Drei Winter
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Drei Winter

„Drei Winter“ // Deutschland-Start: 15. Dezember 2022 (Kino) // 16. Juni 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Marco (Simon Wisler) lebt schon seit einer Weile in den Bergen. Anpacken kann er, das beweist der Fremde Tag für Tag bei der Arbeit. Es gelingt ihm jedoch nicht so wirklich, sich innerhalb der eingeschworenen Dorfgemeinschaft zu etablieren, die ihn noch immer misstrauisch beäugt – auch weil er offensichtlich darauf selbst keinen besonders großen Wert legt. Dennoch kommt er mit der Zeit der Einheimischen Anna (Michèle Brand) näher. Beide entwickeln sie Gefühle füreinander, trotz der offensichtlichen Unterschiede. Sie heiraten, ziehen zusammen, leben glücklich mit Annas Tochter aus der ersten Ehe. Eine Weile zumindest. Doch mit der Zeit verändert sich Marco, merkt immer wieder, dass da etwas nicht mit ihm stimmt. Bis er eine niederschmetternde Diagnose erhält …

Die Geschichte einer tragischen Ehe

Es gehört zu den Grundstöcken der Liebeskomödie: Zwei Menschen, die möglichst unterschiedlich sind, überwinden alle Hindernisse und werden am Ende ein Paar. Da wird gestritten und geschubst, gezweifelt und gelacht – und am Ende ganz erleichtert in die Arme gefallen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Drei Winter hätte prinzipiell auch in diese Richtung gehen können, wenn wir hier zwei Leuten begegnen, die eigentlich gar nicht zusammenpassen. Das sagt zumindest das Dorf. Und was das Dorf sagt, das ist Gesetz. Ist Ausdruck von Traditionen, die sich so lange schon bewahrheitet haben und weitervererbt werden, dass niemand mehr sagen kann, woher das überhaupt kommt. Will auch niemand wissen.

Regisseur und Drehbuchautor Michael Koch erzählt zum Teil zumindest, wie die beiden Liebenden sich innerhalb einer strengen Dorfhierarchie bewegen und versuchen müssen, sich innerhalb dieser eine eigene kleine Welt aufzubauen. Doch Drei Winter ist mehr als nur eine Romanze nach dem Motto „wir gegen den Rest der Welt“. Vielmehr handelt das Drama auch davon, sich selbst in einer Beziehung wiederzufinden, gerade dann wenn es nicht gut läuft. Das trifft besonders im weiteren Verlauf zu, wenn der wahre Zustand von Marco bekannt wird und die Geschichte eine deutlich tragische Richtung einschlägt. „In guten wie in schlechten Zeiten“, heißt es oft in Ehegelöbnissen. Wie schlecht eine Zeit sein kann, führt die deutsch-schweizerische Coproduktion vor.

Wortlos und vielsagend

Dabei ist sie keiner dieser Filme, die Leid möglichst ausschlachten und das Publikum manipulieren wollen. Stattdessen zieht Koch eine zurückhaltende Erzählweise vor. Von einigen wenigen prägnanten Stellen abgesehen ist Drei Winter ein sehr ruhiges Drama. Und das auch wortwörtlich: Da sind schon immer wieder längere Passagen, in denen kein Wort fällt. Dabei demonstriert der Schweizer Regisseur bei seinem zweiten Langfilm, dass er diese auch gar nicht braucht. Er sitzt vielmehr auf eine Mischung aus intensiven Darstellungen und eindrucksvollen Aufnahmen. Gerade die Bilder der Natur lassen einen selbst sprachlos zurück in ihrer Mischung aus Idylle und Härte. Sie stehen dann auch stellvertretend für das menschliche Miteinander, das zwischen zärtlich und brutal wechseln kann. Zwischen fürsorglich und unbarmherzig, vor allem wenn es um das Einhalten der Regeln geht. Was nicht funktioniert, das muss weg.

Auffällig ist in dem Zusammenhang auch das nahezu quadratische Filmformat, das den Bildern selbst bei den weitläufigen Naturpanoramen etwas Beengtes gibt. Über weite Strecken setzt Koch dabei auf eine dokumentarische Anmutung, arbeitet auch mit einem Laienensemble zusammen, welches die Authentizität erhöht. Lediglich an einigen Stellen geht das Drama, welches im Wettbewerb der Berlinale 2022 lief, in eine unerwartet kuriose Richtung, die einen etwas aus dem Geschehen reißt. Vielleicht hatte der Filmemacher die Befürchtung, dass das Publikum angesichts der besagten Ruhe und auch eines sehr gemächlichen Tempos das Interesse verlieren könnte. So oder so braucht es Geduld, um bei dem über zwei Stunden langen Film bis zum Ende dranzubleiben. Wer diese mitbringt, für den ist Drei Winter aber ein sehenswerter Geheimtipp, der viel über die Menschen und die Natur sowie die Verbindung aus beidem zu sagen hat – ohne viel sagen zu müssen.

Credits

OT: „Drii Winter“
Land: Deutschland, Schweiz
Jahr: 2022
Regie: Michael Koch
Drehbuch: Michael Koch
Musik: Tobias Koch, Jannik Giger
Kamera: Armin Dierolf
Besetzung: Michèle Brand, Simon Wisler, Elin Zgraggen, Daniela Barmettler, Josef Aschwanden

Bilder

Trailer

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Drei Winter
fazit
„Drei Winter“ begleitet einen Außenseiter in einem Bergdorf, der eine Beziehung mit einer Einheimischen beginnt. Das ist ruhig erzählt und mit beeindruckenden Bildern versehen, welche gleichzeitig idyllisch und rau sind. Wer die Geduld mitbringt und sich nicht an den vereinzelt kuriosen Einfällen stört, für den ist das Drama ein echter Geheimtipp.
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