Mutiny in Heaven: The Birthday Party
© Arsenal Filmverleih/Getty Images/Francine McDougall/Alison Lea

Mutiny in Heaven: Nick Caves frühe Jahre

„Mutiny in Heaven: Nick Caves frühe Jahre“ // Deutschland-Start: 6. Februar 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Als Künstler oder als Band eine eigene Stimme zu finden, ist ein Prozess, der Jahre dauern kann, beschwerlich ist und nicht selten erfolglos bleibt. Das hält viele Kunstschaffende mitnichten davon ab, ihre Kunstwerke, ihre Musik oder ihre Literatur auf den Markt zu bringen, doch bei genauer Betrachtung fällt auf, dass das, was sich Kunst nennt, eigentlich hohl ist und lediglich auf den Kommerz ausgelegt ist. Wenn man die eigene Stimme gefunden hat, ist die Arbeit jedoch nicht zu Ende, denn diese zu bewahren bei den vielen Veränderungen, denen man als Künstler natürlich obliegt, ist eine Kunst an und für sich. Man denke nur an Bands wie die Beatles oder die Rolling Stones, die sich über viele ihrer Alben immer wieder verändert haben, doch stets einen Kern beibehielten, der sie zusammenschweißte.

Im Falle eines Musikers wie Nick Cave hat dieser Prozess ebenfalls eine ganze Weile angedauert, wobei seine Zeit als Leadsänger der Band The Birthday Party eine essentielle Station war, wie auch für seine ehemaligen Bandkollegen Mick Harvey, Tracy Pew, Phill Calvert und Rowland S. Howard. Ihre Konzerte, ihre Alben Prayers on Fire und Junkyard sowie ihre Singles, besonders Release the Bats von 1981, waren nicht nur sehr erfolgreich, sondern legten in den Augen vieler mit den Grundstein für die Gothic-Szene, die in den 1980ern immer mehr Fuß fasste.

In seiner Dokumentation Mutiny in Heaven: The Birthday Party befasst sich der australische Regisseur Ian White mit der Geschichte der Band, die sich bei ihrer Gründung noch The Boys Next Door nannte. Der Film erzählt dabei von den einzelnen Bandmitgliedern, von ihren ersten Auftritten und den verschiedenen Stationen ihres Schaffens, was sie von Australien nach England und schließlich nach Deutschland brachte, wo sie sich 1982 trennten. Wie für eine solche Dokumentation üblich, bedient sich White einer Fülle von Archivmaterial, unter anderem Interviews, Konzertmitschnitte und Fotos, und montiert diese auf eine Weise zusammen, die audiovisuell der Entwicklung der Band zu imitieren scheint. Der Zuschauer darf entsprechend eine oft sehr freie, bisweilen chaotische Montage erwarten, die das Chaos, die Brutalität und die Radikalität der Musik von The Birthday Party nachempfinden soll, genauso wie die heftigen Drogenerfahrungen der Bandmitglieder oder ihre Desillusionierung während ihrer Zeit in London.

Finden und Zerstören

Viele Bands Ende der 70er und zu Beginn der 80er waren eine Imitation vieler bekannter Punkbands, so auch The Boys Next Door oder später The Birthday Party. Während viele Musikdokumentationen sich damit begnügen nachzuerzählen, will Whites Film auch verstehen und verbindet unterschiedliche Materialien zu einer erhellenden Einsicht, was die Musik der Band ausmachte, was sie beeinflusste und letztlich die Stimme der Band definierte. Gerade die Live-Auftritte spielen dabei eine wichtige Rolle, da sich über sie die Band fand und ausdrückte, vor allem ihre Enttäuschung nach ihrer Zeit in London, die für sie eine Zeit der Desillusion, der Armut und der Entbehrung gewesen ist. Die daraus resultierende Wut findet sich in den Live-Performances wieder, was bisweilen eskalierte und in den USA zu Konzertabbrüchen seitens der Veranstalter führte. Über 90 Minuten lang wird der Zuschauer ein Einblick in diesen Prozess des Suchens, Findens und mitunter auch Zerstörens der Musiker gegeben, begleitet von Interviews und entsprechendem Bildmaterial. Schade ist vielleicht, dass die Songs an sich etwas zu kurz kommen, über die man, wenn man die Lieder selbst nicht kennt, wenig erfährt, speziell über ihre Texte und Themen.

Interessant ist, wie schon erwähnt, der ästhetische Ansatz, den White in Mutiny in Heaven wählt. Mal ist dieser sehr chaotisch, mal vermischt er Archivmaterial mit animierten Einheiten, die vom Stil her etwas an Reinhard Kleists Comic-Biografie zu Nick Cave mit dem Titel Mercy on me erinnern. Das Punkige und das Psychedelische der Geschichte von The Birthday Party spiegelt sich in diesen Abschnitten wider, was nicht unbedingt das Narrativ der Dokumentation weiterbringt, aber zumindest nett anzuschauen ist.

Credits

OT: „Mutiny in Heaven: The Birthday Party“
Land: Australien
Jahr: 2023
Regie: Ian White
Musik: J.P. Shilo
Kamera: Craig Johnston

Bilder

Trailer

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Mutiny in Heaven: Nick Caves frühe Jahre
fazit
„Mutiny in Heaven“ ist eine Dokumentation über die Band The Birthday Party, der unter anderem Nick Cave angehörte. Ian White erzählt vom Suchen und Finden einer Band nach einer eigenen Stimme, einem Prozess, der von Rückschlägen, Enttäuschungen und sehr viel Chaos begleitet wurde. Besonders für Zuschauer, die mit der Band nicht vertraut sind, finden hier viele interessante Einblicke sowie einen ansprechenden ästhetischen Ansatz, auch wenn man gerne etwas mehr zu den Songs erfahren hätte.
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