uns produzierten CO2 binden, sind das „Lebenselixier unseres Zuhauses“.

Credits

OT: „Ocean with David Attenborough“
Land: UK
Jahr: 2025
Regie: Colin Butfield, Toby Nowlan, Keith Scholey
Musik: Steven Price
Kamera: Doug Anderson, Toby Strong

Bilder

Trailer

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Ozean mit David Attenborough
fazit
„Ozean mit David Attenborough“ feiert die überwältigende Schönheit des Lebens unter Wasser und zeigt, wie man die bedrohten Weltmeere so retten könnte, wie man vor einigen Jahren die Wale vor dem Aussterben bewahrt hat. Der Dokumentarfilm mit dem berühmten Naturforscher als Sprecher und Protagonisten setzt auf visuelle Schönheit und die Überzeugungskraft der Bilder.
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