Arboretum
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Arboretum

„Arboretum“ // Deutschland-Start: 9. Februar 2023 (Kino) // 31. März 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Erik (Oskar Bökelmann) und sein bester Freund Sebastian (Niklas Doddo) sehen nur zwei Möglichkeiten in ihrer Heimat, einer kleinen Gemeinde in Sachsen, zu überleben. Entweder sie schließen sich den Linken an oder den Rechten, wobei beide Parteien ihre Vor- und Nachteile haben. Als Außenseiter, die keiner der beiden Gruppen angehören, sehen sie keine andere Wahl, als sich so gut es geht abzuschotten und abzuwarten, dass sie alt genug sind, um endlich wegzuziehen, wie schon viele vor ihnen. In der Schule werden sie fast jeden Tag gehänselt, vor allem von Patrick (Tobias Krebs) und seinen Freunden, die zu den Rechten gehören. Eines Abends werden Sebastian und Erik abermals Opfer einer weiteren Demütigung, nach der vor allem Sebastian Rache schwört für die Jahre an Schlägen und Häme, die er über sich ergehen lassen musste. Auch Erik sieht ein, dass es so nicht weitergehen kann und wird von diesem Tag an von seltsamen Visionen und Träume heimgesucht, in denen etwas aus dem nahen Wald zu ihm spricht und ihm eine baldige Lösung seiner Probleme verspricht, wenn er ihm folgen sollte. Als die Prophezeiung dann eintritt, verspricht Erik, der Kreatur im Wald zu gehorchen.

Bei einer Party der Punks im Ort lernt Erik dann Elli (Anna Jung) kennen, die auch davon träumt, endlich aus dem Dorf wegzuziehen und vor allem ihre spießige Familie hinter sich lassen zu können. Die Beziehung zeigt dem Jungen, dass es eine Alternative zu seinem Lebensweg gibt, den er sich für sich eigentlich ausgesucht hatte. Als die Kreatur dann aber eine weitere Prophezeiung macht, die eine Gefahr für seine Liebe zu Elli bedeutet, wehrt sich Erik gegen die dunkle Macht, die jedoch doch schon weit mehr Einfluss hat, als er vermutet.

Jenseits von Berlin

Als Julian Richberg einst nach Berlin zog, um dort seine Ausbildung zu beginnen, begleiteten ihn Gefühle der Frustration mit der Heimat ihn und der innere Wunsch, mit dieser durch den Ortswechsel abzuschließen. Mit seinem ersten Spielfilm Arboretum kehrt er jedoch in eine solche Gegend zurück, in der er seine Kindheit und Jugend verbrachte, um eine Geschichte über eben jene Gefühle zu erzählen, die er damals hatte. Darüber hinaus wollte Richberg nach unzähligen deutschen Großstadtfilmen zurück an einen Ort, der gerade im Gegenwartskino etwas unterrepräsentiert war, nämlich dem Dorf und zudem dem Osten Deutschlands.

Durch den Akzent sowie andere Faktoren ist der Handlungsort von Arboretum zwar im Osten, genauer gesagt in Sachsen, verankert, jedoch könnte die Geschichte auch überall spielen. Das Dorf, mit seinen engen Gassen und kleinen Häusern, ist ein bekannter Mikrokosmos, der wegen seiner Abgeschiedenheit wie ein Heilsversprechen wirkt, doch ebenso wie ein Gefängnis, vor allem für die jugendlichen Figuren in Arboretum, die nichts lieber wollen, als von dort ausbrechen. Es ist immer wieder die Langeweile und die Perspektivlosigkeit, welche die Gespräche der Figuren bestimmt und sie in die Ferne blicken lässt, wobei nicht sicher ist, ob es Blicke der Hoffnung oder eben jener Wut sind, die der Regisseur selbst gut kennt. Dann verweilt man beim Wald, einem weiteren typisch deutschen Sehnsuchtsort, und verliert sich in der Dunkelheit in ihm.

Die Dunkelheit der Heimat

Stilistisch ist Arboretum ein Jugenddrama mit vielen Horror- und Mystery-Elementen. In anderen Rezensionen wird der Vergleich zu Richard Kellys Donnie Darko gemacht, was durchaus nicht von der Hand zu weisen ist, wenn es um Themen wie Generationenkonflikt oder Rebellion geht. In dem Gewohnten, dem Dorf wie auch dem Wald, findet dann jenes andere Element seinen Platz, dessen Ursprung – ähnlich wie dem Mann im Hasenkostüm in Kellys Film – in der Fantasie sein könnte oder eben real. Entsprechend schwankt der Ton in Richbergs Film zwischen Realismus und Romantik, von Heimatfilm zu Horrorfilm. Beide Ebenen verbinden sich erzählerisch, doch in erster Linie durch die Bilder von Kameramann Elias Köhler, sodass das Böse immer präsent bleibt, immer ganz dicht unter der gewohnten Oberfläche.

Ein besonderes Lob muss man den Darstellern, insbesondere Oskar Bökelmann, aussprechen. Anstatt dem inneren Drama seiner Figur durch große Gesten Ausdruck zu verleihen, ist das reduzierte Spiel des Darstellers wesentlich wirkungsvoller und macht den jungen Mann an vielen Stellen zu einem Geheimnis für den Zuschauer, auch wenn diese Spannung leider gegen Ende aufgegeben wird.

Credits

OT: „Arboretum“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Julian Richberg
Drehbuch: Julian Richberg
Musik: Christoph Stahlhauer
Kamera: Elias Köhler
Besetzung: Oskar Bökelmann, Niklas Doddo, Volker Figge, Elena Halangk, Anna Jung, Tobias Krebs, Simon Mantei, Lukas Schäfer

Bilder

Trailer

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Arboretum
fazit
„Arboretum“ erzählt von Perspektivlosigkeit, von stummer Wut und von den dunklen Trieben eines Menschen. Darstellerisch wie auch formal ist Julian Richbergs Film sehr beachtlich und zeugt von dem Talent, etwas Bekanntes unheimlich-verklärt wirken zu lassen.
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