Irgendwann werden wir uns alles erzählen
© Pandora Film / Row Pictures / Peter Hartwig / Armin Dierolf

Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
„Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ // Deutschland-Start: 13. April 2023 (Kino) // 15. September 2023 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

In einer kleinen Gemeinde der ehemaligen DDR im Jahre 1990 ist das Leben bestimmt von den Ernte- und den Jahreszeiten, doch die politischen Veränderungen der Wende haben auch hier ihre Spuren hinterlassen. Seit ihre Mutter entlassen wurde, lebt die 18-jährige Maria (Marlene Burow) auf dem Hof der Eltern ihres Freundes Johannes (Cedric Eich), mit dem sie sich den Dachboden der Scheune teilt. Während er sich immer mehr für Fotografie und Kunst begeistert und sich eine Zukunft als Fotograf vorstellen kann, verbringt Maria die langen Sommertage am liebsten mit einem Buch. Ein Brief des vor vielen Jahren in den Westen geflohenen Sohnes von Johannes Oma bringt Unruhe in die Familie. Parallel hinterlässt eine Begegnung mit dem eigenbrötlerischen Henner (Felix Kramer) bei Maria einen nachhaltigen Eindruck.

Bilder eines besonderen Jahres

Mit ihrem ersten Roman Irgendwann werden wir uns alles erzählen gelang Autorin Daniela Krien 2011 ein großer Erfolg, auch international, sodass es schon etwas verwundert, dass es fast zwölf Jahre dauern sollte, bis eine Verfilmung folgt. Wenn es nach der Autorin sowie der Regisseurin Emily Atef (3 Tage in Quiberon) gegangen wäre, wäre Irgendwann werden wir uns alles erzählen schon viel früher erschienen, denn schon nach der ersten Lektüre der Vorlage war sich Atef sicher, dass dies ihr nächstes Projekt werden würde. Der Film, der in diesen Tagen im Rahmen der Berlinale das erste Mal einem deutschen Publikum gezeigt wird, ist dabei wesentlich mehr als eine Liebesgeschichte, sondern behandelt die Annäherung von Ost und West sowie die Möglichkeit eines Dialogs, frei von Ängsten und Vorbehalten.

Während in den Medien nach wie vor ein nicht immer positiv besetztes Bild von Ostdeutschland existiert, machen sich in letzter Zeit einige Filmemacher daran, dieses zu korrigieren. Zum einen läuft dies auf thematischer Ebene wie in Christian Alvarts Freies Land oder zuletzt in Julian Richbergs Arboretum, doch dann auch auf ästhetischer Ebene wie in Atefs Film. Die von Sonnenlicht durchzogenen Bilder von Irgendwann werden wir uns alles erzählen lassen den Zuschauer an den Süden Europas denken, vor allem in den vielen Naturaufnahmen. Zugleich definiert diese Aufnahmen die Gewissheit des Aufbruchs und der Veränderung, wie der von Cedric Eich gespielte Johannes an einer Stelle passend formuliert, wenn er davon spricht, dass „diese Welt“ nicht mehr so bleiben wird und aufhören wird zu existieren. Irgendwann werden wir uns alles erzählen ist eine Geschichte des Übergangs und des Aufbruchs, von Rissen in der bekannten Routine dieser Figuren, die immer deutlicher zum Vorschein treten und eine Entscheidung forcieren, wie es nun weitergehen soll. Die Inszenierung und das Drehbuch zeigen die Ängste der Figuren, die Fragen nach dem Bestand dieser neuen Zeit, doch zugleich die Zuversicht und die Möglichkeit einer neuen Liebe.

Geheimnisse und Beziehungen

In den wenigen Interviews, die Emily Atef bislang zu ihrem Film gegeben hat, wird mehr als einmal auf die ungewöhnliche und im Rahmen von MeToo und Politischer Korrektheit undenkbare  Beziehung hingewiesen, welche die beiden Hauptfiguren auszeichnet. Schon die Romanvorlage wurde in dieser Hinsicht bisweilen rezipiert, selbst wenn die Parallele zwischen dieser Beziehung und der Annäherung von Ost und West einen anderen Rahmen anbot. Marlene Burow und Felix Kramer spielen zwei Menschen, die voneinander angezogen werden, entgegen der Vernunft sowie gesellschaftlicher Normen, welche eben jene Andersartigkeit verdammen. Auch wenn die ersten Begegnungen recht grob ausfallen, wird schnell ein Raum geschaffen, in dem solche Grenzen, beispielsweise des Alters, nicht mehr vorhanden zu sein scheinen und eine Form der Freiheit herrscht, nach der sich beide sehnen. Sowohl Burow als auch Kramer spielen eindrucksvoll und sehr sensibel zwei sehr unterschiedliche Figuren, die sich nach einer Veränderung sehen, einem Wechsel der Perspektive des Außenseiters und der naiven Teenagerin, die sich viel eher in der Welt der Bücher wiederfindet als in der Realität.

Credits

OT: „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Emily Atef
Drehbuch: Emily Atef, Daniela Krien
Vorlage: Daniela Krien
Musik: Christoph M. Kaiser, Julian Maas
Kamera: Armin Dierolf
Besetzung: Marlene Burow, Felix Kramer, Cedric Eich, Silke Bodenbender, Christine Schorn, Peter Schneider

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, Regisseurin Emily Atef einige Fragen zu stellen. Im Interview zu Irgendwann werden wir uns alles erzählen sprechen wir über weibliches Begehren und falsche Ost-Bilder.

Emily Atef [Interview 2023]

Filmfeste

Berlinale 2023

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Irgendwann werden wir uns alles erzählen
fazit
„Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ ist ein toll inszeniertes und stark gespieltes Liebesdrama Emily Atef erzählt von einer zeit der großen Veränderungen, der Annäherung und der Möglichkeit eines neuen Beginns, mit dem viele Hoffnungen und Ängste verbunden sind.
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